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FESTIVAL/207: Fumetto 2011 - Werkschau Yves Netzhammer (Fumetto)


Fumetto - Internationales Comix-Festival Luzern, Medienmappe 2011

Yves Netzhammer (Schaffhausen)

Ausstellung im Kunstmuseum Luzern


Yves Netzhammer, geboren 1970 in Schaffhausen, forscht mit Bildern. Er nutzt die Zeichnung um seine digitalen Bilder, Animationsfilme oder Objekte zu schaffen. Ein zentrales Thema ist die Dualität, die Gegensätzlichkeit von Natur und Kultur, Subjekt und Objekt, Verstand und Handeln, Wahrnehmen und Empfinden. Netzhammer thematisiert in seinen Arbeiten die Funktionsweise der menschlichen Wahrnehmung und den Prozess des Denkens an sich. Es interessieren ihn die Berührungspunkte und die einhergehende Konzeption des Neuen, die durch das in Beziehung setzen von Bildern und Räumen ausgelöst wird.

Netzhammer kommuniziert mit seinen Arbeiten, er erzählt aber keine Geschichten im herkömmlichen Sinne. Es gibt keine Plots in seinen Animationsfilmen. Das narrative Element konzipiert sich nicht über die Handlung, sondern durch das Wachrufen von Assoziationsketten durch Bilder. Netzhammer glaubt, dass eine Benennung durch Sprache oder Text im deskriptiven Sinn ungenügend wäre, um zu erklären - sowohl auf der Interpretationsebene als auch im Ausdrücken von Bedeutungen. Deshalb konzentriert er sich auf das Bild als Kommunikationsmedium. Wie ein Philosoph untersucht er dabei existentielle Themen und Ängste des Menschen, Moralvorstellungen oder die Fähigkeiten und Grenzen der Wahrnehmung. Indem er dem Betrachter diese Untersuchungen, oder Vermutungen - wie er sie nennt - in Bildern und Animationsfilmen zur Disposition stellt, befragt er auf der Metaebene auch immer die Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen und dessen Konzeption. Wir sind es nicht gewohnt uns in Bildern auszudrücken und zu denken, sobald wir auf einer reflexiven Ebene im Sinne von Forschungen und Untersuchungen nachdenken. Netzhammer fordert dies aber ein. Die Betrachter werden gezwungen, sein Werk zu ergründen, die Emotionen, die durch die Wahrnehmung der Werke hervorgerufen werden, zuzuordnen, die eigenen Bilder für diese Emotionen zu suchen, in uns selbst zu suchen und uns selbst zu befragen.

Netzhammer macht dies in komplexer Art und Weise, sehr spannend und fordernd zugleich. Er arbeitet mit Assoziationsketten, mit absurden Verknüpfungen und Sinnverschiebungen. Als Zeichner hat er die Macht mit seinen Arbeiten zu machen, was er will. Vordergründig bedient er sich konkreter Motive. Doch Netzhammer greift in diese Bilder, denen Bedeutungen zugeordnet sind, ein und setzt sie zusätzlich in Beziehung zu anderen Motiven, die wir kaum selbst assoziieren würden. Damit verändert er deren Codes und stiftet neuen Sinn. Er verknüpft Bilder und ihre Konnotationen zu einem neuen Text, einem Text in Bildern ausgedrückt.

Netzhammer ist eine Art Transzendentalphilosoph. In seinen Werken kommt das auch im Stil zum Ausdruck. Seine Bildsprache ist auf den Kern der Dinge reduziert. Er lenkt den Blick durch seinen Stil unweigerlich auf die Bedeutung der Dinge und zielt darauf, dass die Erscheinung der Bilder sich im Bewusstsein des Betrachters formen und erst dort ihre Wirklichkeit konzipieren. Dafür ist es essentiell, dass die Zeichnungen, Animationsfilme und auch die Installationen nicht die Natur nachahmen, sondern im Gegenteil dazu aufzeigen, dass der Mensch die Welt ausschliesslich durch das Zusammenspiel von Wahrnehmung und Erkenntnis konzipiert. Für Fumetto erarbeitet Netzhammer eine raumspezifische Werkgruppe. Ausserdem produziert Fumetto eine iPad-Application, die das Gesamtwerk von Netzhammer interaktiv erfahrbar macht und gleichzeitig wie ein Werkverzeichnis funktioniert.


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Biografie

Yves Netzhammer, 1970 in Schaffhausen geboren, absolvierte erst eine Lehre als Hochbauzeichner, bevor er Visuelle Gestaltung an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich studierte. Heute lebt und arbeitet er in Zürich. Zu seinem Repertoire gehören auch Videoinstallationen, Objekte und Schwarz-Weiss-Strichzeichnungen.


Bibliografie (Auswahl)

Was sich erzählen lässt wird verbessert werden
(Verlag Ricco Bilger, 1997)

Wenn man etwas gegen seine Eigenschaften benützt, muss man dafür einen anderen Namen finden (Museum zu Allerheiligen, 1999)

Die überraschende Verschiebung der Sollbruchstelle eines in optimalen Verhältnissen aufgewachsenen Astes (Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2003)

Das Gefühl präziser Haltlosigkeit beim Festhalten der Dinge (mit Beate Ermacora und Sabine M. Schmidt, Kerber Verlag, 2003)

Yves Netzhammer - Werkkatalog
(Hatje Cantz, 2008)

Das Reservat der Nachteile
(Kunstmuseum Bern, 2011)


Event am Festival

Künstlergespräch mit Max Wechsler am Sa. 16. April, 14.00 Uhr, Kunstmuseum Luzern

iPad erhältlich
Mit Vermittlungs-App zum Künstler und der Ausstellung


Link

Website des Künstlers: www.netzhammer.com


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Quelle:
Medienmappe 2011
Herausgeber:
Fumetto - Internationales Comix-Festival Luzern
Rössligasse 12, Postfach 5163, CH-6000 Luzern 5
Telefon: +41 41 412 11 22
Telefax: +41 41 412 11 23
Internet: http://www.fumetto.ch
E-Mail: comix@fumetto.ch


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2011