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CAMPUS/001: Offener Brief - versprochen, gebrochen ... 1 (AStA HfbK, GEW Hamburg, Kanzlei 49)


Gemeinsame Pressemitteilung des AStA der HfbK, Studierender und ehemaliger Studierender der HfbK, der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft Hamburg, sowie den Rechtsanwälten Martin Klingner und Mark Nerlinger - bezüglich des zahlreich unterstützen Antrages auf kollektive Niederschlagung aller Studiengebührennachforderungen

OFFENER BRIEF

2. April 2014



Sehr geehrte Dr. Dorothee Stapelfeld,
sehr geehrter Wissenschaftsausschuss,
sehr geehrte Medienvertreter_innen,

An der Hochschule für bildende Künste (HfbK), der Hafen City Universität (HCU) und der Hochschule für Musik und Theater (HfMT) wird laufend gegen Studierende zwangsvollstreckt [1], weil sie die Studiengebühren nicht bezahlt haben. Neben den Boykotteur_innen auch gegen diejenigen, die direkt bei den Hochschulen Stundungen nach Landeshaushaltsordnung (LHO) beantragt haben. Zudem werden sowohl die Stundungen nach LHO als auch bei der Wohnungsbaukreditanstalt (WK) verzinst.

Auch nachgelagerte Studiengebühren - insbesondere verzinste - sind sozial ungerecht und mitnichten sozialverträglich! Sie verschärfen die ohnehin ungleichen Bedingungen von Menschen mit verschiedenen sozialen Hintergründen bei der Aufnahme eines Studiums - und später eines Arbeitsverhältnisses - wie folgende Erzählung einer ehemaligen Filmstudentin verdeutlicht:

"Meine Bank hat mir mitgeteilt, dass ich einen Schufa-Eintrag habe, da mein Konto gepfändet wurde. Ich bekomme als freie Filmemacherin zu meinen geringen Einnahmen aufstockend Hartz 4 und versuche als Berufsanfängerin auf die Beine zu kommen. Das war ein herber Rückschlag. Und ist einfach nur unverschämt. Ich hatte die Studiengebühren nach Landeshaushaltsordnung (LHO) gestundet und hatte vor der Vollstreckung keine einzige Mahnung erhalten."

Das Pfändungen dieser Art kein Einzelfall sind, sehr unstrukturiert und ohne vorherige Prüfung der Einzelfälle veranlasst werden, zeigt auch die folgende Aussage einer ehemaligen Kunststudentin:

"Sie haben mein Konto gepfändet und nach einem Monat wurde die Haspa dazu veranlasst das Geld zu überweisen. Das haben die mir allerdings nicht erzählt. Da ich zu der Zeit Harz 4 bekommen habe, lag mein Fall der HfbK nochmals vor und sollte bearbeitet werden. Wegen Krankheit eines Sachbearbeiters ist das aber nicht geschehen. In der Zwischenzeit überwies die Haspa das Geld. Und ich bekam trotz meiner Situation hinterher einen Brief von der HfbK dass sie das Geld nicht zurückfordern könne."

Selbst rechtliche Schritte setzten die Forderungen durch die HfbK- anders als etwa an der Universität Hamburg [2] - nicht aus. So bekam eine weitere ehemalige Filmstudentin eine Androhung zur Vollstreckung, obwohl sie bereits vor 3 ½ Jahren einen Widerspruch gegen die Studiengebühren eingelegt hatte, der noch nicht abgelehnt worden war.

"Der Widerspruch habe keine aufschiebende Wirkung hieß es von der Kasse Hamburg auf Nachfrage. Die HfbK hat meinen Widerspruch nach einem Brief, dass ich die Vollstreckung als unverhältnismäßig erachte, abgelehnt und ich nun bereits zum zweiten mal über einen Rechtsanwalt der Gewerkschaft Ver.di Klage eingereicht. Diese ist allerdings einer vorherigen Klage für ein anderes Semester anhängig, über die noch nicht entschieden wurde. Vorsorglich hab ich deshalb einen Antrag auf zinslose Stundung nach LHO gestellt, der mir nicht gewährt wurde. Mir wurde von der HfbK mitgeteilt, dass ich nach LHO nur verzinst stunden lassen kann."

Von den "nachgelagerten Studiengebühren" besonders hart betroffen sind zudem ausländische Studierende, denen Stundungen gänzlich verwehrt wurden, wie die Aussage eines Studierenden belegt, der in Folge seiner Geldnot sogar Besuch von Gerichtsvollzieher_innen bekam:

"Ich wollte letztes Jahr stunden aber da gab es Probleme, weil ich nicht aus Deutschland komme. Die waren schon zwei mal bei mir zu hause und haben Sachen angeguckt. Ich habe dann bezahlt und hatte in der Folge kein Geld zum Leben."

Leider haben Sie - Frau Stapelfeldt - unserem Antrag auf kollektive Niederschlagung der Studiengebührennachforderungen bis heute nicht entsprochen. Daher schicken wir Ihnen und dem Wissenschaftsausschuss nochmals den Antrag auf kollektive Niederschlagung aller Nachforderungen aus Studiengebühren zu, der u.a. vom AStA der TU Harburg, der HCU, der HfMT, der HAW und dem Stupa der HAW, dem fzs e.V., der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, der Grünen Jugend, sowie von zahlreichen Einzelpersonen, unterstützt wird.

Die Partei DIE LINKE unterstützt die Studierenden mit einem Antrag auf Meditation und Aussetzung der Vollstreckungen, dessen Debatte in der Bürgerschaftssitzung am 10.4.2014 [3] um 14.00h beantragt werden soll.

Wir erwarten, dass sich der SPD-Senat nun endlich einer sozialen Politik für alle Menschen in dieser Stadt zuwendet und fordern, dass alle Studiengebührennachforderungen gemäß § 4 Absatz 2 der Studiengebührenverordnung, in der es heißt, dass die Forderung früher niedergeschlagen werden kann, "wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen (...)"[4] niedergeschlagen werden!

Mit freundlichen Grüßen,

AStA HfbK, Studierende und ehemalige Studierende der HfbK und anderer Hochschulen, die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hamburg, Rechtsanwälte Martin Klingner und Mark Nerlinger (Kanzlei 49)


AStA HfbK
asta@hfbk.de
www.hfbk.de

GEW Hamburg
dehnerdt@gew-hamburg.de
www.gew-hamburg.de

Kanzlei 49
Info@kanzlei49.de
www.kanzlei49.de


Fussnoten

[1] Im Juli 2013 waren gemäß einer kleinen Anfrage der Partei DIE LINKE 674 Studierende der Hochschule für bildende Künste (HfbK), 205 Studierende der Hafen City Universität (HCU), 145 Studierende der Universität Hamburg und 10 Studierende der Hochschule für Musik und Theater (HfMT) von Nachforderungen aus Studiengebühren betroffen. Allein für das SS 2013 beliefen sich die Nachforderungen der Hochschulen auf rund 400.000EUR. Nur an der HfbK waren für 2012 und 2013 500.000EUR offen.
http://www.hfbk.de/blog/wp-content/uploads/2014/03/D7C0FEED4F254D11BF0107A0.pdf

[2] http://www.uni-hamburg.de/campuscenter/studienorganisation/beitraege-gebuehren/studiengebuehren.html

[3] http://www.hfbk.de/blog/wp-content/uploads/2012/10/12D0AC27533588A0BF0107A0.pdf

[4] "Wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen, kann sie (die WK) die Forderung gemäß § 59 Absatz 1 Nummer 2 der Landeshaushaltsordnung früher niederschlagen."
Quelle: http://www.haw-hamburg.de/fileadmin/user_upload/SZ/pdf/Studiengebuehren/Studiengebuehrenverordnung.pdf
https://www.hamburg.de/contentblob/1925368/data/vv-%C2%A7-59-lho.pdf

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Quelle:
AStA HfbK
Allgemeiner Studierendenausschuss der Hochschule für bildende Künste Hamburg
Lerchenfeld 2, Raum 41, 22081 Hamburg
E-Mail: asta@hfbk.de
Internet: www.hfbk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2014