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BUCHBESPRECHUNG/123: Partituren - Magazin für Klassische Musik 14 (SB)


Friedrich Berlin Verlag


Partituren

Das Magazin für Klassische Musik - Ausgabe Nr. 14 Januar/Februar

Musik der Nacht


Partituren bietet dem an klassischer Musik Interessierten mit jeder Ausgabe ein ansprechendes Thema. Neben dem Komponisten Schubert und der "Generation Bach" wurden in den vorangegangenen Ausgaben beispielsweise die "Serenissima" Venedig mit ihrer berühmten alten Musiktradition vorgestellt wie auch die "Musikstadt Paris". Nach so abwechslungsreichen Themen wie "Wunderkinder", "Alle Welt singt", "Das Konzert", "Symphonie" und "Dirigent" dreht sich in dieser jüngsten Ausgabe nun alles um die "Musik der Nacht".

Hier zeigt sich die Nacht von vielen Seiten. Für den einen ist ihre Dunkelheit und Stille furchterregend, der andere verbringt in ihr romantische Stunden; sie kann dem Rückzug dienen, Geheimnisse bereithalten oder auch so manchen inspirieren.

Partituren spiegelt die unterschiedlichsten Aspekte der Nacht - immer bezogen auf die Musik - in dieser Ausgabe wider und bietet dem Leser dabei einige Überraschungen. So wird beispielsweise die Geschichte des uns allen bekannten Wiegenliedes "Guten Abend, gute Nacht" erzählt, das Johannes Brahms 1868 Freunden als Geschenk anläßlich der Geburt ihres Sohnes übersandte.

In dem mit "Keine stille Nacht" betitelten Interview äußert sich der Dirigent Enoch zu Guttenberg ausführlich über Johann Sebastian Bachs "Weihnachtsoratorium". Der Leser erfährt etwas über das Anliegen des Dirigenten, der, anders als manche seiner Kollegen, nicht einfach nur schöne Musik an sein Publikum herantragen möchte. Für ihn ist es das wesentliche, mit seiner Arbeit Inhalte zu vermitteln. "Die schöne Weihnachtsgeschichte endet am Kreuz. Wenn man sich das vor Augen führt, wird man so sehr von der Weihnachtsseligkeit weggeführt - das muss man auch so dirigieren." Er sagt, in der Musik fände er die Antworten auf die vielen Fragen, die er an die Welt habe und die sie nicht beantworten könne. "In der Verzweiflung eines Beethoven oder eines Verdi kann man einen Bruder finden. In Haydn eine Güte und Wärme erfahren, wie man sie vielleicht von seinen Großeltern gekannt hat."

Erneut begegnet der Leser dem großen Johann Sebastian Bach in 'Schlaflos in Sachsen'. Dieser Artikel befaßt sich sowohl mit der Legende um die berühmten Goldberg-Variationen - eine Aria ist auch auf der beigefügten Partituren-CD zu hören - als auch kurz mit ihrer Form. Allerdings hat der Komponist hier nicht nur "regelmäßig eingestreute Kanon-Variationen, wechselnde Takt- und Tanzarten zwischen Ländler und Siciliano, zwischen Springtanz und Quodlibet und die technischen Rafinessen des zweimanualigen und bis zu vierstimmigen Spiels" eingearbeitet, wie der Autor Hans-Jürgen Schaal beschreibt, sondern er treibt vielmehr - wie etliche Musiker damals - sein Spiel mit Zahlen. Von den dreißig Goldberg-Variationen ist jede dritte ein Kanon. Die dreißigste Variation birgt zwei muntere Gassenhauer, Volksweisen, die einstmals jeder kannte. Am Ende bestehen die Goldberg-Variationen aus 32 kleinen Musikstücken und - ob dies nun stimmt oder nicht - man vermutet, daß sich hier die 32 Buchstaben des "Hermann (7), Carl (4), Freiherr (8) von (3) Keyserling" (10) verstecken, dem das Werk gewidmet sein soll.

Wie immer ist die Zeitschrift ausgesprochen attraktiv gestaltet. Einen Blickfang bilden beispielsweise die beiden Scherenschnitte von Lotte Reiniger, die insgesamt 140 Scherenschnitte zu verschiedenen Mozart- Opern geschaffen hat und in Verbindung mit Mozarts Zauberflöte Erwähnung findet. Die abgebildeten Scherenschnitte stellen die Königin der Nacht mit Pamina und Tamino sowie Papageno und Papagena dar. Die "Königin der Nacht" mit ihrer berühmten, einzigartigen Koloraturarie ist schließlich eine der imposantesten Figuren am Opernhimmel und darf bei "Musik in der Nacht" natürlich nicht fehlen.

Partituren bleibt sich auch diesmal treu in seinem Anspruch, Historisches und Aktuelles zu vermitteln. So gibt es neben dem Interview mit Enoch zu Guttenberg auch eines mit der Sängerin Diana Damrau, die seit 2002 regelmäßig an den bedeutenden Opernhäusern der Welt gastiert. Mit ihrem Koloratursopran gilt sie als die derzeit beste "Königin der Nacht", die als einzige Sängerin bisher, in ein und derselben Produktion, alternierend die Königin der Nacht und die Pamina gesungen hat.

In der Rubrik 'Klangfarbe' wird diesmal das Horn behandelt, und in einem Rückblick veröffentlicht Partituren zum Neuen Jahr eine Umfrage mit dem Thema "Welche Musiker haben Sie in diesem Jahr am meisten beeindruckt?" - 52 führende deutschsprachige Musikkritiker antworten.

Unter 'Blind gehört' - diese Rubrik wurde Ende des letzten Jahres eingeführt -, bemüht sich Vadim Repin, der 1971 geborene russische Violinist, die Interpreten der vorgespielten Werke zu erraten. Vadim Repin, der betont "wie poblematisch er es findet, über Kollegen zu urteilen" ist mit seinen Aussagen dann auch entsprechend vorsichtig und überlegt. Anders als beim letzten 'Blind gehört', wo die auf der mitgelieferten Partituren-CD eingespielten Stücke besprochen wurden, stehen die in dieser Rubrik behandelten Werke dem Leser nicht unbedingt zur Verfügung. Gerade aber die Möglichkeit die Äußerungen zu den Kompositionen auch im Nachvollzug verfolgen zu können, hatten diese Rubrik für den Leser besonders spannend gemacht.

Auch für den Kenner lohnt es sich dieses Mal wieder, einen Blick in die Ausgabe "Musik der Nacht" zu werfen, gibt es doch in jedem Heft neue Aspekte zur klassischen Musik. "Partituren" erscheint sechsmal im Jahr, jeweils mit einer CD und kostet neun Euro.

3. Januar 2008


Partituren 14, Januar/Februar 2008
Magazin für Klassische Musik
Friedrich Berlin Verlag
Redakt.: Arnt Cobbers
9,- Euro
ISSN-Nr. 1860-7659, Best.-Nr. 60014