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REZENSION/387: Alexander Dill - Die Erfolgsfalle (Ratgeber) (SB)


Alexander Dill


Die Erfolgsfalle

Erfahrungen mit Businessplänen, Erfolgsgurus und einem guten Leben



In einer Gesellschaft, in der bereits auf Kleinkinder frühpädagogisch eingewirkt wird, damit sie sich bessere Berufsaussichten erwirtschaften als der Krabbelgruppenkonkurrent im Sandkasten neben ihnen, wundert es nicht, daß in der Welt der Erwachsenen ein regelrechtes Ratgeber-Genre für erfolgreiche Karriereplanung gediehen ist. Kaum ein noch so unbedeutender Einzelaspekt des Berufslebens, zu dem nicht gleich mehrere Dutzend selbsternannte Experten ihre gesammelte Weisheit zum besten geben. Selbstverständlich erklärt jeder von ihnen, daß alle anderen Ratgeber untauglich sind. So war es dann nur noch eine Frage der Zeit, daß sich Autoren zu Wort melden, die pauschal sämtlichen Erfolgsrezepten eine Absage erteilen. Zu diesen gehört Alexander Dill, dreifach gescheiterter Hochhinaus und Verfasser des Buchs "Die Erfolgsfalle".

Bereits in seinem Vorwort stellt Dill klar, worum es in seinem Buch geht: "Zu lernen, was Erfolg ist und warum er nicht herstellbar ist" (S. 10). Man könne Erfolg "haben", aber nicht "machen", lautet das Credo des Autors. Nun hätte dies durchaus ein interessanter Ansatz sein können, um unter Aufrechterhaltung der Verneinung die vielen berühmten Erfolgsgeschichten - man denke nur an den Garagenbastlermythos um den reichsten Mann der Welt, Microsoft-Gründer Bill Gates - zu entzaubern und die ordnungsstabilisierende Funktion dieser Karrierehelden herauszuarbeiten, aber Dill hält an seinem Standpunkt, sofern man ihm diesen überhaupt zugestehen will, nicht fest. Statt dessen widerspricht er der eigenen Kernthese auf 192 Seiten gleich dutzendfach.

So erwähnt Dill das Beispiel des österreichischen Bergbauern Sepp Holzer, der entgegen der Lehrmeinung in großen, unwirtlichen Höhen unter nährstoffarmen Bedingungen Früchte angebaut hat. Holzer widmet der Autor sogar ganze elf Seiten (S. 161 - 171), was zeigt, wie wichtig ihm dessen Erfolgsgeschichte ist. Denn darum handelt es sich. Holzer wäre ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man Erfolg machen kann und er einem eben nicht zufällt. Dill, der seinen philosophischen Hintergrund nicht unerwähnt läßt, erkennt offenbar nicht, daß er mit seiner Negation der Erfolgsrezepte eben diese aufrechterhält und er sich in der Folge auf dem gleichen Markt tummelt. Dill liefert sogar unverhohlen und seiner Grundannahme diametral widersprechend eine Lösung für Holzers Erfolgsrezept: "Alles, was es dazu braucht: Konsequenz." (S. 11)

Man muß also konsequent sein. Dem noch nicht genug, sucht Dill, der sich einst mit einer Philosphischen Praxis versucht hatte, sein Heil in der chinesischen Philosophie. Die läßt sich bekanntlich nur deshalb so glatt mit abendländischen Vorstellungen verbinden, weil jene, die sie aus China mitgebracht hatten, immer nur das verstanden, was sie ohnehin schon zu wissen glaubten. Der 1959 in München geborene Alexander Dill wiederum entstammt einer Generation, die bereits mit den verwässerten westlichen Surrogaten dieses Philosophieimports großgeworden ist.

Das wird an dem Beispiel der Adaption des chinesischen Prinzips "Wuwei" deutlich, das gewöhnlich mit "Tun durch Nicht-Tun" übersetzt wird (S. 172: "Auf den Spuren der chinesischen Erfolgsphilosophie"). Wie oft hat man schon darüber gelesen! Und alle Autoren wissen selbstverständlich zutiefst Bescheid, was mit "Nicht-Tun" gemeint ist. Bei Alexander Dill wird daraus der Allgemeinplatz, daß durch "abschalten und loslassen" so etwas wie "ein Wunder in letzter Minute" entstehen könne (S. 175) - was übrigens auch wieder eines jener Erfolgsrezepte ist, die Dill eigentlich auf die Hörner zu nehmen angetreten war.

Drei Unterkapitel tragen Titel wie "Wie ich dann doch nicht Minister wurde", "Wie ich die Holzenergie nicht durchsetzte" und "Wie ich nicht Leiter des deutschen Auslandsmarketings wurde". Seitenlang gefällt sich der Autor darin, über seinen eigenen Lebensweg zu schwadronieren, wobei der Leser den Eindruck gewinnt, als könne sich da ein eitler Pfau nur schlecht verhehlen. Dill kokettiert auch mit seinem eigenen Scheitern, das er in aller Bescheidenheit mit dem Alexanders des Großen, dem Untergang des Römischen Reichs und dem Versagen Adolf Hitlers zu illustrieren bemüht (S. 147ff).

Das Buch "Die Erfolgsfalle" wurde vom Goldmann Verlag als Taschenbuch in der Reihe Arkana aufgelegt. Dort steht es dann neben Büchern, die Titel tragen wie "Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest", "Hühnersuppe für die Seele" und "Buddhismus kurz und bündig". Da paßt es gut hinein. Das Buch dümpelt irgendwo zwischen Bauchnabelschau, Reader's Digest und jenen philosophischen Plattitüden, die gewöhnlich auf den Rückseiten von Apothekenkalendern anzutreffen sind.

Abgesehen von kurzen Abrissen über einige "Propheten des Erfolgs" (S. 81) - vorgestellt werden Napoleon Hill, Dale Carnegie, Joseph Murphy, Stuart Wilde und Warren Buffett -, hat es der Leser mit einem Sammelsurium beliebig wirkender Alltagsweisheiten zu tun, die vor allem eines über den Autor verraten: Er ruft geradezu nach Orientierung, Seite für Seite. Nicht, daß er Fragen stellte. Im Gegenteil. Er liefert Antworten zuhauf und kennt sich in allen möglichen Lebenslagen anscheinend vorzüglich aus. Ein Erfolgsmensch eben, der trotz einiger Mißerfolge irgendwie immer wieder auf die Füße kam und sich nun mit "Die Erfolgsfalle" an eine im Leben erfolglose Klientel wendet - denn wer Erfolg hat, wird wohl kaum Anlaß haben, ein solches Buch in die Hand zu nehmen.

Bleibt zum Schluß zu konstatieren, daß Dill zumindest in einer Hinsicht der eigenen These treu geblieben ist: Erfolg kann man nicht machen ... jedenfalls nicht auf diese Weise. Zudem besteht der dringende Verdacht, daß der Autor, wenn er Minister, erfolgreicher Investor oder Deutschlands führender PR-Manager geworden wäre, ein Buch mit einem Titel wie "Das Erfolgsrezept des Alexander Dill" geschrieben hätte.

5. Juni 2007


Alexander Dill
Die Erfolgsfalle
Erfahrungen mit Businessplänen, Erfolgsgurus und einem guten Leben
Goldmann Verlag, München 2006
ISBN-13: 978-3-442-33746-0