Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1043: Erfolge - April/Mai 2012


amnesty journal 04/05/2012 - Das Magazin für die Menschenrechte

Erfolge

- Kongo - Historisches Urteil
- EGMR - Das Mittelmeer ist keine menschenrechtsfreie Zone
- Mongolei und Ghana - Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe
- Kolumbien - FARC beendet Lösegeld-Entführungen
- Sudan - Student aus Haft entlassen
- Guatemala - Verfahren gegen Ríos Montt eröffnet
- Burundi - Aktivist freigelassen



Historisches Urteil

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Thomas Lubanga Dyilo schuldig gesprochen, in der Demokratischen Republik Kongo von 2002‍ ‍bis 2003 Kindersoldaten rekrutiert und in bewaffneten Konflikten eingesetzt zu haben. Es ist der erste Schuldspruch, den der Gerichtshof seit seiner Einrichtung 2002 gefällt hat. Die Verkündung des Strafmaßes steht noch aus. "Das Urteil ist ein Meilenstein in der internationalen Rechtsprechung", sagte Leonie von Braun, Expertin für internationales Strafrecht bei Amnesty. "Es bringt Genugtuung für die Opfer, insbesondere für die ehemaligen Kindersoldaten, die in dem Prozess als Nebenkläger aufgetreten sind." Lubanga war Mitgründer und Präsident der "Union kongolesischer Patrioten" (UPC) sowie Kommandeur der "Patriotischen Kräfte zur Befreiung des Kongo" (FPLC). Hunderte von Kindersoldaten wurden unter seiner Führung auf dem Gebiet der DR Kongo eingesetzt. Bei dem Konflikt, der von 1998 bis 2003 dauerte, kamen schätzungsweise drei Millionen Menschen ums Leben. Noch immer werden im Nordosten und Osten der DR Kongo Kindersoldaten von kongolesischen und ausländischen Gruppen rekrutiert. "Wir hoffen, dass durch dieses Urteil eine Dynamik entsteht, die den Einsatz von Kindersoldaten weltweit ächtet und zur Festnahme und Verurteilung weiterer Kriegsherren führt", sagte Leonie von Braun. "Das gilt auch für Joseph Kony, gegen den bereits ein Haftbefehl des Strafgerichtshofs vorliegt."


Das Mittelmeer ist keine menschenrechtsfreie Zone

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat den Flüchtlingsschutz entscheidend gestärkt. Die Richter gaben im Februar einer Klage von 24 Flüchtlingen aus Eritrea und Somalia statt, die mit rund 200 anderen Bootsflüchtlingen im Mai 2009 von Libyen aus nach Italien aufgebrochen waren. Auf hoher See wurden sie von der italienischen Küstenwache aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht. Die Richter waren der Meinung, dass Italien damit die Menschenrechte der Flüchtlinge verletzt habe. In der Begründung des Urteils hieß es, dass niemand der Folter oder einer unmenschlichen Strafe ausgesetzt werden dürfe.

In Libyen sind vor allem Flüchtlinge aus Ländern südlich der Sahara weiterhin in Gefahr, willkürlich inhaftiert, gefoltert oder misshandelt zu werden. Ihnen droht oftmals die Abschiebung in ihre Herkunftsländer wie Somalia und Eritrea. Zudem wurde den Flüchtlingen die Möglichkeit genommen, Rechtsmittel bei den italienischen Behörden gegen ihre Abschiebung einzulegen. "Damit verstößt das italienische Vorgehen gegen die Europäische Menschenrechtskonvention", sagte Franziska Vilmar, Asylrechtsexpertin bei Amnesty. Mit dem Urteil hat der Gerichtshof unterstrichen, dass Regierungen auch in internationalen Gewässern verpflichtet sind, Menschenrechtsstandards einzuhalten und Flüchtlingen nicht ihr Recht auf Asyl aberkennen dürfen. "Amnesty fordert die EU-Mitgliedsstaaten nach diesem Urteil auf, Schutzbedürftigen endlich sicheren Zugang nach Europa und Recht auf Asyl zu gewähren", so Franziska Vilmar.


EINSATZ MIT ERFOLG

Weltweit beteiligen sich Tausende Menschen mit Appellschreiben an den "Urgent Actions", den "Briefen gegen das Vergessen" und an Unterschriftenaktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.


Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe

MONGOLEI UND GHANA - Die Mongolei hat einen entscheidenden Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe unternommen. Das mongolische Parlament verabschiedete am 5. Januar 2012 ein Gesetz, das die Abschaffung der Todesstrafe vorsieht. Das neue Gesetz wurde mit großer Mehrheit angenommen und muss jetzt umgesetzt werden. Amnesty hat seit mehreren Jahren gezielt auf die Abschaffung der Todesstrafe in der Mongolei hingearbeitet. Bereits im Januar 2010 hatte der mongolische Präsident ein Moratorium für Hinrichtungen beschlossen.

Auch Ghana könnte im Rahmen einer Verfassungsrevision die Todesstrafe abschaffen. Ende Dezember 2011 hat die zuständige Kommission empfohlen, die Abschaffung der Todesstrafe in der neuen Verfassung festzuschreiben.


FARC beendet Lösegeld-Entführungen

KOLUMBIEN - Die Guerillabewegung "Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia" (FARC) hat in einer Mitteilung angekündigt, in Zukunft ihre Entführungen gegen Lösegeld einzustellen. Zudem sollen zehn Angehörige der staatlichen Sicherheitskräfte, die sich in der Gewalt der FARC befinden, freigelassen werden. Die Ankündigung der FARC sei eine "willkommene und längst überfällige Nachricht", sagte Marcelo Pollack, Kolumbien-Experte bei Amnesty. "Wir fordern jedoch, dass die Gruppierung zukünftig alle Aspekte des humanitären Völkerrechts respektiert." Amnesty hat die FARC aufgerufen, jede Form von Entführungen und andere Menschenrechtsverletzungen wie rechtswidrige Tötungen, die Rekrutierung von Kindern sowie den Einsatz von Landminen sofort zu beenden. Von Januar bis Oktober 2011 wurden offiziellen Angaben zufolge 49 Sicherheitskräfte sowie 20 Zivilisten durch Landminen, die von der FARC eingesetzt wurden, getötet.


Student aus Haft entlassen

SUDAN - Nach fast zwei Monaten Haft ist der Student Taj Alsir Jaafar am 23. Februar 2012 ohne Anklageerhebung freigelassen worden. Auslöser für seine Festnahme war vermutlich seine Teilnahme an Protesten. Der 25-Jährige war am 30. Dezember 2011 von Sicherheitskräften festgenommen worden, als er sich mit dem Bus auf dem Weg von der Universität nach Hause befand. Seine Mutter wurde während seiner Haft mehrmals von Personen bedroht, die vermutlich mit den Sicherheitskräften in Verbindung standen. Taj Alsir Jaafar ist studentischer Koordinator der Oppositionspartei "The Movement of New Democratic Forces". Bereits 2009 und 2011 kam er wegen seiner Aktivitäten ins Gefängnis. Während seiner jüngsten Inhaftierung wurde weder Anklage gegen ihn erhoben noch hatte er Zugang zu einem Rechtsbeistand.


Verfahren gegen Ríos Montt eröffnet

GUATEMALA - Der ehemalige guatemaltekische Präsident José Efraín Ríos Montt muss sich wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht verantworten. Untersucht werden mehrere Massaker, die 1982 und 1983 an der indigenen Bevölkerung verübt wurden. "Für die Opfer der Menschenrechtsverletzungen und deren Angehörige ist dieses Verfahren ein Wendepunkt, auf den sie drei Jahrzehnte lang warten mussten", sagte Sebastian Elgueta, Experte für die Region Zentralamerika bei Amnesty. "Der Mann, der mutmaßlich für einige der schlimmsten Gräueltaten verantwortlich ist, wird endlich zur Rechenschaft gezogen." Ríos Montt war im Jahr 1982 für neun Monate an der Macht. Eine von der UNO unterstützte Wahrheitskommission kam 1999‍ ‍zu dem Schluss, dass während des 36-jährigen Konflikts in Guatemala rund 200.000 Menschen getötet wurden, bzw. verschwanden.


Aktivist freigelassen

BURUNDI - Nach zwei Wochen in Haft wurde der burundische Aktivist Faustin Ndikumana am 21. Februar 2012 entlassen. Ndikumana ist Vorsitzender der Organisation PARCEM, die sich gegen Korruption engagiert und die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren will. Vor seiner Festnahme hatte Faustin Ndikumana den Vorwurf erhoben, einige Richter im Land seien in ihre Ämter berufen worden, nachdem sie Mitarbeitern des Justizministeriums Schmiergelder bezahlt hätten. Am 7.‍ ‍Februar wurde Faustin Ndikumana festgenommen und anschließend wegen "falscher Behauptungen" angeklagt. Er kam gegen Zahlung der maximalen Geldstrafe von 600 Euro frei und erhielt die Auflagen, sich einmal pro Woche bei einem Gericht zu melden und die Stadt nicht zu verlassen. Einem UNO-Bericht zufolge, der im Mai 2011 veröffentlicht wurde, ist die fehlende Unabhängigkeit der Mitarbeiter des Justizwesens eine entscheidende Schwäche der burundischen Gerichtsbarkeit.

*

Quelle:
amnesty journal, April/Mai 2012, S. 7+9
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
Postfach 58 01 61, 10411 Berlin, E-Mail: ai-journal@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de
 
Das amnesty journal erscheint monatlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Nichtmitglieder können das amnesty journal für
30‍ ‍Euro pro Jahr abonnieren.
Ein Einzelheft kostet 4,80 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2012