Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1153: Urgent Action - Iran, Inhaftiertem Schriftsteller droht Folter


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-249/2012, AI-Index: MDE 13/059/2012, Datum: 23. August 2012 - gs

Iran
Inhaftiertem Schriftsteller droht Folter



Herr ARZHANG DAVOODI

Der seit Oktober 2003 in Haft befindliche iranische Schriftsteller Arzhang Davoodi wurde am 27. Juni 2012 in Trakt 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses verlegt. Amnesty International befürchtet, dass er dort gefoltert oder anderweitig misshandelt worden ist. Für den 28. August ist gegen Arzhang Davoodi eine Anhörung vor Gericht anberaumt worden. Aufgrund seines friedlichen politischen Engagements steht er unter der Anklage "Feindschaft zu Gott" (moharebeh).

Arzhang Davoodi leistet seit seiner Festnahme die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe in verschiedenen Gefängnissen des Landes ab, unter anderem in der rund 1500 Kilometer von seiner Heimatstadt entfernt gelegenen Haftanstalt von Bandar Abbas in der südiranischen Provinz Hormozgan, im Gefängnis Reja'i Shahr in Karaj und im Teheraner Evin-Gefängnis. Dort ist Arzhang Davoodi derzeit in Trakt 209 untergebracht, der aller Wahrscheinlichkeit nach der Kontrolle des Geheimdienstministeriums untersteht. Gefangene aus Trakt 209 berichten immer wieder von Folter und anderweitiger Misshandlung. Arzhang Davoodi hat von Beginn an lange Zeiten in Einzelhaft verbringen müssen. Seit seiner Verlegung in Trakt 209 des Evin-Gefänfnisses hat er keinerlei Kontakt zu seiner Familie. Für den 28. August ist gegen Arzhang Davoodi unter der Anklage der "Feindschaft zu Gott" eine Anhörung vor der 15. Kammer des Revolutionsgerichts in Teheran anberaumt worden. Sollte das Gericht den Schriftsteller schuldig sprechen, könnte er zum Tode verurteilt werden.

Der inzwischen 60 Jahre alte Arzhang Davoodi war im Oktober 2003 festgenommen worden, weil er sich in dem Dokumentarfilm Forbidden Iran zu Menschenrechtsverletzungen in seinem Heimatland geäußert hatte. 2005 musste er sich vor der 26. Kammer des Revolutionsgerichts wegen "Propaganda gegen das System" sowie "Gründung und Leitung einer regierungsfeindlichen Organisation" verantworten, weil er in Teheran dem kulturellen Bildungszentrum Parto-e Hekmat als Direktor vorgestanden hatte. Weitere Anklagepunkte betrafen seine Mitwirkung bei dem Dokumentarfilm und seine schriftlichen Ausführungen zu einem säkularen Regierungssystem in Iran. Die gegen Arzhang Davoodi verhängte Prügelstrafe ist nicht vollstreckt worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Wie Amnesty International erfahren hat, ist Nazanin Davoodi, Ehefrau von Arzhang Davoodi, von den iranischen Behörden eingeschüchtert und schikaniert worden, weil sie sich seit der Inhaftierung ihres Mannes für ihn einsetzt. Sie hat unter anderem in Interviews mit ausländischen JournalistInnen auf sein Schicksal aufmerksam gemacht. 2011 strahlte dann das staatliche iranische Fernsehen ein "Geständnis" von Nazanin Davoodi im Zusammenhang mit ihrem öffentlichen Einsatz für ihren Ehemann aus. Seitdem hat sie kaum noch Kontakt zu ihrem Ehemann unterhalten können, da die Behörden sie unablässig schikanieren.

Die Fernsehdokumentation Forbiden Iran ist im Geheimen gefilmt worden. Im Dezember 2003 wurde sie in einer Reihe nordeuropäischer Staaten und im Januar 2004 im nordamerikanischen Raum ausgestrahlt. Arzhang Davoodi hatte bei der Herstellung des Dokumentarfilms mitgewirkt und war darin wie andere auch in einem Interview zu Wort gekommen. In dem Interview hatte er über politische Gefangene und den Tod in Haft des kanadisch-iranischen Fotojournalisten Zahre Kazemin gesprochen (nähere Informationen dazu finden Sie auf Englisch unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/070/2005/en)

Die Verteidigung von Arzhang Davoodi hatte der Rechtsanwalt Mohammad Ali Dadkhah übernommen, Mitbegründer des Zentrums für MenschenrechtsverteidigerInnen (Centre for Human Rights Defenders - CHRD). Im Juli 2011 wurde er selbst wegen ihm unterstellter Aktivitäten mit dem Ziel eines "sanften Umsturzes" der Regierung und wegen "Verbreitung von Propaganda gegen das System" zu neun Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Außerdem wurde er für zehn Jahre vom Lehrberuf ausgeschlossen und verlor für gleichfalls zehn Jahre seine Anwaltszulassung. Am 28. April 2012 erhielt Mohammad Ali Dadkhah die Mitteilung, dass die Berufungsinstanz die gegen ihn verhängte Strafe aufrecht erhalten hat. Derzeit befindet sich der Anwalt dennoch auf freiem Fuß, muss allerdings jederzeit damit rechnen, seine Gefängnisstrafe antreten zu müssen. Nach Amnesty International vorliegenden Informationen hat man ihn gezwungen, alle anhängigen Mandate anderen RechtsanwältInnen zu übergeben, darunter auch den Fall von Arzhgang Davoodi (nähere Informationen dazu finden Sie auf Englisch unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE13/039/2012/en).


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE LUFTPOSTBRIEFE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Veranlassen Sie bitte die umgehende und bedingungslose Freilassung des gewaltlosen politischen Gefangenen Arzhang Davoodi, der allein deshalb in Haft gehalten wird, weil er mit seinen Schriften und seinem politischen Engagement seine Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit wahrgenommen hat.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Arzhang Davoodi vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird sowie Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung erhält.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Arzhang Davoodi unverzüglich zu seinem Rechtsbeistand und seiner Familie Kontakt aufnehmen darf.

APPELLE AN

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street - End of Shahid
Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: "#Iran Leader @khamenei_ir must free Arzhang Davoodi"

LEITER DER JUSTIZ
Ayatollah Sadegh Larijani
(care of) Public Relations Office
Number 4, 2 Azizi Street intersection
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info@dadiran.ir


KOPIEN AN

LEITER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSBEHÖRDE
Mohammed Javad Larijani
High Council for Human Rights
[c/o] Office of the Head of the Judiciary
Pasteur St., Vali Asr Ave, south of Serah-e Jomhouri
Tehran, IRAN
(korrekte Anrede: Dear Mr Larijani / Sehr geehrter Herr Larijani)
E-Mail: info@humanrights-iran.ir
(Betreff: FAO Mohammad Javad Larijani)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de oder info@iranbotschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. Oktober 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the Iranian authorities to release Arzhang Davoodi immediately and unconditionally, as he is a prisoner of conscience, held solely for the peaceful exercise of his rights to freedom of expression and association in his writings and political activism.
  • Urging them to protect Arzhang Davoodi from torture or other ill-treatment and to provide him with all necessary medical care.
  • Calling for Arzhang Davoodi to be allowed immediate access to his family and lawyer.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-249/2012, AI-Index: MDE 13/059/2012, Datum: 23. August 2012 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Postfach - 53108 Bonn
Heerstr. 178, 53111 Bonn
Telefon:+ 49 228 98373-0, Fax: +49 228 630036
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. August 2012