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AKTION/1258: Urgent Action - Russische Föderation, Drohende Verschleppung und Auslieferung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-214/2011-1, AI-Index: EUR 46/042/2012, Datum: 1. November 2012 - ar

Russische Föderation
Drohende Verschleppung und Auslieferung

Weitere Informationen zu UA-214/2011 (EUR 46/029/2011, 13. Juli 2011)



ISMON AZIMOV, tadschikischer Staatsbürger
ABDULVOSI LATIPOV, tadschikischer Staatsbürger

Dem tadschikischen Staatsbürger Ismon Azimov, der bald aus russischem Gewahrsam entlassen werden soll, droht die Verschleppung und die Auslieferung an Tadschikistan. Es wird davon ausgegangen, dass ein weiterer Tadschike, Abdulvosi Latipov, kurz nach seiner Haftentlassung entführt und an sein Herkunftsland ausgeliefert worden ist. Beiden Männern drohen in Tadschikistan Folter, ein unfaires Gerichtsverfahren und weitere Menschenrechtsverletzungen.

Der Asylsuchende Ismon Azimov befindet sich derzeit in Russland in Haft und soll am 2. November entlassen werden. Es wird befürchtet, dass er nach seiner Entlassung von tadschikischen Sicherheitskräften entführt und nach Tadschikistan zurückgeführt werden könnte. Dort liefe er Gefahr, gefoltert und anderweitig misshandelt zu werden. Abdulvosi Latipov, ein weiterer Asylsuchender, soll nach seiner Entlassung aus einer Hafteinrichtung im russischen Wolgograd im Oktober verschleppt worden sein. Man geht davon aus, dass er an Tadschikistan ausgeliefert wurde. In beiden Fällen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gemäß der Regelung 39 Übergangsmaßnahmen erlassen, nach denen die Russische Föderation die beiden Männer solange nicht abschieben darf, bis der EGMR sich eingehend mit den Fällen befasst hat.

Die Sorge um die Sicherheit der beiden Männer gründet sich auf ein zunehmend erkennbares Muster des "Verschwindens" von tadschikischen Asylsuchenden in Russland. Viele der Opfer werden Berichten zufolge von tadschikischen Sicherheitskräften entführt und tauchen kurz darauf in Tadschikistan wieder auf. Viele von ihnen haben berichtet, dass sie nach ihrer Rückführung in Haft misshandelt worden seien.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Amnesty International hat sich in jüngster Vergangenheit bereits mehrmals besorgt über die zahlreichen Fälle geäußert, in denen tadschikische Asylsuchende in Russland verschleppt und an Tadschikistan ausgeliefert worden sein sollen.

Der Tadschike Savriddin Juraev war am 20. Mai 2011 aus russischer Haft entlassen und Berichten zufolge am 31. Oktober desselben Jahres entführt worden. Am 1. November flog er offenbar ohne Reisepass und nur mit einer vorläufigen Asylbescheinigung von einem Moskauer Flughafen nach Tadschikistan. Am 19. April 2012 wurde er zu 26 Jahren Haft verurteilt, beteuert jedoch bis heute seine Unschuld. Zudem gibt er an, in Gewahrsam gefoltert und anderweitig misshandelt worden zu sein.

Nizomkhon Juraev, ein weiterer tadschikischer Staatsbürger, "verschwand" unmittelbar nach seiner Entlassung aus vorübergehendem russischem Gewahrsam am 29. März 2012. Wenige Tage später tauchte er im tadschikischen Duschanbe wieder auf, obwohl sein Fall vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte noch anhängig war. Anna Stavitskaya, die russische Anwältin, die seinen Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht hatte, bezweifelt, dass Nizomhon Juraev freiwillig nach Tadschikistan zurückgekehrt ist, weil er sich zuvor aus Angst vor Folter und anderen Misshandlungen immer gegen eine Rückführung gewehrt hatte. Zudem erklärte Anna Stavitskaya, sie habe immer noch seinen Reisepass. Ohne diesen Pass und ohne ausreichende finanzielle Mittel wäre es für Nizomkhon Juraev extrem schwierig, wenn nicht unmöglich gewesen, nach Tadschikistan zurückzureisen.

Die Russische Föderation ist den Mindestanforderungen aus der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und anderen verbindlichen internationalen Standards verpflichtet und muss die Rechte von Asylsuchenden und irregulären MigrantInnen entsprechend nach Treu und Glauben schützen. Insbesondere das in Artikel 3 der EMRK festgeschriebene Verbot der Folter und Misshandlung verlangt, dass niemand in ein Land oder Staatsgebiet ausgeliefert wird, wenn berechtigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der betreffenden Person dort Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung drohen würden. Artikel 13 garantiert das Recht auf wirksame Beschwerde bei einer innerstaatlichen Instanz, wenn eine Person in ihren in der Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, unverzüglich eine unparteiische und wirksame Untersuchung des "Verschwindens" von Abdulvosi Latipov im Oktober 2012 einzuleiten.
  • Ich möchte meine Sorge um die Sicherheit von Ismon Azimov zum Ausdruck bringen, da er Gefahr läuft, auf russischem Gebiet von tadschikischen Sicherheitskräften entführt zu werden. Garantieren Sie deshalb bitte seine Sicherheit, wenn er wie vorgesehen am 2. November aus der Haft entlassen wird.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Asylsuchende, denen bei einer Auslieferung an Tadschikistan Folter und andere Misshandlungen drohen würden, nicht dorthin zurückgeführt werden.
  • Ich möchte Sie höflich daran erinnern, dass Sie gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen Personen nicht in Länder ausliefern oder abschieben dürfen, in denen ihnen Folter und/oder andere Misshandlungen drohen.

APPELLE AN

GENERALSTAATSANWALT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Yurii Ya. Chaika
Bolshaia Dmitrovka 15 A, Moscow 125993
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 7) 495 987 58 41

LEITER DES AUSSENMINISTERIUMS
M. A. Peshkov - Director
Ministry of Foreign Affairs of the Russian Federation
Third department on CIS countries
Ul. Smolenskaya-Sennaia pl, 32/34, 119200 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Director / Sehr geehrter Herr Peshkov)
Fax: (00 7) 499 241 21 75
E-Mail: 3dsng@mid.ru


KOPIEN AN

PRÄSIDENT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Vladimir V. Putin
Ul. Ilyinka, 23
103132 Moscow
RUSSISCHE FÖDERATION
Fax: (00 7) 495 910 2134

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 13. Dezember 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Russian authorities to promptly, impartially and effectively investigate the disappearance of Abdulvosi Latipov in October 2012.
  • Expressing concern for the safety of Ismon Azimov, who risks being targeted by Tajikistani security services on Russian territory, and urging the Russian authorities to ensure his safety following his projected release on 2 November.
  • Calling on the Russian authorities to ensure that no asylum-seekers who face risk of torture and other ill-treatment in Tajikistan are forcibly returned.
  • Reminding the Russian authorities of their obligation under international human rights law not to deport or extradite any person to a country where they are at risk of torture and/or other ill-treatment.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-214/2011-1, AI-Index: EUR 46/042/2012, Datum: 1. November 2012 - ar
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2012