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AKTION/1265: Erfolge - Oktober/November 2012


amnesty journal 10/11/2012 - Das Magazin für die Menschenrechte

Erfolge

- Ecuador - Wegweisendes Urteil für Indigenenrechte
- Deutschland - Recht auf Würde
- Afghanistan - Journalist wieder in Freiheit
- Aserbaidschan - Erfolgreiche Kampagne
- Bahrain - Aktivistinnen entlassen
- Iran - Begnadigung nach Ramadan
- Sudan - Ruhestörung statt Terrorismus



Wegweisendes Urteil für Indigenenrechte

ECUADOR - Ende Juli hat der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die indigene Gemeinde der Sarayaku konsultiert werden muss, bevor auf ihrem Land Erdöl gefördert werden kann. Amnesty International begrüßte das Urteil als beispielhaft auch für andere Landkonflikte in Lateinamerika.

Vor zehn Jahren waren Mitarbeiter eines argentinischen Unternehmens auf das Land der Sarayaku im ecuadorianischen Amazonasgebiet vorgedrungen. Die Regierung hatte dem Unternehmen Konzessionsrechte eingeräumt, ohne die Sarayaku vorher zu fragen. Nach massiven Protesten der indigenen Gemeinde verließ das Unternehmen das Land. Die Sarayaku führten einen jahrelangen Rechtsstreit gegen die Regierung Ecuadors, da sie ihre Rechte verletzt sahen.

Dies bestätigte nun der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte mit seinem Urteil - demnach hat der ecuadorianische Staat das Recht der Indigenen auf vorherige Konsultation, auf Gemeindeeigentum und kulturelle Identität verletzt. Auch habe er das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Sarayaku gefährdet, da das Unternehmen 1,4 Tonnen Sprengstoff auf ihrem Gebiet hinterlassen habe. Ecuador wurde zur Leistung einer Entschädigungszahlung und der Durchführung verschiedener Maßnahmen verurteilt, unter anderem zur Beseitigung des Sprengstoffs.

Die Sarayaku haben damit einen wichtigen Sieg nicht nur für indigene Gemeinden in Ecuador, sondern in ganz Lateinamerika errungen. "Dieses Urteil ist ein Meilenstein für die Verwirklichung der Rechte indigener Gruppen und muss nun umgehend von der Regierung Ecuadors umgesetzt werden", sagte Maja Liebing, Amnesty-Lateinamerikaexpertin in Deutschland. Auch andere Regierungen der Region müssten nach diesem Urteil ihre Verpflichtung gegenüber den Indigenen anerkennen.


Recht auf Würde

DEUTSCHLAND - Asylbewerber in Deutschland haben ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Das haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe mit ihrem Urteil vom 18.Juli 2012. bekräftigt. Sie erklärten Teile des geltenden Asylbewerberleistungsgesetzes für verfassungswidrig. Das Urteil ist ein Erfolg für zahlreiche Organisationen, die schon jahrelang eine Anpassung der Leistungen und ein Ende der Diskriminierung von Asylbewerbern fordern. "Seit langem war offensichtlich, dass die bisher gewährten Leistungen für ein menschenwürdiges Leben nicht ausreichen", sagte die Rechtsexpertin der deutschen Sektion von Amnesty, Verena Haan. Zudem sind sie diskriminierend, denn während Sozialhilfeempfänger mindestens 374 Euro pro Monat erhalten, liegt die finanzielle Unterstützung für Asylbewerber bislang bei 225 Euro und damit weit unter dem gesetzlichen Existenzminimum. "Die Bundesregierung muss jetzt zügig handeln und dafür sorgen, dass die Betroffenen Leistungen erhalten, die ihnen ein menschenwürdiges Leben sichern", so Haan.


EINSATZ MIT ERFOLG

Weltweit beteiligen sich Tausende Menschen mit Appellschreiben an den "Urgent Actions", den "Briefen gegen das Vergessen" und an Unterschriftenaktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.


Journalist wieder in Freiheit

AFGHANISTAN - Der afghanische Fernsehjournalist Nasto Naderi ist am 8. Mai gegen Kaution aus der Haft entlassen worden. Nasto Naderi ist in Kabul für den Fernsehsender Noorin TV tätig und wurde am 21. April unter dem Vorwurf der "Diffamierung" festgenommen, weil in seiner Sendung ein kritischer Beitrag über den Bürgermeister von Kabul ausgestrahlt worden war. Ihm wurde darüber hinaus vorgeworfen, Alkohol getrunken zu haben. Das afghanische Mediengesetz und das Strafgesetzbuch stellen "Diffamierung" unter Strafe. Sie kann eine Gefängnis- oder Geldstrafe nach sich ziehen. Amnesty geht davon aus, dass der Journalist lediglich sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen hat und mit der Strafverfolgung seine kritische Haltung unterbunden werden soll. Das Trinken von Alkohol ist in Afghanistan verboten und kann mit einer kurzzeitigen Haft- oder einer Geldstrafe geahndet werden.


Erfolgreiche Kampagne

ASERBAIDSCHAN - Im Vorfeld des Eurovision Song Contest in Baku Ende Mai hatte Amnesty mit einer weltweiten Facebook- und Twitterkampagne die Freilassung von 13 gewaltlosen politischen Gefangenen gefordert, die aufgrund ihrer Teilnahme an friedlichen Demonstrationen und ihrer Kritik an der Regierung festgenommen worden waren. Neun von ihnen wurden Ende Juni freigelassen, unter ihnen Tural Abbasli, der Leiter der Jugendorganisation der oppositionellen Musavat-Partei. Doch befinden sich in Aserbaidschan noch immer Menschen allein deshalb im Gefängnis, weil sie ihre Meinung offen vertreten haben.


Aktivistinnen entlassen

BAHRAIN - Die beiden bahrainischen Aktivistinnen Zainab Al-Khawaja und Ma'suma Sayyid Sharaf sind am 29. Mai aus der Haft entlassen worden. Seit Zainab Al-Khawaja im Dezember 2011 gegen die Inhaftierung ihres Vaters protestierte, wird sie straf rechtlich verfolgt. Ma'suma Sayyid Sharaf war am 27. April nach der Teilnahme an Protesten vor dem Innenministerium festgenommen worden. Sie wird der "illegalen Versammlung" und eines vermeintlichen Übergriffs auf drei Polizistinnen im April 2012 beschuldigt. Gegen beide Frauen waren zum Zeitpunkt der Freilassung Anklagen anhängig.


Begnadigung nach Ramadan

IRAN - Zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan hat Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei am 20. August etwa 130 Gefangene begnadigt. Viele der Gefangenen waren im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert. Unter den Freigelassenen befinden sich auch drei gewaltlose politische Gefangene, für die sich Amnesty eingesetzt hat. Auch Häftlinge in anderen Gefängnissen sollen freigelassen worden sein oder Strafmilderungen erhalten haben. "Wir begrüßen die Freilassung von Nazanin Khosravani, Ali Malihi und Ghasem Sholeh Sa'adi sowie von allen anderen gewaltlosen politischen Gefangenen", sagte Ann Harrison, stellvertretende Leiterin des Nahost- und Nordafrika-Programms von Amnesty. "Doch sitzen weiterhin viele Menschen im Iran in Haft und verbüßen teilweise lange Freiheitsstrafen unter menschenunwürdigen Bedingungen, nur weil sie friedlich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben, oder aufgrund ihrer Religion oder Überzeugung. Diese Gefangenen müssen ebenfalls freigelassen werden." Sechs der Begnadigten wurden unmittelbar vor ihrer Freilassung noch ausgepeitscht.


Ruhestörung statt Terrorismus

SUDAN - Der sudanesische Aktivist Rudwan Dawod ist wieder frei. Er war Mitte August durch Angehörige des Geheimdienstes NSS festgenommen worden und über 72 Stunden lang an einem unbekannten Ort ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten worden. Die Festnahme von Rudwan Dawod erfolgte beim Verlassen des Gerichts, nachdem er von einer Anklage wegen Terrorismus freigesprochen und stattdessen zu einer Geldstrafe wegen "versuchter Störung des öffentlichen Friedens" verurteilt worden war. Dabei handelt es sich um eine minderschwere Straftat, die im Laufe der vergangenen Monate einigen Protestierenden im Sudan zur Last gelegt wurde.

Dawod ist Mitbegründer der bekannten Jugendorganisation Girifna ("Wir haben es satt"). Am 3. Juli war Rudwan Dawod während einer friedlichen Protestaktion in der sudanesischen Hauptstadt Khartum festgenommen und sechs Wochen lang inhaftiert worden. Man beschuldigte ihn des Terrorismus nach Artikel 65 des sudanesischen Strafgesetzbuchs - ein Straftatbestand, der mit der Todesstrafe geahndet werden kann.

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Quelle:
amnesty journal, Oktober/November 2012, S. 7+9
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2012