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AKTION/1273: Urgent Action - Russische Föderation, Usbeke "verschwunden"


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-330/2012, AI-Index: EUR 46/045/2012, Datum: 9. November 2012 - jw/we

Russische Föderation
Usbeke "verschwunden"



Herr AZAMATZHON ERMAKOV

Azamatzhon Ermakov ist nach seiner Freilassung aus der Haft am 2. November in Nizhnii Novgorod in Russland "verschwunden". Es gibt Grund zu der Annahme, dass er entführt und gewaltsam nach Usbekistan zurückgebracht worden ist. Dort drohen ihm Folter, ein unfaires Gerichtsverfahren und andere Menschenrechtsverletzungen. Der aus Usbekistan stammende Azamatzhon Ermakov flüchtete im März 2009 in die Russische Föderation. Im November 2009 wurde er nach einem Auslieferungsantrag der usbekischen Behörden in Nizhnii Novgorod inhaftiert. In Usbekistan wird Azamatzhon Ermakov die angebliche Beteiligung an extremistischen religiösen Gruppen, Anstiftung zu religiös motiviertem Hass und versuchter Umsturz der verfassungsrechtlichen Ordnung vorgeworfen. Seine Auslieferung war vom Büro des Generalstaatsanwalts in Russland genehmigt worden, wogegen Azamatzhon Ermakov erfolglos Rechtsmittel eingelegte. Im Dezember 2009 beantragte Azamatzhon Ermakov bei der Einwanderungsbehörde der Region Nizhnii Novgorod Asyl. Sein Antrag wurde jedoch abgelehnt. Am 22. September 2010 erließ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vorläufige Maßnahmen, mit denen Russland zu einer Aussetzung der Abschiebungsanordnung gegen Azamatzhon Ermakov aufgefordert wurde, bis der Gerichtshof über seinen Fall entscheiden konnte. Er wurde am 13. Mai 2011 nach 18 Monaten in Haft freigelassen. Am 1. Juli 2011 nahm man ihn jedoch wieder fest. Azamatzhon Ermakov wurde am 7. September 2012 wegen illegalen Besitzes von Waffen und Munition zu einem Jahr und vier Monaten Haft verurteilt. Er behauptet noch immer, dass die Polizei Beweise gegen ihn konstruiert hat. Die Anhörung zu einem gegen seine Verurteilung eingelegten Rechtsmittel soll am 23. November stattfinden.

Am 2. November wollte der Rechtsbeistand von Azamatzhon Ermakov seinen Mandanten in der Haftanstalt in Nizhnii Novgorod besuchen, durfte ihn jedoch nicht sehen. Bei einem weiteren Versuch am 5. November sagte man ihm, dass Azamatzhon Ermakov am 2. November freigelassen worden sei. Der Verbleib von Azamatzhon Ermakov ist unbekannt.

Sollte Azamatzhon Ermakov unter Zwang nach Usbekistan zurückgeführt worden sein, befindet er sich in großer Gefahr Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu werden. Ihm könnten Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, Folter und andere Misshandlungen sowie ein unfaires Verfahren und die anschließende Inhaftierung unter grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen drohen. Folter ist durch das Völkerrecht grundsätzlich verboten. Da die russischen Behörden Azamatzhon Ermakov nicht vor einer möglichen Rückführung nach Usbekistan geschützt haben, haben sie gegen dieses Folterverbot verstoßen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit der Unabhängigkeit Usbekistans von der Sowjetunion im Jahre 1991 beobachtet Amnesty International aufmerksam die Menschenrechtslage des Landes. Die Organisation sorgt sich insbesondere darüber, dass die usbekischen Behörden im Namen der nationalen Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung aktiv die Auslieferung angeblicher Mitglieder islamischer Bewegungen oder radikalislamischer Parteien aus Nachbarländern zu erreichen versucht. Die Recherchen von Amnesty International haben ergeben, dass die meisten dieser an Usbekistan ausgelieferten Personen ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden, wodurch eine erhöhte Gefahr der Folter und anderweitiger Misshandlung besteht.

Amnesty International ist in großer Sorge, dass Tausende gläubiger Muslime, die in Usbekistan wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer verbotenen radikalislamischen Organisation verurteilt wurden, unter Bedingungen festgehalten werden, die grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleichkommen.

Amnesty International hat eine Serie von jüngsten Vorfällen dokumentiert, bei denen die russischen Behörden mutmaßlich mit zentralasiatischen Geheimdiensten zusammengearbeitet haben, um die Entführung und Entfernung von Personen durchzuführen, deren Auslieferung durch den Erlass einstweiliger Anordnungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gestoppt worden war.

Im Juni 2012 erließ der Oberste Gerichtshof der Russischen Föderation eine Verordnung über die Auslieferung an andere Regierungen. Diese unterstreicht die Verpflichtungen Russlands gemäß internationalen Menschenrechtsabkommen, unter anderem das Verbot der Folter, und wies die Gerichte an, Auslieferungsgesuchen nicht nachzukommen, wenn die begründete Sorge besteht, dass die ausgelieferte Person gefoltert, auf andere Weise grausam, unmenschlich oder erniedrigend behandelt oder zu Tode verurteilt werden könnte.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, eine sofortige, unabhängige und zielführende Untersuchung des "Verschwindens" von Azamatzhon Ermakov einzuleiten und seinen Aufenthaltsort bekanntzugeben.
  • Ich bitte Sie eindringlich, die nach internationalem Recht geltenden Verpflichtungen der Russischen Föderation zu achten und zu erfüllen. Insbesondere fordere ich Sie auf, dem Erlass Nr. 11 des Obersten Gerichtshofs Folge zu leisten und keine Person an ein Land auszuliefern, in dem sie möglicherweise schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wäre.

APPELLE AN

VORSITZENDER DES UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSSES
Aleksandr I. Bastrykin
Investigation Committee of the Russian Federation
Tekhnicheski pereulok, 2
Moscow 105005
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Mr Chairman / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
Fax: (00 7) 499 265 9077

JUSTIZMINISTER
Aleksandr Vladimirovich Konovalov
Ministry of Justice of the Russian Federation
ul. Zhitnaya, dom 14; GSP-1
119991 Moscow,
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (007) 495 955 57 79 und (007) 495 677 06 78)


KOPIEN AN

GENERALSTAATSANWALT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
Yurii Yakovlevich Chaika
Bolshaia Dmitrovka 15 A
125993 Moscow,
RUSSISCHE FÖDERATION
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 7) 495 987 58 41

BOTSCHAFT DER RUSSISCHEN FÖDERATION
S. E. Herrn Vladimir M. Grinin
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030 2299 397
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Dezember 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Russian authorities to promptly, impartially and effectively investigate the disappearance of Azamatzhon Ermakov and establish his whereabouts.
  • Calling on the Russian authorities to comply with their obligation under international human rights law not to deport or extradite any person to a country where they are at risk of torture and/or other ill-treatment.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-330/2012, AI-Index: EUR 46/045/2012, Datum: 9. November 2012 - jw/we
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2012