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AKTION/1308: Urgent Action - VR China, Drohende Hinrichtung wegen Drogendelikts


ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-356/2012, AI-Index: ASA 17/055/2012, Datum: 12. Dezember 2012 - bs

VR China
Drohende Hinrichtung wegen Drogendelikts



Herr LI XIN

Li Xin ist in unmittelbarer Gefahr, in der chinesischen Provinz Yunnan wegen Drogenhandels hingerichtet zu werden. Derzeit liegt sein Fall dem Obersten Volksgerichtshof zur Überprüfung vor. Bestätigt das Gericht sein Todesurteil, könnte Li Xin hingerichtet werden.

Li Xin wurde im April 2011 festgenommen und beschuldigt, 1925 Gramm Methamphetamine ( Crystal Meth) transportiert und verkauft zu haben. Das Mittlere Volksgericht der autonomen Präfektur Dehong Daizu Jingpozu in der Provinz Yunnan befand ihn am 6. Dezember 2011 für schuldig und verurteilte ihn zum Tode. Vier weitere Angeklagte wurden anderer Drogendelikte für schuldig befunden und zu Strafen zwischen fünf Jahren Haft und Todesurteilen, die für zwei Jahre ausgesetzt sind, verurteilt. Am 14. Mai 2012 bestätigte das Hohe Volksgericht der Provinz Yunnan das Todesurteil. Das Urteil liegt derzeit dem Obersten Volksgerichtshof zur Überprüfung vor. Der Oberste Volksgerichtshof überprüft alle in China verhängten Todesurteile und hat die Befugnis, diese zu bestätigen oder ein Wiederaufnahmeverfahren anzuordnen. Li Xin wird gegenwärtig in der Hafteinrichtung der Stadt Ruili in der autonomen Präfektur Dehong Daizu Jingpozu in Haft gehalten. Laut Angaben seiner Familie durfte diese Li Xin erst nach dem Berufungsverfahren im Mai 2012 besuchen.

Li Xin war bereits 1995 wegen eines Gefängnisausbruchs zu drei Jahren Haft und wegen Drogenhandels und -transports zum Tode verurteilt worden, wobei die Vollstreckung des Todesurteils für zwei Jahre ausgesetzt wurde. Das Hohe Volksgericht der Provinz Yunnan ließ 1996 die Anklage wegen Ausbruchs fallen, bestätigte aber das Todesurteil mit zweijähriger Aussetzung der Vollstreckung. Das Todesurteil wurde später in eine Haftstrafe umgewandelt und Li Xin kam 2011 nach 15 Jahren Haft frei - die Mindeststrafe, die das chinesische Recht vorsieht, wenn Todesurteile in Haftstrafen umgewandelt werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit Januar 2007 überprüft der Oberste Volksgerichtshof wieder alle Todesurteile. Dies war im Jahr 1982 abgeschafft worden. Nun müssen alle Todesurteile erneut durch den Obersten Volksgerichtshof, der das Urteil bestätigen oder ein Wiederaufnahmeverfahren anordnen kann, überprüft werden. TodesstrafenkandidatInnen erhalten keinen fairen Prozess in China. Zwischen dem Gesetz, der Praxis und den internationalen Verpflichtungen, die die chinesische Regierung zur Wahrung internationaler Standards für faire Gerichtsverfahren eingegangen ist, besteht ein großes Gefälle. Anstatt die Schuld der Angeklagten zu beweisen, müssen diese in den meisten Fällen ihre Unschuld beweisen und haben nur beschränkten Zugang zu einem Rechtsbeistand. Die Polizei erpresst oftmals Geständnisse durch Folter oder Misshandlungen.

Das Prüfverfahren des Obersten Volksgerichtshofs ist nicht transparent, und zum Tode verurteilte Häftlinge haben keine Möglichkeit auf ein Begnadigungsverfahren, wenn sie bereits alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben. Artikel 6, Absatz 4 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), den die VR China zwar gezeichnet, aber nicht ratifiziert hat, gewährt jeder zum Tode verurteilten Person das Recht, die Begnadigung bzw. Umwandlung des Todesurteils zu beantragen. Auf mindestens 55 Straftaten steht in China die Todesstrafe. Obwohl die Regierung 2011 die Zahl der Delikte, die mit der Todesstrafe geahndet werden können, um 13 reduziert hat, kann sie nach wie vor auch bei nicht-gewalttätigen Straftaten wie Korruption oder Drogendelikte verhängt werden. Nach Artikel 6, Absatz 2 des IPBPR "darf ein Todesurteil nur für schwerste Verbrechen verhängt werden". Der UN-Menschenrechtsausschuss hat wiederholt die Auffassung vertreten, dass Drogendelikte nicht in die Kategorie der "schwersten Verbrechen" fallen. Auch andere UN-Gremien vertreten diese Einschätzung.

Die chinesischen Behörden geben an, dass die Anzahl der Hinrichtungen seit der Wiedereinführung der Überprüfung von Todesurteilen durch den Obersten Volksgerichtshof gesunken sei, legen allerdings nach wie vor keine Statistiken hierzu vor, da diese als Staatsgeheimnis gelten. RechtswissenschaftlerInnen und JustizbeamtInnen schätzen den Rückgang der Hinrichtungen seit 2007 auf etwa 10 bis 15 Prozent jährlich. Solange die Vollstreckung der Todesstrafe in China eine geheime Angelegenheit ist, kann weder eine genaue Analyse durchgeführt noch eine Aussage darüber gemacht werden, ob die Anzahl der Hinrichtungen tatsächlich zurückgegangen ist. Amnesty International schätzt, dass China jährlich Tausende Personen, mehr als alle anderen Länder zusammen genommen, hinrichten lässt.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich appelliere an Sie, das gegen Li Xin verhängte Todesurteil nicht zu vollstrecken.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Li Xin Zugang zu seiner Familie und jeder notwendigen medizinischen Versorgung erhält.
  • Ich appelliere an Sie, den Nationalen Volkskongress aufzufordern, ein rechtliches Verfahren für Gnadengesuche einzuführen und die Todesstrafe für alle Verbrechen ohne Gewaltanwendung abzuschaffen.
  • Außerdem fordere ich Sie auf, unverzüglich ein Hinrichtungsmoratorium in Kraft zu setzen mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen gemäß den UN-Generalversammlungsresolutionen 62/149 vom 18. Dezember 2007, 63/168 vom 18. Dezember 2008 und 65/206 vom 21. Dezember 2010.

APPELLE AN

PRÄSIDENT DES OBERSTEN VOLKSGERICHTSHOFES
WANG Shengjun Yuanzhang
Zuigao Renmin Fayuan
27 Dongjiaomin Xiang, Bejingshi 100745
VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear President / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 86) 10 6529 2345

VORSITZENDER DES STÄNDIGEN AUSSCHUSSES DES
NATIONALEN VOLKSKONGRESSES
WU Bangguo Weiyuanzhang, Quanguo Renda Changwu
Weiyuanhui, Bangongting, 23 Xijiaominxiang, Xichengqu,
Beijingshi 100805, VOLKSREPUBLIK CHINA
(korrekte Anrede: Dear Chairman / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
E-Mail: tgxx@npc.gov.cn (bitte Brief als Anhang schicken)


KOPIEN AN

PRÄSIDENT DER VR CHINA
HU Jintao Guojia Zhuxi
The State Council General Office
2 Fuyoujie, Xichengqu
Beijingshi 100017
VOLKSREPUBLIK CHINA
Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 86) 10 6307 0900

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S.E. Herrn Shi Mingde
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: de@mofcom.gov.cn


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch..


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Supreme People's Court not to implement Li Xin's death sentence.
  • Calling on the authorities to ensure that Li Xin has access to his family and legal representation.
  • Urging the National People's Congress to introduce a legal procedure for requesting clemency, and to eliminate the death penalty for all non-violent crimes, in line with China's obligations under international human rights law.
  • Urging the authorities to establish an immediate moratorium on executions with a view to abolishing the death penalty, in line with UN General Assembly resolutions 62/149 of 18 December 2007, 63/168 of 18 December 2008 and 65/206 of 21 December 2010.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-356/2012, AI-Index: ASA 17/055/2012, Datum: 12. Dezember 2012 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2012