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AKTION/1388: Urgent Action - USA (Florida), Drohende Hinrichtung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-047/2013, AI-Index: AMR 51/007/2013, Datum: 21. Februar 2013 - we

USA (Florida)
Drohende Hinrichtung



Herr PAUL HOWELL, 47 Jahre

Der 47-jährige Paul Howell soll am 26. Februar um 18 Uhr in Florida hingerichtet werden. Er wurde 1995 wegen des 1992 begangenen Mordes an einem Polizeibeamten zum Tode verurteilt. Sein Rechtsbeistand hat eine Abgabefrist verpasst, sodass sein Fall nicht auf Bundesebene überprüft wurde. Im Februar 1992 wurde Jimmy Fulford, ein Polizist aus Florida, bei einer Bombenexplosion getötet. Gegen Paul Howell wurde daraufhin auf bundesstaatlicher Ebene ein Verfahren wegen Mordes an dem Polizisten eingeleitet. Gleichzeitig wurde auf Bundesebene wegen Delikten gemäß eines Bundesarzneimittelgesetzes Anklage gegen ihn erhoben. Paul Howell wurde in beiden Fällen derselbe Rechtsbeistand zugeteilt. Von dem Fall auf Bundesebene trat der Anwalt jedoch zurück. Er begründete dies damit, dass seine Frau einen Drohanruf erhalten habe, bei dem gesagt worden sei: "wenn Paul Howell verliert, verliert auch [der Anwalt]". Vorverurteilende Aussagen, die der Anwalt im Rahmen des Verfahrens auf Bundesebene über seinen Mandanten gemacht hatte, wurden später in einem Antrag der Staatsanwaltschaft in Florida zitiert. Diese forderte seinen Ausschluss von dem Verfahren auf bundesstaatlicher Ebene. Unter anderem bezog sich die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrag auf die Aussagen des Anwalts, Paul Howell würde schuldig gesprochen werden und dass er in die Drohungen gegen ihn verwickelt sei. In dem Antrag betonte die Staatsanwaltschaft, dass "Loyalität der wesentliche Bestandteil der Beziehung zwischen Anwalt und Mandant" sei. Weiterhin hieß es, dass es "mit Sicherheit" zu Problemen im Rechtsmittelverfahren führen würde, sollte der Anwalt Paul Howell weiterhin in dem Fall auf bundesstaatlicher Ebene vertreten. Bei einer Anhörung zu dem Antrag auf Ausschluss des Anwalts von dem Fall in Florida berief sich die Staatsanwaltschaft auf die Aussage eines Beamten der US-amerikanischen Drogenvollzugsbehörde (Federal Drug Enforcement Agency), der angab, seine Ermittlungen hätten gezeigt, dass es den vermeintlichen Drohanruf nie gegeben habe.

Der zuständige Richter in Florida lehnte den Antrag aus Ausschluss des Anwalts von dem Fall in Florida dennoch ab, sodass dieser Paul Howell ohne Unterstützung durch weitere AnwältInnen, weiter vor Gericht vertrat. Die Geschworenen befanden Paul Howell des Mordes für schuldig und stimmten mit zehn zu zwei Stimmen für die Verhängung der Todesstrafe. Der Richter verurteilte Paul Howell am 10. Januar 1995 zum Tode. Der Anwalt, der dazu berufen wurde, ihn in seinem Rechtsmittelverfahren zu vertreten, verpasste jedoch die einjährige Frist zur Einreichung des Antrags auf Prüfung des Rechtsmittels. Am 1.Dezember 2004 entschied das Bundesbezirksgericht (US District Court), dass keine "außerordentlichen Umstände" vorlägen, die das verspätete Einreichen des Antrags rechtfertigten und lehnte diesen ohne Prüfung, ob er begründet sei, ab. In dem Antrag waren Vorwürfe wegen unwirksamer Rechtsvertretung aufgrund eines Interessenkonflikts des zuständigen Rechtsbeistands während des Verfahrens erhoben worden. 2005 bestätigte das Bundesberufungsgericht für den 11. Bezirk (US Court of Appeals fort he 11th Circuit) die Entscheidung des Bundesbezirksgerichts. Der Oberste Gerichtshof der USA (US Supreme Court) lehnte es 2006 ab, den Fall zu übernehmen.

Die jetzigen Rechtsbeistände von Paul Howell haben einen Hinrichtungsaufschub beantragt. Sie wollen so die Möglichkeit schaffen, Rechtsmittel wegen der vorherigen Rechtsvertretung ihres Mandanten einzulegen. Unter anderem beziehen sie sich darauf, dass der Interessenkonflikt des Rechtsbeistands von Paul Howell zu großem Misstrauen zwischen dem Anwalt und der Familie von Paul Howell geführt hat, sodass für die Strafzumessungsphase nur wenig entlastendes Beweismaterial zusammengetragen werden konnte und keines der Familienmitglieder in den Zeugenstand gerufen wurde. Die Rechtsbeistände wollen Informationen über Paul Howell vorbringen, die den Geschworenen bisher nicht vollständig dargelegt wurden. Dazu gehören Nachweise über eine Hirnfunktionsstörung, psychische Probleme und schwerwiegende Misshandlungen während seiner Kindheit.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Sollte Paul Howell hingerichtet werden, wäre er mit Ausnahme derjenigen, die freiwillig auf ein Rechtsmittel verzichtet haben, der erste Todestraktinsasse, der ohne eine Überprüfung der Begründetheit der von ihm eingelegten Rechtsmittel durch ein Bundesgericht hingerichtet wird.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich ab. Bis heute haben sich 140 Staaten in Gesetz oder Praxis gegen die Todesstrafe entschieden. Die USA scheinen sich schrittweise gegen die Todesstrafe zu wenden. Seit 2007 haben vier Bundesstaaten - New Jersey, New Mexico, Illinois und Connecticut - die Todesstrafe abgeschafft. Maryland könnte der 18. US-Bundesstaat werden, der die Todesstrafe abschafft. Am 15. Januar gab Gouverneur Martin O'Malley bekannt, dass er der Legislative des Bundesstaates einen Gesetzesentwurf zur Abschaffung der Todesstrafe in Maryland vorlegen werde. Die Todesstrafe, so sagte er, "hilft nicht dabei Gewaltverbrechen und die Vernichtung von Menschenleben zu verhindern". Mit Verweis auf die Situation weltweit merkte er an, dass es weitaus mehr Länder gebe, die die Todesstrafe bereits abgeschafft haben, also solche, die sie noch anwenden. Er sagte zudem: "Wer wollen wir also sein? In wessen Gesellschaft wollen wir den Weg in die Zukunft beschreiten? Die Entscheidung liegt bei uns. Wir wissen was funktioniert. Wir wissen was nicht funktioniert. Und wir wissen, dass der Weg in die Zukunft auf größerem Respekt vor der Würde aller Menschen basiert."


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte die Schwere des Verbrechens, wegen dem Paul Howell zum Tode verurteilt wurde, in keiner Weise verharmlosen.
  • Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass sich der Anwalt, der Paul Howell vertreten hat, in einem Interessenkonflikt befand, was dazu geführt hat, dass die Staatsanwaltschaft seinen Ausschluss von dem Verfahren forderte. Es hat zudem keine Überprüfung des Falls durch ein Bundesgericht stattgefunden, weil der Rechtsbeistand, der ihm in seinem Rechtsmittelverfahren zugeteilt wurde, eine Abgabefrist verpasst hat.
  • Ich fordere Sie daher eindringlich auf, die Hinrichtung von Paul Howell zu verhindern und ihn zu begnadigen.

APPELLE AN

GOUVERNEUR DES BUNDESSTAATES FLORIDA
Governor Rick Scott
Office of the Governor, The Capitol
400 S. Monroe St. Tallahassee
FL 32399-0001, USA
Fax: (00 1) 850 487 0801
E-Mail: Rick.scott@eog.myflorida.com
KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN STAATEN VON
AMERIKA
S.E. Herrn Philip Dunton Murphy
Pariser Platz 2
10117 Berlin
Fax: 030-83 05 10 50
E-Mail: über
http://germany.usembassy.de/email/feedback.htm


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort, so dass sie noch vor dem 26. Februar 2013 eintreffen. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Acknowledging the seriousness of the crime for which Paul Howell was sentenced to death.
  • Noting that his trial lawyer had a conflict of interest, which led the prosecution to seek to have him disqualified, and that no federal court has reviewed the case due to an appeal lawyer missing the filing deadline.
  • Calling for the execution to be stopped and clemency granted.

FORTSETZUNG HINTERGRUNDINFORMATIONEN AUF ENGLISCH

According to the state's case at the trial, Paul Howell constructed a bomb with the intention of killing Tammie Bailey in her home in Marianna, western Florida, in order to eliminate her as a witness who could link Paul Howell and his brother to a prior murder. According to the state, Bailey and the two brothers were part of a drug ring. The bomb was placed inside a microwave oven which was then giftwrapped. Paul Howell paid another man to deliver the package, but on the way the driver was stopped for speeding by State Trooper Jimmy Fulford. After the driver was taken away by other police, Jimmy Fulford was killed when the bomb went off as he opened the package.

"From an international human rights perspective", said New Mexico's Governor Bill Richardson in 2009 when signing the bill to abolish the death penalty in his state, "there is no reason the United States should be behind the rest of the world on this issue". While international human rights law, including article 6 of the International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR), recognizes that some countries retain the death penalty, this acknowledgment of present reality should not be invoked "to delay or to prevent the abolition of capital punishment", in the words of article 6.6 of the ICCPR. The UN Human Rights Committee, the expert body established under the ICCPR to monitor the treaty's implementation, has said that article 6 "refers generally to abolition in terms which strongly suggest that abolition is desirable. The Committee concludes that all measures of abolition should be considered as progress in the enjoyment of the right to life". The USA ratified the ICCPR more than two decades ago, but there have been 1,100 executions since then.

Safeguard 5 of the United Nations Safeguards guaranteeing protection of the rights of those facing the death penalty states: "Capital punishment may only be carried out pursuant to a final judgement rendered by a competent court after legal process which gives all possible safeguards to ensure a fair trial, at least equal to those contained in article 14 of the International Covenant on Civil and Political Rights, including the right of anyone suspected of or charged with a crime for which capital punishment may be imposed to adequate legal assistance at all stages of the proceedings."

Executions resumed in 1977 after the US Supreme Court approved revised capital statutes in 1976. There have been 1,321 executions in the USA since then, 74 of them in Florida. There has been one execution so far in 2013 (in Virginia).

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-047/2013, AI-Index: AMR 51/007/2013, Datum: 21. Februar 2013 - we
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Februar 2013