ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-054/2013, AI-Index: MDE 13/010/2013, Datum: 1. März 2013 - cw/we
Iran
Geistlicher in Haft
Herr AHMED AL-QUBBANJI
Der irakische Geistliche Ahmed al-Qubbanji wurde am 17. oder 18. Februar in Ghom im Zentraliran festgenommen, als er ein Mitglied seiner Familie besuchte. Soweit bekannt, wurde keine formale Anklage gegen ihn erhoben. Medienberichten zufolge ist er wegen "Spionage für Israel" inhaftiert worden. Ihm könnte somit die Todesstrafe drohen. Der Aufenthaltsort von Ahmed al-Qubbanji ist nicht bekannt und er könnte dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen sein. Zudem drohen ihm Folter und andere Formen der Misshandlung. Amnesty International betrachtet ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen.
Der 56-jährige Ahmed al-Qubbanji ist ein schiitischer Geistlicher. 1979 floh er aus dem Irak und lebte anschließend bis zu seiner Rückkehr dorthin im Jahr 2008 im Iran. Er soll schriftlich und mündlich rationale und fortschrittliche Interpretationen des Islam verbreitet haben. Geistliche beider Länder wiesen diese Ansätze zurück. Ahmed al-Qubbanji besuchte ein Mitglied seiner Familie in Ghom, als er von BeamtInnen des iranischen Geheimdienstministeriums am 17. oder 18. Februar festgenommen wurde. Laut Berichten in den Medien gab ein Mitglied des iranischen Geheimdienstes bei einem iranischen Radiosender an, Ahmed al-Qubbanji werde der "Spionage für Israel" verdächtigt. Seine Familie wies diese Behauptung zurück. Die Behörden haben der Familie bislang nicht mitgeteilt, wo sich Ahmed al-Qubbanji aufhält. Am 21. Februar sollen UnterstützerInnen von Ahmed al-Qubbanji vor der iranischen Botschaft in Bagdad demonstriert und seine Freilassung gefordert haben.
Laut einem Bericht in der arabischsprachigen irakischen Zeitung al-Aalem vom 26. Februar nannte Mohammad Mehdi Alasfi die Sichtweise von Ahmed al-Qubbanji in Bezug auf den Koran, den Propheten Mohammed und andere Glaubensgrundsätze des Islam "falsch und verdreht". Mohammad Mehdi Alasfi ist der Stellvertreter des politischen und religiösen Führers des Irans in Najaf, eine in religiöser Hinsicht bedeutende Stadt für SchiitInnen. Er rief die iranische Richterschaft dazu auf, "in solchen Fällen entschieden und hart vorzugehen, damit dadurch in unserer islamischen Welt kein Unfriede [gestiftet werde]".
Ahmed al-Qubbanji stammt aus einer bekannten Familie von Geistlichen aus Najaf. In den 1970ern studierte er Rechtswissenschaften. In den 1980er-Jahren zog er dann in den Iran. Als er 2008 in den Irak zurückkehrte gründete er die Liberale Islamische Bewegung und soll Interpretationen der islamischen Lehre befürwortet haben, die im Einklang mit Vernunft und Rationalität stehen. Eine Reihe seiner Vorträge sind auf YouTube zu sehen.
Sein älterer Bruder, Sadruddin al-Qubbanji, der Vorbeter des Freitagsgebets in Najaf und ein führendes Mitglied des Obersten Islamischen Rates des Iraks ist, veröffentlichte im Oktober 2012 ein islamisches Rechtsgutachten (Fatwa). Darin behauptete er, dass "die Ideen, die [sein Bruder] Sayyed Ahmed al-Qubbanji vorantreibt, verzerrt und unislamisch sind" und dass "diese Ideen Teil eines von Islam-Gegnern geführten Krieges sind, mit denen die islamische Religion und ihre Grundsätze in Frage gestellt werden sollen". Daraufhin zog Ahmed al-Qubbanji von Najaf nach Bagdad.
Laut eines am 26. Februar 2013 von der arabischsprachigen irakischen Zeitung al-Aalem veröffentlichten Berichts, erklärte Walid Abawi, der Staatssekretär des Außenministeriums, dass der irakischen Regierung keinerlei Informationen zu der Festnahme von Ahmed al-Qubbanji vorlägen.
Medienberichten zufolge hat die nationale Vereinigung irakischer JournalistInnen die iranischen Behörden in einer Erklärung dazu aufgefordert, "Gründe für seine Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anklagen vorzulegen".
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2013