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AKTION/1527: Urgent Action - Saudi-Arabien, Menschenrechtler zu Haftstrafe verurteilt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-167/2013, AI-Index: MDE 23/022/2013, Datum: 28. Juni 2013 - dw/mr

Saudi-Arabien
Menschenrechtler zu Haftstrafe verurteilt



Herr ABDULKAREEM YOUSEF AL-KHODER, 48 Jahre

Ein Strafgericht in Saudi-Arabien hat den Menschenrechtler Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder zu acht Jahren Haft und zehn Jahren Reiseverbot verurteilt. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und sollte umgehend und bedingungslos freigelassen werden. Am 24. Juni verurteilte das Strafgericht in der 350 km nördlich von Riad gelegenen Stadt Buraydah Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder zu acht Jahren Haft und einem zehnjährigen Reiseverbot. Er wurde wegen Ungehorsams gegenüber dem König, Schürens von Unruhe durch den Aufruf zu Demonstrationen, Schädigung des Ansehens Saudi-Arabiens durch das Verbreiten falscher Informationen an ausländische Gruppen und Beteiligung an der Gründung einer nicht genehmigten Organisation schuldig gesprochen.

Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder steht seit Januar 2013 vor Gericht. Am 10. April lehnte er in einem Antrag den Vorsitzenden Richter wegen Befangenheit ab, hatte mit dem Antrag jedoch keinen Erfolg. Er begründete den Befangenheitsantrag damit, dass der Richter sich öffentlich negativ über ihn geäußert habe, noch bevor das Verfahren begann und deshalb nicht unparteiisch sei. Bei der vierten Anhörung am 24. April wurde Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder inhaftiert, als er sich weigerte, den Gerichtssaal zu betreten, nachdem der Richter Frauen willkürlich den Zugang zum Gerichtssaal verwehrt hatte. Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder ist Gründungsmitglied der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte ACPRA und war bis zu seiner Entlassung im Oktober 2011 Professor für Vergleichende Rechtswissenschaften an der Fakultät für Islamische Rechtswissenschaften der Universität Qassim. Er wurde allem Anschein nach aufgrund seiner Aktivitäten seiner Position enthoben. Bereits 2010 war ein Reiseverbot gegen ihn verhängt worden. Fünf der acht Jahre seiner Gefängnisstrafe sollen aufgehoben werden, wenn er sich bereiterklärt, nach seiner Freilassung nicht wieder politisch aktiv zu werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die saudi-arabischen Behörden haben in jüngster Zeit häufig MenschenrechtsverteidigerInnen ins Visier genommen und sie sowohl durch gerichtliche Entscheidungen als auch durch willkürliche Maßnahmen, wie die Verhängung von Reiseverboten, verfolgt. Mitglieder der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte ACPRA, die im Oktober 2009 gegründet wurde, waren am stärksten betroffen. ACPRA berichtet über Menschenrechtsverletzungen und unterstützt Familien von Personen, die ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftiert sind, wenn sie vor dem Beschwerdegericht gerichtlich gegen das Innenministerium vorgehen wollen. Ein Verwaltungsgericht, das für Beschwerden gegen den Staat Saudi-Arabien und seine Behörden zuständig ist.

Am 9: März 2013 wurden zwei ACPRA Mitbegründer - Dr. Abdullah bin Hamid bin Ali Al-Hamid, 66, und Mohammad bin Fahad bin Muflih Al-Qahtani, 47 - zu zehn und elf Jahren Haft verurteilt. Beiden Männern wurde zudem, entsprechend der Dauer ihrer Haftstrafen, ein Reiseverbot auferlegt. Sie wurden in einer Reihe von Anklagepunkten für schuldig gesprochen, darunter der Verletzung der Treuepflicht gegenüber dem Herrscher, des Ungehorsams gegenüber dem Staatsoberhaupt, der Infragestellung der Integrität von Staatsbediensteten, der Absicht, die Sicherheit des Landes zu gefährden und die Bevölkerung zu Protesten anzustiften, der Verbreitung falscher Informationen an ausländische Gruppierungen, des Verstoßes gegen Paragraph 6 des Gesetzes zur Informationstechnologie und der Gründung einer nicht genehmigten Organisation, der ACPRA (siehe UA-257/2012). Das Gericht ordnete außerdem die Auflösung von ACPRA, die Konfiszierung des Eigentums der Organisation und die Löschung ihrer Benutzerkonten in sozialen Medien an.

Gegen Fowzan Al-Harbi, einem weiteren Mitbegründer und gegenwärtigen stellvertretenden Vorsitzenden von ACPRA, wird seit dem 11. Mai 2013 ebenfalls ermittelt, mit ähnlichen Vorwürfen wie gegen seine Kollegen. Seine andauernden Anstrengungen, ACPRA trotz des gegenteiligen Gerichtsbeschlusses aufrechtzuerhalten, könnten eine noch höhere Strafe nach sich ziehen. Es wird befürchtet, dass er in Kürze mit den anderen Mitgliedern der Organisation vor Gericht gestellt und inhaftiert wird.

Zuvor hatte bereits am 10. April 2012 das Sonderstrafgericht in Riad, das eigens gegründet wurde, um terrorismus- und sicherheitsrelevante Fälle zu verhandeln - Mohammed Saleh Al-Bajady, einen Mitbegründer von ACPRA, zu einer vierjährigen Haftstrafe und einem anschließenden fünfjährigen Reiseverbot verurteilt. Das Gericht soll ihn für schuldig befunden haben, eine nicht registrierte Organisation mitbegründet, dem Ansehen des Staates mittels der Medien geschadet, Familienangehörige politischer Gefangener zu Protesten und Sitzblockaden angestiftet, die Unabhängigkeit der Justiz angezweifelt und verbotene Bücher besessen zu haben (siehe hierzu auch UA-091/2011-2). Al-Bajady trat im September 2012 in den Hungerstreik. Seither ist nichts über ihn bekannt geworden. Am 24. März 2013 beantragte sein Rechtsanwalt Fowzan Al-Harbi schriftlich ein Treffen mit dem Direktor des Al-Ha'ir-Gefängnisses und versuchte auch den Direktor zu sehen. Bislang hat er weder seinen Mandaten sehen dürfen noch eine Antwort auf sein schriftliches Gesuchen um Besuchserlaubnis erhalten.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder umgehend und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich nur aufgrund der friedlichen Ausübung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit in Haft befindet.
  • Bitte stellen Sie sicher, dass Dr. Abdulkareem Yousef al-Khoder vor Folter und anderer Misshandlung geschützt wird und umgehend regelmäßigen Zugang zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand erhält.

APPELLE AN

KÖNIG
King Abdullah Bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh, SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 1 403 3125 (über Innenministerium)

JUSTIZMINISTER
Sheikh Dr Mohammed bin Abdul Kareem Al-Issa
Ministry of Justice
University Street, Riyadh 11137
Kingdom of Saudi Arabia
Fax: (00 966) 1 401 1741 oder 1 402 0311


KOPIEN AN

INNENMINISTER
His Royal Highness Prince Mohammed
bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior, P.O. Box 2933
Airport Road, Riyadh 11134, SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Royal Highness / Königliche Hoheit)
Fax: (00 966) 1 403 3125

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S.E. Herrn
Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179 oder 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. August 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to release Dr Abdulkareem Yousef al-Khoder immediately and unconditionally as he is a prisoner of conscience held solely for the exercise of his rights to freedom of expression and assembly.
  • Asking them to ensure he is protected from torture and other ill-treatment, and given immediate and regular access to his family and lawyer.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Im Juni 2013 schrieb die Mutter von Mohammed Saleh Al-Bajady Briefe an die saudischen Behörden und bat sie um Auskunft über das Schicksal ihres Sohnes. Sie trat darüber hinaus in den Hungerstreik. Nach vier Tagen beendete sie den Hungerstreik auf Anraten der Ärzte aufgrund ihres Alters und gesundheitlicher Probleme. Die saudischen Behörden behaupten, dass Mohammed Saleh Al-Bajady sich weigert, Besuch zu erhalten oder mit seiner Familie zu telefonieren.

Eine Reihe weiterer unabhängiger Menschenrechtsgruppen und -aktivistInnen wurde ebenfalls von den saudi-arabischen Behörden schikaniert. Waleed Abu al-Khair, der Leiter der Organisation Saudi-arabischer Menschenrechtsmonitor (Saudi Arabian Monitor for Human Rights) steht seit 19 Monaten vor Gericht und unter einem Reiseverbot. Sadek al-Ramadan, dem Generalsekretär des Adala-Zentrums für Menschenrechte (Adala Center for Human Rights), wurde im März 2013 willkürlich und ohne Erklärung ein Reiseverbot erteilt. Gründungsmitglieder einer neuen Menschenrechtsorganisation, der Union für Menschenrechte (Union for Human Rights), wurden seit März 2013 verhört und es wurde ihnen mit Strafverfolgung gedroht, wenn sie ihre Gruppenaktivitäten nicht beenden. Sechs bekannte Reformisten, unter ihnen Dr. Suliaman al-Rashudi und Dr. Saud al-Hashimi, verbüßen seit Ende 2012 lange Freiheitsstrafen, nachdem sie eine Petition für politische Reformen in Umlauf brachten und einen Vorschlag diskutierten, eine unabhängige Menschenrechtsorganisation zu gründen (siehe UA-107/2013).

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-167/2013, AI-Index: MDE 23/022/2013, Datum: 28. Juni 2013 - dw/mr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2013