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AKTION/1547: Urgent Action - Mexiko, Einschüchterung durch die Polizei in Migrantenherberge


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-208/2013, AI-Index: AMR 41/045/2013, Datum: 2. August 2013 - mr

Mexiko
Einschüchterung durch die Polizei in Migrantenherberge



Herr JOSÉ RAMÓN VERDUGO SÁNCHEZ (HERMANO RAMÓN)
sowie MitarbeiterInnen der Migrantenherberge Todos por Ellos

Die Polizei hat die MitarbeiterInnen, MigrantInnen und Freiwilligen einer Migrantenherberge im mexikanischen Bundesstaat Chiapas im Südwesten Mexikos eingeschüchtert und bedroht. Sie könnten sich in Lebensgefahr befinden. Am 27. Juli stürmte eine Gruppe von etwa acht uniformierten BeamtInnen der Bundespolizei ohne Durchsuchungsbefehl in das Büro der Migrantenherberge "Todos por Ellos" (Alle für sie). Die Eindringlinge verhielten sich gewalttätig und behaupteten, sie seien gekommen, weil sie von Fällen der Prostitution und Kindesausbeutung in der Herberge erfahren haben. Dem Koordinator der Herberge, José Ramón Verdugo Sánchez (bekannt als Hermano Ramón), drohte die Polizei, dass sie ihn inhaftieren, die MigrantInnen abschieben und ihnen allen den Verstand aus dem Leib prügeln würde ("les romperían la madre"). Die PolizistInnen verließen die Herberge, nachdem sie die MigrantInnen und MitarbeiterInnen durch Herumschubsen eingeschüchtert hatten. Zu schweren Verletzungen kam es dabei nicht.

In den Tagen darauf wurde wegen dieses Vorfalls bei der Generalstaatsanwaltschaft (Procuraduría General de la República) formal Beschwerde eingereicht. Die Nationale Menschenrechtskommission hat die Umsetzung von Schutzmaßnahmen (medidas cautelares) verlangt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die Migrantenherberge "Todos por Ellos" bietet unbegleiteten Kindern und Jugendlichen bei der Durchquerung Mexikos eine vorübergehende Unterkunft. Die Herberge versorgt sie zum Beispiel mit Nahrung und betreut sie bei gesundheitlichen und rechtlichen Belangen und berät die MigrantInnen zu Fragen sexueller Ausbeutung.

Jedes Jahr versuchen hunderttausende Menschen aus mittel- und südamerikanischen Ländern ohne Visum über Mexiko in die USA zu gelangen. Viele von ihnen werden von den mexikanischen Einwanderungsbehörden inhaftiert und in ihre Heimatländer zurückgeführt. Amnesty International hat Mexiko kürzlich bereist, um Berichte über Menschenrechtsverletzungen an dieser Personengruppe zu prüfen. Bei dem Besuch fand Amnesty International heraus, dass viele MigrantInnen von Banden verschleppt werden und dies manchmal in Mittäterschaft mit lokalen BehördenvertreterInnen geschieht. Die Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen an MigrantInnen, die sich in einer besonders gefährdeten Lage befinden, hat zu einem Anstieg dieser Verbrechen geführt, obwohl sich die Regierung verpflichtet hat, die Rechte von MigrantInnen zu schützen.

Amnesty International hat vor Kurzem eine Aktion ins Leben gerufen, um auf die Notlage aufmerksam zu machen, in der sich MigrantInnen während der Reise durch Mexiko befinden, und um dafür zu sorgen, dass den MigrantInnen die Hilfe geboten wird, die sie bei der Durchquerung des Landes dringend benötigen. Sie können sich unter http://sendsocks.org/ an der Aktion beteiligen. Im Jahre 2012 wurde das Gesetz zum Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen und JournalistInnen einstimmig sowohl von der Abgeordnetenkammer als auch vom Senat in Mexiko verabschiedet und vom Präsidenten unterschrieben. Die Umsetzung unter der direkten Teilnahme von VertreterInnen der Zivilgesellschaft hat nun begonnen. Es sind jedoch dringend Verfahrensprotokolle, klare Richtlinien zu der Zusammenarbeit zwischen den Behörden auf Bundesebene und den bundesstaatlichen Behörden sowie finanzielle Mittel erforderlich, um die Wirksamkeit des Gesetzes sicherzustellen. Es ist unerlässlich, dass sich die Behörden darüber im Klaren sind, dass ihre Verantwortlichkeiten nicht nur auf die Schaffung eines Schutzmechanismus begrenzt sind.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Mit großer Sorge habe ich von der Einschüchterung und Bedrohung der Mitarbeiterinnen, Freiwilligen und MigrantInnen der Migrantenherberge "Todos por Ellos" erfahren. Bitte sorgen Sie in Absprache mit den Betroffenen für wirksame Schutzmaßnahmen für Hermano Ramón (José Ramón Verdugo Sánchez) sowie alle übrigen Mitarbeiterinnen, Freiwilligen und MigrantInnen von "Todos por Ellos".
  • Ich bitte Sie zudem, eine umfassende und unparteiische Untersuchung des Eindringens, der Einschüchterung und der Bedrohung der MitarbeiterInnen und MigrantInnen der Migrantenunterkunft am 27. Juli durchzuführen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
  • Bitte stellen Sie die Einhaltung von Artikel 76 des Einwanderungsgesetzes (Ley de Migración) sicher. Darin ist ausgeführt, dass nicht einmal die Einwanderungsbehörde (Instituto Nacional de Migración - INM) berechtigt ist, Einwanderungskontrollen bei zivilgesellschaftlichen Organisationen durchzuführen, die MigrantInnen beherbergen.

APPELLE AN

INNENMINISTER
Miguel Ángel Osorio Chong
Secretario de Gobernación
Bucareli 99, col. Juárez
C.P. 6600, México D.F., México
(Anrede: Estimado Señor Secretario / Sehr geehrter Herr Minister / Dear Minister)
Fax: (00 52) 55 5093 3414 (öfter versuchen)
E-Mail: secretario@segob.gob.mx

GENERALSTAATSANWALT VON MEXIKO
Jesús Murillo Karam
Paseo de la reforma 211-213
Col. Cuauhtémoc, Distrito Federal
C.P. 06500 MEXIKO
(Anrede: Estimado Procurador General / Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 52) 55 5346 0908 (öfter versuchen)
E-Mail: ofproc@pgr.gob.mx


KOPIEN AN

MEXIKANISCHE NGO
TODOS POR ELLOS
E-Mail: ravesa@msn.com

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN
Herrn Enrique Palos Soto
Geschäftsträger a.i.(Gesandter)
Klingelhöferstraße 3
10785 Berlin
Fax: 030-26 93 23-700
E-Mail: mail@mexale.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 13. September 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to provide effective protection to staff, volunteers and migrants at the All for Them shelter, in strict accordance with their wishes.
  • Urging for a full and impartial investigation into the attack on the shelter on 27 July, the intimidation of the staff and migrants at the shelter, and for those responsible to be held to account.
  • Urging the authorities to respect article 76 in the Migration Act (Ley de Migración) which states that not even the National Institute of Migration (Instituto Nacional de Migración, INM) is allowed to perform migration checks on civil society organizations where migrants are hosted.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-208/2013, AI-Index: AMR 41/045/2013, Datum: 2. August 2013 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. August 2013