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AKTION/1564: Urgent Action - Pakistan, Hinrichtungen vorübergehend gestoppt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-224/2013-1, AI-Index: ASA 33/011/2013, Datum: 20. August 2013 - dw

Pakistan
Hinrichtungen vorübergehend gestoppt



Herr ATTAULLAH, genannt QASIM
Herr MUHAMMAD AZAM, genannt SHARIF
Herr JALAL, genannt ABDUL JALIL
Herr BEHRAM KHAN

Herr SHAFQAT HUSSAIN
Herr MUHAMMAD MUNIR HUSSAIN
Herr DR. ZULFIQAR ALI KHAN
Herr MOHAMMAD AMEEN

Der pakistanische Ministerpräsident hat am 18. August einen vorübergehenden Hinrichtungsstopp verfügt, bis er mit dem Staatspräsidenten, Asif Ali Zardari, gesprochen hat, der gegen die Todesstrafe ist. Tausenden Menschen droht nach Ende der Amtszeit von Präsident Zardari am 8. September die Hinrichtung.

Mindestens acht Männer sollen bereits zwischen dem 20. und 25. August in verschiedenen Teilen Pakistans hingerichtet werden. In der Provinz Sindh befinden sich Attaullah, genannt Qasim, Muhammad Azam, genannt Sharif, und Jalal, genannt Abdul Jalil, im Sukkur Gefängnis. Behram Khan und Shafqat Hussain sind im Zentralgefängnis von Karachi in Sindh inhaftiert. In der Provinz Punjab handelt es sich um Muhammad Munir Hussain im Vehari Gefängnis und Dr. Zulfiqar Ali Khan im Gefängnis in Kot Lakhpat sowie um Mohammad Ameen. Ministerpräsident Nawaz Sharif hat diese bereits geplanten Hinrichtungen am Sonntag, den 18. August gestoppt, nachdem Präsident Asif Ali Zardari ihn um ein Gespräch zu der geplanten Wiederaufnahme der Hinrichtungen gebeten hatte.

Shafqat Hussain und Mohammad Ameen waren noch minderjährig, als sie die Straftat verübten, derer sie schuldig gesprochen wurden. Pakistan ist Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte sowie des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, die die Verhängung der Todesstrafe für Verbrechen, die von Minderjährigen begangen werden, verbietet. Shafqat Hussain gab an, während der Befragungen in Polizeigewahrsam misshandelt worden zu sein.

Die Gefangenen wurden wegen verschiedener Verbrechen, darunter Mord und Entführung, verurteilt. Behram Khan gab an, während der Befragungen in Polizeigewahrsam misshandelt worden zu sein. Er sagte außerdem aus, er habe kein faires Verfahren erhalten, weil er an die BeamtInnen der Strafverfolgungsbehörden kein Bestechungsgeld gezahlt habe. Munir Hussains Familie zufolge, leidet er an einer psychischen Erkrankung und seine Rechtsbeistände bemühen sich um eine unabhängige Untersuchung seiner psychischen Verfassung. Attaullah und Muhammad Azam wurden wegen Mordes an einer/m schiitischen Ärztin/Arzt verurteilt. Sie und Jalal sind Berichten zufolge Mitglieder von Lashkar-e-Jhangvi, einer bewaffneten Gruppe, die sich zu zahlreichen Anschlägen auf die schiitische Minderheit, die Hunderte von Toten gefordert haben, bekennt. Zulfiqar Ali wurde am 14. April 1998 wegen Mordes festgenommen. Laut seinem Rechtsbeistand, beging er die Tat aus Notwehr. In den 14 Jahren, die sich Zulfiqar Ali im Todestrakt befindet, hat er in Politikwissenschaften und in Betriebswirtschaftslehre erfolgreich ein Masterstudium absolviert. Er ist im Gefängnis von Adiala auch als "Der Lehrer" bekannt, da er in den 14 Jahren seiner Haft schon Hunderte Inhaftierte unterrichtet hat.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Über 8.000 Gefangenen droht die Hinrichtung, sollte die pakistanische Regierung die Vollstreckung von Todesurteilen wiederaufnehmen. Der Innenminister hat Berichten zufolge erklärt, dass 450 Verurteilten unmittelbar die Hinrichtung bevorstehe, da sie alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben. Dies wären seit Ende 2008 die ersten Hinrichtungen, deren Vollstreckung die pakistanische Regierung genehmigt. Die einzige Ausnahme bildete Ende 2012 die Hinrichtung eines Soldaten durch die Militärbehörden.

Nach einer Reihe von aufsehenerregenden Morden in Pakistan seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Nawaz Sharif im Juni 2013, hat die Regierung die Wiederaufnahme von Hinrichtungen angekündigt, da sie unter Druck steht Recht und Ordnung wiederherzustellen. Es gibt keinen Nachweis darüber, dass die Todesstrafe im Vergleich zu anderen Bestrafungsformen bei Kapitalverbrechen eine besonders abschreckende Wirkung hat. Die umfangreichste, von der UN im Jahre 1988 durchgeführte und 2008 zuletzt aktualisierte Studie, stellt fest, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass Hinrichtungen eine abschreckendere Wirkung haben als lebenslange Haftstrafen. Amnesty International ist zusätzlich besorgt, dass viele Todesurteile in Pakistan nach Gerichtsverfahren verhängt werden, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren nicht entsprechen.


SCHREIBEN SIE BITTE

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich begrüße die Entscheidung des Ministerpräsidenten, die Exekutionen vorübergehend zu stoppen und fordere die pakistanische Regierung höflich auf, umgehend ein Hinrichtungsmoratorium zu verhängen. Dies sollte in Einklang mit den vier einschlägigen Resolutionen der UN-Generalversammlung ein erster Schritt zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe sein.
  • Ich möchte die pakistanische Regierung bitten, sicherzustellen, dass jegliche Maßnahmen zur, Verbrechensbekämpfung, bezüglich der Strafverfolgung und des Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren nicht gegen Menschenrechtsstandards verstoßen.
  • Darüber hinaus fordere ich Sie nachdrücklich auf, alle bestehenden Todesurteile umzuwandeln.

APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Asif Ali Zardari
Pakistan Secretariat
Islamabad, PAKISTAN
(Anrede: Dear President / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 92) 51 920 4974
E-Mail: http://www.presidentofpakistan.gov.pk/index.php?lang=en&opc=8

MINISTERPRÄSIDENT
Nawaz Sharif
Prime Minister House
Islamabad, PAKISTAN
(Anrede: Dear Prime Minister/ Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 92) 51 921 3780 oder (00 92) 51 922 1596


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK PAKISTAN
S.E. Herrn Abdul Basit
Schaperstr. 29
10719 Berlin
Fax: 030 2124 4210
E-Mail: mail@pakemb.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Urdu, Englisch oder auf Deutsch. Schreiben Sie in gutem Urdu, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Oktober 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Weitere Informationen zu UA-224/2013 (ASA 33/010/2013, 16. August 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Welcome the Prime Minister's decision to halt executions and urging the Pakistan government to establish an official moratorium on all executions in the country as a first step towards abolition of the death penalty in line with four UN General Assembly resolutions.
  • Calling on the Pakistan government to ensure that any measures taken to combat crime do not violate human rights standards regarding law enforcement and the right to a fair trial.
  • Urging the Pakistan President and government to commute all existing death sentences.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Diese Verfahren sind gekennzeichnet durch den fehlenden Zugang zu Rechtsbeiständen und das Zulassen von Beweisen, die nach dem Völkerrecht nicht vor Gericht verwendet werden dürfen. So sind Aussagen, die durch Folter erzwungen wurden, als Beweismittel vor Gericht zulässig. Angeklagte haben oft nur eingeschränkten Zugang zu einem Rechtsbeistand oder ihnen werden vom Staat Rechtsbeistände gestellt, die häufig schlecht ausgebildet und unterbezahlt sind. Es kommt vor, dass die vom Staat gestellten Rechtsbeistände ihre MandantInnen nicht mit ganzem Einsatz vertreten, es sei denn, sie erhalten weitere Bezahlungen von der Familie des Angeklagten. Hinzukommt, dass das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren in Verhandlungen vor einfachen Gerichten missachtet wird, die nach wie vor Todesurteile verhängen. Die Verhandlungen dieser Gerichte sind nur eingeschränkt öffentlich zugänglich und die Gerichtsverfahren müssen die innerhalb von Tagen oder Wochen abgeschlossen werden, wodurch die RichterInnen unter großem Druck geraten, Angeklagte zu verurteilen.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-224/2013-1, AI-Index: ASA 33/011/2013, Datum: 20. August 2013 - dw
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. August 2013