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AKTION/1587: Urgent Action - Sudan, drohende Auspeitschung wegen unbedecktem Haar


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-253/2013, AI-Index: AFR 54/020/2013, Datum: 17. September 2013 - mr

Sudan
Drohende Auspeitschung wegen unbedecktem Haar



AMIRA OSMAN HAMED, 35-jährige Frauenrechtlerin

Die sudanesische Frauenrechtlerin Amira Osman Hamed muss am 19. September vor Gericht, weil sie sich geweigert hat, in der Öffentlichkeit ihr Haar zu bedecken. Ihr drohen bis zu 40 Peitschenhiebe wegen "anstößiger oder unmoralischer Kleidung". Amira Osman Hamed wurde am 27. August von der Polizei für öffentliche Ordnung festgenommen und beschuldigt, sich "anstößig oder unmoralisch gekleidet" zu haben, weil sie sich geweigert hatte, ihr Haar mit einem Kopftuch zu bedecken. Die Bauingenieurin arbeitete gerade in Jabal Awliya, einem Vorort von Khartum, als sich ihr zehn PolizistInnen näherten und ihr drohten, sie zur Wache zu bringen, da sie kein Kopftuch trage. Sie fuhren sie dann zum Büro des Staatsanwalts und dort wurde wegen "anstößiger Kleidung" Anklage nach Artikel 152 des sudanesischen Strafgesetzbuchs von 1991 gegen sie erhoben. Die Polizei hielt sie noch vier Stunden auf der Polizeiwache fest und ließ sie dann gegen Kaution frei.

Das Verfahren gegen Amira Osman Hamed ist für den 19. September anberaumt. Falls sie schuldig gesprochen wird, könnte sie zu körperlicher Züchtigung in Form von 40 Peitschenhieben verurteilt werden. Der ursprüngliche Termin für die Anhörung vor Gericht am 1. September wurde verschoben, da Berichten zufolge der Richter erkrankt war.

Amira Osman Hamed wurde auf Grundlage desselben Gesetzes bereits 2002 angeklagt und zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie Hosen getragen hatte. Amnesty International hat bereits mehrere Fälle von Frauen und Mädchen dokumentiert, die wegen "anstößiger oder unmoralischer Kleidung" verurteilt wurden, denn diese gesetzliche Vorschrift wird in diskriminierender Weise und unverhältnismäßig oft gegen Frauen eingesetzt.

Amnesty International setzt sich gegen die Prügelstrafe ein, da sie nach dem internationalen Gewohnheitsrecht einen Verstoß gegen das uneingeschränkte Verbot von Folter und anderweitiger grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe darstellt. Im UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe wird dieses Verbot ausgeführt. Als Vertragsstaat der Antifolterkonvention darf Sudan nicht gegen Ziel und Zweck des Übereinkommens verstoßen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der Fall der Journalistin Lubna Hussein 2009 rückte das Auspeitschen von Frauen im Sudan wegen "anstößiger oder unmoralischer Kleidung" nach Artikel 152 des Strafgesetzbuchs von 1991 in das Licht der Öffentlichkeit.

Artikel 152 führt aus: "(1) Wer in der Öffentlichkeit eine anstößige Handlung begeht oder sich anstößig verhält oder in einer Weise, die der öffentlichen Moral zuwiderläuft oder anstößige oder unmoralische Kleidung trägt, die ein öffentliches Ärgernis erregt, wird mit bis zu 40 Peitschenhieben oder einer Geldbuße oder beidem bestraft. (2) Die Handlung läuft dann der öffentlichen Moral zuwider, wenn sie gemäß dem religiösen Standard der betreffenden Person oder den Sitten des Landes, in dem die Handlung stattfindet, als solche betrachtet wird. Artikel 152 ist Teil einer Reihe von Gesetzen und Praktiken, die als das System der Öffentlichen Ordnung bekannt sind und die Verhängung von körperlichen Züchtigungsstrafen für Verhalten gestatten, das als unmoralisches Verhalten in der Öffentlichkeit oder manchmal auch im Privaten betrachtet wird. Diese Gesetze werden auf eine Vielzahl von Menschen, insbesondere Frauen, in ganz Sudan angewendet.

Das Gesetz über die öffentliche Ordnung führt nicht genau aus, was als anstößige oder unmoralische Kleidung zu betrachten ist, und gibt damit der Polizei für Öffentliche Ordnung (Public Order Police - POP) große Freiheit zu entscheiden, ob eine Person sich "in anstößiger Weise oder der öffentlichen Moral zuwiderlaufender Weise" verhalten hat oder "anstößige oder unmoralische Kleidung trägt, die öffentliches Ärgernis erregt". Das System der Öffentlichen Ordnung umfasst die POP und die Gerichte für Öffentliche Ordnung, die die Züchtigungsstrafen verhängen können.


BITTE SCHREIBEN SIE

LUFTPOSTBRIEFE ODER E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie höflich auffordern, die Anklage gegen Amira Osman Hamed umgehend und bedingungslos fallenzulassen.
  • Bitte schaffen Sie die Prügelstrafe ab, denn sie verstößt gegen das uneingeschränkte Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe.
  • Sorgen Sie bitte auch dafür, dass Artikel 152 des Strafgesetzbuchs von 1991 in Übereinstimmung mit den Verpflichtungen des Sudan aus dem von ihm unterzeichneten internationalen Menschenrechtsabkommen aufgehoben wird.

APPELLE AN

PRÄSIDENT
HE Omar Hassan Ahmad al-Bashir
Office of the President
People's Palace
PO Box 281
Khartoum, SUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info@sudan.gov.sd

JUSTIZMINISTER
Mohamed Bushara Dousa
Ministry of Justice
PO Box 302
Al Nil Avenue
Khartoum
SUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: mb.dosa@gmail.com


KOPIEN AN

INNENMINISTER
Ibrahim Mohamed Ahmed
Ministry of Interior
PO Box 873
Khartoum
SUDAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SUDAN
S. E. Herrn Baha'aldin Hanafi Mansour Waheesh
Kurfürstendamm 151
10709 Berlin
Fax: 030-8940 9693
E-Mail: poststelle@botschaft-sudan.de oder
sudaniberlin@hotmail.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Oktober 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to drop the charge against Amira Osman immediately and unconditionally.
  • Calling on them to abolish the penalty of flogging, which violates the absolute prohibition against torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment.
  • Urging them to repeal Article 152 of the Criminal Code of 1991, in conformity with their obligations under international human rights law.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-253/2013, AI-Index: AFR 54/020/2013, Datum: 17. September 2013 - mr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2013