Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1621: Urgent Action - Mexiko, schon wieder Gemeindemitglieder bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-287/2013, AI-Index: AMR 41/066/2013, Datum: 15. Oktober 2013 - mr

Mexiko
Schon wieder Gemeindemitglieder bedroht



Herr TOBÍAS ALONSO SÁNCHEZ
Herr YOSIVETH NAVA HERRERA
Herr WILEBALDO TEJADA FLORES
Frau EVA LUCERO RIVERO ORTÍZ
sowie
BEWOHNERiNNEN UND SPRECHERiNNEN AUS UCIDEBACC

Getötet:
Herr FRANCISCO JAVIER GASGA FLORES

Zwei Bewohner einer Gemeinde im Bezirk Pinotepa Nacional im Bundesstaat Oaxaca sind bedroht worden. Zuvor waren bereits andere AnwohnerInnen wiederholt bedroht oder eingeschüchtert worden. Tobías Alonso Sánchez und Yosiveth Nava Herrera, Bewohner der Gemeinde mit der Bezeichnung UCIDEBACC (Colonia Unión Cívica Democrática de Barrios Colonias y Comunidades), sind am 25. September von zwei bewaffneten Unbekannten bedroht worden. Beiden gelang es, sich in Sicherheit zu bringen, sie konnten jedoch kurz darauf beobachten, dass die Angreifer mit Angehörigen der lokalen Polizei sprachen. Weder Tobías Alonso Sánchez noch Yosiveth Nava Herrera haben Anzeige erstattet, da sie davon ausgehen, dass die lokalen Behörden in den Vorfall verwickelt sind, und Vergeltungsmaßnahmen befürchten. Sie haben aber die Menschenrechtskommission des Bundesstaates Oaxaca über den Vorfall informiert.

Nach Angaben von BewohnerInnen aus UCIDEBACC wehrt sich der Gemeindezusammenschluss gegen die Maßnahmen der örtlichen Behörden zur Durchsetzung einer kommerziellen Erschließung des umstrittenen Landes der Gemeinschaft. BewohnerInnen und SprecherInnen aus UCIDEBACC berichten, dass es seit zehn Jahren vermehrt zu Einschüchterungen und Tötungen kommt, weil sie sich gegen die örtliche Regierung wehren. Die Behörden untersuchen diese Taten bislang jedoch nicht. Im letzten Jahr hat die Häufigkeit und Gewalttätigkeit dieser Vorfälle zugenommen, weshalb die Gemeinde eine Art Nachbarschaftspolizei ins Leben gerufen hat. Am 25. August kamen Angehörige der bundesstaatlichen und örtlichen Polizei sowie des Militärs in die Gemeinde UCIDEBACC und nahmen mehrere GemeindesprecherInnen fest, die an dem Nachbarschaftspolizeiprojekt beteiligt waren.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Die bewaffneten Männer, die Tobías Alonso Sánchez und Yosiveth Nava Herrera bedroht haben, stiegen aus einem Auto aus und fragten die beiden, ob sie zu der Gemeinde UCIDEBACC gehörten. Als Tobías Alonso Sánchez und Yosiveth Nava Herrera dies bestätigten, forderten die beiden Bewaffneten die Männer auf: "Sagt euren SprecherInnen, dass sie in den nächsten Tagen geliefert sind. Wir kriegen sie aus der Gemeinde raus, auch wenn sie dafür erst sterben müssen, also gehen sie besser gleich." ("Diganle a sus líderes que se los va a cargar la chingada en estos días, aunque sea muertos los vamos a sacar de la colonia, mas vale que salgan por la buena").

Nach Angaben der Gemeinde wurde bereits am 4. September der Bewohner und Angehörige der Nachbarschaftsschutztruppe Francisco Javier Gasga Flores von einem unbekannten Schützen getötet. Sein Cousin, Wilebaldo Tejada Flores, erlitt bei diesem Angriff schwere Verletzungen. Zuvor, am 20. August, hatte ein Unbekannter auf Eva Lucero Rivero Ortíz, die ebenfalls in der Gemeinde UCIDEBAAC wohnt und dort aktiv ist, geschossen, sie jedoch verfehlt.

Die Gemeinde UCIDEBAAC setzt sich überwiegend aus armen afromexikanischen BewohnerInnen und Mestizen zusammen. 1970 wurde das Land, auf dem sich die Gemeinde befindet, der katholischen Kirche für die Armen überlassen, dies ermöglichte den Aufbau der Gemeinde. Jetzt stellen die örtlichen Behörden das Landrecht für das Gebiet jedoch in Frage.

AktivistInnen, die sich in verschiedenen Teilen Mexikos für ihre marginalisierten Gemeinschaften einsetzen, sehen sich häufig Drohungen und Angriffen ausgesetzt, wenn sie sich den Interessen von örtlichen Behörden und einflussreichen privaten Akteuren, den sogenannten Caciques, widersetzen. Ihre Forderungen nach Gerechtigkeit, fairer Behandlung und Achtung ihrer Rechte werden häufig übergangen, wenn mächtige lokale Interessengruppen mit Wissen der Bundes- und bundesstaatlichen Behörden operieren dürfen und die Behörden bei Menschenrechtsverstößen gegen diese marginalisierten Gemeinschaften einfach wegsehen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte gewährleisten Sie wirksame Schutzmaßnahmen für Tobías Alonso Sánchez und Yosiveth Nava Herrera sowie weitere BewohnerInnen und AktivistInnen von UCIDEBACC.
  • Ich bitte Sie, unverzüglich eine umfassende und unparteiische Untersuchung der Angriffe und Drohungen gegen BewohnerInnen der Gemeinde sowie der mutmaßlichen Beteiligung der örtlichen Behörden an diesen Menschenrechtsverletzungen einzuleiten.
  • Ich möchte die mexikanische Regierung und die Regierung des Bundesstaates Oaxaca höflich auffordern, sicherzustellen, dass die BewohnerInnen der Gemeinde UCIDEBACC aufgrund ihrer Opposition zu den örtlichen Behörden weder angegriffen noch bedroht werden.

APPELLE AN

GOUVERNEUR DES BUNDESSTAATES OAXACA
Lic. Gabino Cué Monteagudo
Plaza de la Constitución, Centro Histórico
C.P. 68000, Oaxaca de Juárez
MEXIKO
(Anrede: Sr. Gobernador / Sehr geehrter Herr Gouverneur / Dear Governor)
Fax: (00 52) 95 1501 8100, Durchwahl 40068 (sagen Sie "Me da tono de fax, por favor")
E-Mail: spagoboaxaca@gmail.com

INNENMINISTER
Miguel Ángel Osorio Chong
Secretario de Gobernación
Bucareli 99, col. Juárez, Cuauhtemoc
Distrito Federal, C. P. 6600 MEXIKO
(Anrede: Sr. Secretario / Sehr geehrter Herr Minister / Dear Minister)
Fax: (00 52) 55 5093 3414
E-Mail: secretario@segob.gob.mx


KOPIEN AN

ÖRTLICHE MENSCHENRECHTSORGANISATION
Centro de Derechos Humanos y Asesoría a Pueblos Índigenas, CEDHAPI
E-Mail: cedhapi@yahoo.com.mx

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN
I. E. Patricia Espinosa Cantellano
Klingelhöferstraße 3
10785 Berlin
Fax: 030-26 93 23 700
E-Mail: mail@mexale.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. November 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging authorities to provide effective protection to Tobías Alonso Sánchez and Yosiveth Nava Herrera and other residents and community activists from UCIDEBAAC.
  • Calling for an investigation into the attacks and threats against residents, including allegations that municipal authorities are involved.
  • Calling for the federal and state government to ensure that members of the UCIDEBAC community are not attacked or threatened on the basis of their opposition to the municipal authorities.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Im Zuge der hohen Zahl an Gewalttaten in verschiedenen Regionen des Landes und des weitverbreiteten Misstrauens gegenüber der Polizei und anderen Sicherheitskräften haben einige Gemeinden in Bundesstaaten wie Guerrero, Michoacan und Oaxaca auf Gemeindeebene inoffizielle Polizei- oder Wachgruppen organisiert. Diese Initiativen wurden in mehreren Fällen mit der Zustimmung staatlicher Behörden als Mittel gegen die Sorge und Unsicherheit in den Gemeinden in die Tat umgesetzt. Im August 2013 führten Militär- und Polizeioperationen in verschiedenen Bundesstaaten zur Inhaftierung von SprecherInnen dieser Schutztruppen. Viele der Inhaftierten sehen sich Anklagen wegen Entführung oder unerlaubten Einsatzes von Waffen gegenüber. Die Inhaftierten und ihre UnterstützerInnen aus den Gemeinden argumentieren, dass die Anklagen politische Gründe haben und eine Vergeltungsmaßnahme gegen ihre legitimen Bemühungen darstellen, die Sicherheit in ihren Gemeinden zu erhöhen.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-287/2013, AI-Index: AMR 41/066/2013, Datum: 15. Oktober 2013 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2013