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AKTION/403: Briefe gegen das Vergessen - September 2007 (ai journal)


amnesty journal 9/2007 - Das Magazin für die Menschenrechte

Briefe gegen das Vergessen

Aktion des Monats September 2007


- Russland - Bulat Tschilajew
- Algerien - Salah Saker
- Demokratische Republik Kongo - Faustin Sosso


Jeder Appell zählt!

Tag für Tag werden Menschen gefoltert, wegen ihrer Ansichten, Hautfarbe oder Herkunft inhaftiert, ermordet, verschleppt oder man lässt sie "verschwinden". amnesty international veröffentlicht jeden Monat drei Einzelschicksale politischer Verfolgung, um an das tägliche Unrecht zu erinnern. Internationale Appelle helfen, solche Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und zu beenden. Sie können mit Ihrem persönlichen Engagement dazu beitragen, dass Folter gestoppt, ein Todesurteil umgewandelt oder ein Mensch aus politischer Haft entlassen wird. Schreiben Sie bitte, im Interesse der Betroffenen, höflich formulierte Briefe an die jeweils angegebenen Behörden des Landes.

Sollten Sie eine Antwort auf Ihr Appellschreiben erhalten, schicken Sie bitte eine Kopie an amnesty international.

amnesty international
Postfach, 53108 Bonn
Tel.: 0228/983730; Fax: 0228/630036
E-mail: Info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de

Spendenkonto
Bank für Sozialwirtschaft (BfS) Köln,
Kto.-Nr.: 8090100, BLZ: 370 205 00
oder Postbank Köln,
Kto.-Nr.: 224046-502, BLZ 370 100 50


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RUSSLAND

Bulat Tschilajew

Bulat Tschilajew, ein Fahrer der Menschenrechtsorganisation "Graschdanskoje Sodejstwje" (Bürgerhilfe), ist seit dem 9. April 2006 nicht mehr gesehen worden. An jenem Tag führten tschetschenische und russische Sicherheitskräfte in dem tschetschenischen Dorf Sernowodsk eine Razzia durch. Die Sicherheitskräfte nahmen einen Bekannten von Bulat Tschilajew fest, um seine Personalien zu prüfen. Der Mann wurde später freigelassen und bat Bulat Tschilajew anschließend, ihn nach Grosny zu fahren. Augenzeugen gaben später an, an einer Kreuzung uniformierte Männer beobachtet zu haben, die Masken überzogen, als sich das Fahrzeug aus Sernowodsk näherte.

Sie sollen die Straße abgesperrt, die beiden Männer aus dem Auto gezerrt und ihnen Handschellen angelegt haben. Die Sicherheitskräfte fuhren dann mit beiden Fahrzeugen in Richtung Grosny davon.

Nachdem Appellschreiber von ai und anderen regierungsunabhängigen Organisationen die russischen und tschetschenischen Behörden aufgefordert hatten, den Verbleib von Bulat Tschilajew zu klären, bestätigte die tschetschenische Staatsanwaltschaft die Berichte über die Entführung und erklärte, es sei ein Strafverfahren eingeleitet worden.

Zeugen der Entführung konnte die Kennzeichen der beiden Tatfahrzeuge angeben und übergaben den Behörden eine Militärerkennungsmarke, die am Entführungsort gefunden worden war. Der Träger der Kennmarke, der einer Einheit des russischen Verteidigungsministeriums zugeordnet werden konnte, wurde später verhört und gab an, den Anhänger verloren zu haben. Die Ermittlungen wurden jedoch offenbar nicht fortgesetzt. Im Oktober 2006 erfuhr ai aus inoffiziellen Quellen, der Militärangehörige sei im Dienst getötet worden.

Schreiben Sie bitte höflich formulierte Briefe an den Generalstaatsanwalt der Tschetschenischen Republik, in denen Sie fordern, dass das Schicksal von Bulat Tschilajew und seines Bekannten aufgeklärt sowie die für die Entführung Verantwortlichen ermittelt und vor Gericht gestellt werden.


Schreiben Sie in gutem Russisch, Englisch oder auf Deutsch an:

Valerii Alekseevich Kuznetsov
Prosecutor of the Chechen Republic
Office of the Public Prosecutor of the Chechen Republic
Ul. Idrisova 42, g. Grozny, 364000
Russische Förderation
(korrekte englische Anrede: Dear Prosecutor)
Telefax: 007 - 87 12 22 32 63 (kombinierter Telefon-/Faxanschluss)
(Standardbrief Luftpost bis 20g: 0,70 Euro)


Bitte senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:

Botschaft der Russischen
Föderation
S.E. Herrn Vladimir Kotenev
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Telefax: 030 - 229 93 97
E-Mail: info@Russische-Botschaft.de


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ALGERIEN

Salah Saker

Salah Saker, ein Lehrer und Mitglied der verbotenen islamistischen Organisation "Islamische Heilsfront", wurde am 29. Mai 1994 in seiner Wohnung in Constantine von Sicherheitskräften ohne Haftbefehl festgenommen. Seine Frau Louisa Saker weiß bis heute nicht, was mit ihm geschehen ist. Sie hat vor einem Gericht Rechtsmittel eingelegt, um den Haftort und eventuell gegen ihn erhobene Anklagen in Erfahrung zu bringen. Die Behörden teilten ihr im Februar 1997 mit, dass Saker festgenommen und am 3. Juli 1994 in eine Verhöreinrichtung des Militärs gebracht worden sei.

Im Dezember 1998 setzte die staatliche Menschenrechtskommission seine Ehefrau darüber in Kenntnis, dass Saker nach Angaben der Sicherheitskräfte von einer unbekannten bewaffneten Gruppe verschleppt worden sei. Dem Vernehmen nach habe man wegen Verbindungen zu einer terroristischen Gruppe nach ihm gefahndet. Am 29. Juli 1995 sei er in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Die genauen Umstände seines "Verschwindens" wurden jedoch nie geklärt.

Das Schicksal vieler tausend Menschen, die während des algerischen Bürgerkriegs in den neunziger Jahren dem "Verschwindenlassen" zum Opfer gefallen sind, ist weiterhin ungewiss. Das Amnestiegesetz von 2006 verhindert, dass Gerichte gegen Sicherheitskräfte ermitteln.

Im Oktober 2000 wandte sich die Ehefrau von Salah Saker an den UN-Menschenrechtsausschuss, nachdem sie von den Behörden in Algerien nicht unterstützt wurde. Im März 2006 gab der UN-Ausschuss seine erste Entscheidung über Fälle von "Verschwindenlassen" in Algerien bekannt. Demnach habe der algerische Staat die Rechte und das Leben von Saker nicht geschützt und bis heute keine Untersuchung wegen des "Verschwindenlassens" von Saker eingeleitet.

Schreiben Sie bitte höflich formulierte Briefe an den algerischen Staatspräsidenten, in denen sie fordern, dass die rechtlichen Bestimmungen, die Ermittlungen in Fällen von "Verschwindenlassen" verhindern, aufgehoben werden, damit Louisa Saker und tausende weitere Angehörige von "Verschwundenen" die Wahrheit über das Schicksal ihrer Familienmitglieder erfahren.


Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch oder auf Deutsch an:

M. Abdelaziz Bouteflika
Président de la République
Présidence de la République
El Mouradia, Alger, Algerien
Telefax: 002 13 - 21 - 60 96 18, 002 13 - 21 - 69 15 95
E-Mail: president@el-mouradia.dz
(korrekte französische Anrede : Monsieur le Président)
(Standardbrief Luftpost bis 20g: 1,70 Euro)


Bitte senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:

Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Algerien
S. E. Herrn Hocine Meghar
Görschstr. 45-46
13187 Berlin
Telefax: 030 - 48 09 87 16
E-Mail: info@algerische-botschaft.de


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DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO

Faustin Sosso

Faustin Sosso wurde am 20. August 2006 von bewaffneten Männern verschleppt. Bei den Entführern soll es sich um Angehörige der Präsidentengarde von Staatspräsident Joseph Kabila handeln. Faustin Sosso ist Arzt und arbeitete zudem als Berater für Jean-Pierre Bemba, den stärksten Gegenkandidaten von Präsident Kabila bei den Präsidentschaftswahlen Ende 2006.

Nach der Entführung wurde der Arzt in einem Geländewagen mit unbekanntem Ziel weggefahren. Berichte deuten darauf hin, dass er in das Lager "Tshatshi", das Hauptquartier der Präsidentengarde in Kinshasa, gebracht und anschließend dem Militärgeheimdienst "Ex-DEMIAP" überstellt wurde.

ai befürchtet, dass das "Verschwindenlassen" von Faustin Sosso mit seiner beruflichen Verbindung zu Jean-Pierre Bemba in Zusammenhang steht. In einigen Berichten wird die Vermutung geäußert, dass der Arzt staatlichem Mord zum Opfer gefallen ist. Seine Familie geht jedoch davon aus, dass er noch am Leben ist und an einem geheimgehaltenen Ort festgehalten wird.

Während der Präsidentschaftswahlen und der Kämpfe zwischen Regierungstruppen und den Milizen unter Jean-Pierre Bemba in Kinshasa im März 2007 kam es immer wieder zu politisch motivierten Festnahmen und Verstößen der Sicherheitskräfte. Friedliche Mitglieder und Unterstützer von Oppositionsparteien, Journalisten und andere Bürger wurden willkürlich inhaftiert, misshandelt, gefoltert und einige sogar getötet, andere fielen dem "Verschwindenlassen" zum Opfer. Viele der Festgenommenen befinden sich immer noch in Haft. Ihnen drohen Gerichtsverfahren auf der Grundlage von unbegründeter Anklagen wegen "Spionage" und "Mitgliedschaft in einer Aufstandsbewegung".

Schreiben Sie bitte höflich formulierte Briefe an den Staatspräsidenten der DR Kongo, in denen Sie eine umfassende und unabhängige Untersuchung des "Verschwindenlassens" von Faustin Sosso fordern, die das Ziel verfolgt, die Verantwortlichen für die Entführung des Arztes und weitere Menschenrechtsverletzungen zu ermitteln und vor Gericht zu stellen.


Schreiben Sie in gutem Französisch, Englisch oder auf Deutsch an:

President Joseph Kabila
Présidence de la République
Kinshasa Gombe
Demokratische Republik Kongo
(korrekte französische Anrede: Monsieur le Président de la République)
E-Mail: pr@presidentrdc.cd, pp@presidentrdc.cd
(Standardbrief Luftpost bis 20g: 1,70 Euro)


Bitte senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:

Botschaft der Demokratischen Republik Kongo
Herrn Pierre Yvon Malamba Osang-A-Bull
Gesandter-Botschaftsrat
Im Meisengarten 133
53177 Bonn
Telefax: 0228 - 35 22 17


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Quelle:
amnesty journal, September 2007, S. 38-39
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30
E-Mail: info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2007