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AKTION/480: Briefe gegen das Vergessen, Oktober/November 2010


amnesty journal 10/11/2010 - Das Magazin für die Menschenrechte

Briefe gegen das Vergessen - Aktion der Monate Oktober/November 2010

- Indonesien - Munir Said Thalib
- Kanada - Indigene Gemeinschaft der Lubicon Cree
- Iran - Hengameh Shahidi


Tag für Tag werden Menschen gefoltert, wegen ihrer Ansichten, Hautfarbe oder Herkunft inhaftiert, ermordet, verschleppt oder man lässt sie "verschwinden". AMNESTY INTERNATIONAL veröffentlicht regelmäßig an dieser Stelle drei Einzelschicksale, um an das tägliche Unrecht zu erinnern. Internationale Appelle helfen, solche Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und zu beenden.

Sie können mit Ihrem persönlichen Engagement dazu beitragen, dass Folter gestoppt, ein Todesurteil umgewandelt oder ein Mensch aus politischer Haft entlassen wird. Schreiben Sie bitte, im Interesse der Betroffenen, höflich formulierte Briefe an die jeweils angegebenen Behörden des Landes.

Sollten Sie eine Antwort auf Ihr Appellschreiben erhalten, schicken Sie bitte eine Kopie an AMNESTY INTERNATIONAL.

AMNESTY INTERNATIONAL
Postfach, 53108 Bonn
Tel.: 0228/98 37 30, Fax: 0228/63 00 36
E-mail: Info@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de

Spendenkonto
Bank für Sozialwirtschaft (BfS) Köln,
Kto.-Nr.: 8090100, BLZ: 370 205 00
oder Postbank Köln,
Kto.-Nr.: 22 40 46-502, BLZ 370 100 50


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INDONESIEN

Munir Said Thalib

Der Menschenrechtsaktivist Munir Said Thalib starb am 7. September 2004 auf einem Flug von Jakarta in die Niederlande. Eine von den niederländischen Behörden in Auftrag gegebene Autopsie ergab, dass er mit Arsen vergiftet worden war. Munir Said Thalib war einer der bekanntesten Menschenrechtsverteidiger Indonesiens. Er setzte sich für die Aufklärung des Schicksals zahlreicher Aktivisten ein, die dem "Verschwindenlassen" zum Opfer gefallen waren. Zudem spielte er eine entscheidende Rolle bei der Aufdeckung von Beweisen, die die Verantwortung der Militärs für Menschenrechtsverletzungen in Aceh und Osttimor belegten. Im September 1999 berief ihn die staatliche Menschenrechtskommission in die Untersuchungskommission zur Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen in Osttimor.

Aufgrund seines Engagements für die Menschenrechte war Munir Said Thalib in ständiger Gefahr. Im August 2003 detonierte vor seinem Haus in Jakarta eine Bombe. In den Jahren 2002 und 2003 wurde das Büro der Organisation Kontras, bei der er arbeitete, mehrmals von einer aufgebrachten Menschenmenge angegriffen. Zwar sind inzwischen zwei Personen der Beteiligung an der Ermordung von Munir Said Thalib für schuldig befunden worden, es liegen jedoch glaubwürdige Informationen vor, dass die auf höherer Ebene für seinen Mord Verantwortlichen bislang nicht zur Rechenschaft gezogen worden sind. Menschenrechtler in Indonesien werden nach wie vor bedroht, eingeschüchtert und angegriffen. Sie vertreten die Auffassung, dass sie besser geschützt wären, wenn der Mord an Munir Said Thalib aufgeklärt wäre.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den indonesischen Staatspräsidenten und fordern Sie ihn auf, eine neue unabhängige Untersuchung des Mordes an Munir Said Thalib einzuleiten. Ziel dieser Ermittlungen soll sein, die auf allen Ebenen Verantwortlichen entsprechend internationaler Standards für faire Prozesse vor Gericht zu stellen. Fordern Sie den Präsidenten außerdem auf, die legitime Arbeit von Menschenrechtsverteidigern anzuerkennen und öffentlich zu unterstützen. Außerdem sollte er jede Form der Drangsalierung sowie Angriffe gegen Menschenrechtsaktivisten verurteilen.

Schreiben Sie auf Indonesisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch an:
President Susilo Bambang Yudhoyono
Istana Merdeka
Jakarta 10110
INDONESIEN
Fax: 0062-21-345 26 85 oder 21-344 27 59 oder 21- 384 57 74
(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,70 Euro)

Bitte senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Republik Indonesien
S.E. Herrn Eddy Pratomo
Lehrter Straße 16-17, 10557 Berlin
Fax: 030-44 73 71 42


KANADA

Indigene Gemeinschaft der Lubicon Cree

Der indigenen Gemeinschaft der Lubicon Cree gehören etwa 500 Menschen an, die in der westkanadischen Provinz Alberta leben. Im Gegensatz zu den anderen indigenen Gemeinschaft in der Provinz haben die Lubicon niemals eine rechtliche Vereinbarung mit der kanadischen Regierung abgeschlossen, um die Grenzen ihres Landes festzulegen. Das Versprechen der Regierung, ein Lubicon-Reservat einzurichten bzw. ihre Landansprüche anzuerkennen, ist nie eingelöst worden. In den siebziger Jahren unterstützten die Behörden von Alberta die Öl- und Gasförderung auf dem Land der Lubicon - ohne jegliche Konsultation mit den Betroffenen. Sie erklärten die Lubicon zu "Besetzern" ihres eigenen Landes. Die Öl- und Gasförderung führte zu einem Zusammenbruch der traditionellen Wirtschaft, die auf Jagen und Fallenstellen basierte, sodass die ehemaligen Selbstversorgergemeinschaften in bittere Armut stürzten. Davon haben sich die Lubicon bis heute nicht erholt. Bis zum heutigen Tag sind Vorkommen im Wert von etwa 14 Milliarden kanadischen Dollar im Lubicon-Gebiet gefördert worden. Die Lubicon selbst profitieren von diesem Reichtum aber nicht. Sie haben bislang keine Entschädigung erhalten. Nahezu 90 Prozent der Gemeinschaft ist auf finanzielle Unterstützung der Regierung angewiesen, die jedoch nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Gemeinschaft hat keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen und sauberem Trinkwasser. Die Unterkünfte sind überbelegt und Krankheiten wie Tuberkulose sind bei den Lubicon weitaus häufiger als bei der übrigen Bevölkerung.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an den Ministerpräsidenten der Provinz Alberta, in denen Sie darauf hinweisen, dass die Anerkennung der Landrechte der Lubicon von großer Bedeutung ist. Die Lubicon brauchen eine gerechte Lösung der Landrechtsfrage, damit sie ihre Wirtschaft wieder aufbauen und ihre eigene Lebensweise wieder pflegen können. Bis die Landrechtskonflikte umfassend gelöst sind, sollte die Regierung von Alberta ohne die Zustimmung der Lubicon keine neuen Förderlizenzen für Öl und Gas vergeben.

Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch an:
The Honourable Ed Stelmach
Premier of Alberta
307 Legislature Bldg
10800 - 97 Avenue
Edmonton, AB
T5K 2B6
KANADA
Fax: 001 780 427 1349
E-Mail: premier@gov.ab.ca
(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,70 Euro)

Bitte senden Sie eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft von Kanada
S.E. Herrn Peter Michael Boehm
Leipziger Platz 17, 10117 Berlin
Fax: 030-20 31 25 90
E-Mail: berlin@international.gc.ca


IRAN

Hengameh Shahidi

Die Journalistin Hengameh Shahidi verbüßt derzeit eine sechsjährige Haftstrafe im Teheraner Evin-Gefängnis. Angeklagt hatte man sie wegen "Teilnahme an Versammlungen und Konspiration mit dem Ziel, die nationale Sicherheit zu gefährden", "Propaganda gegen den Staat" und "Beleidigung des Präsidenten". Hengameh Shahidi wurde im Juni 2009 kurz nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen festgenommen und 50 Tage lang in einer winzigen Zelle in Einzelhaft gehalten. Gegen Kaution kam die Journalistin vorübergehend frei, wurde dann aber wieder in Haft genommen, um die Gefängnisstrafe zu verbüßen. Amnesty International betrachtet Hengameh Shahidi als gewaltlose politische Gefangene.

Hengameh Shahidi schrieb für die Zeitung "Nowrooz", bis diese 2002 geschlossen wurde. Danach arbeitete sie als freie Journalistin und schrieb über Themen des Weltgeschehens. Sie beriet den ehemaligen Präsidenten Khatami in Jugendfragen und war Stadträtin in Teheran. Zum Zeitpunkt ihrer Festnahme promovierte sie in Großbritannien, war jedoch wegen der Wahlen in den Iran zurückgekehrt. Dort beriet sie den Präsidentschaftskandidaten Mehdi Karroubi in Frauenrechtsfragen. Sie war Mitglied der von ihm gegründeten und inzwischen verbotenen Partei Etemad-e Melli (Nationales Vertrauen).

In den ersten 50 Tagen ihrer Haft wurde Hengameh Shahidi in einer ein mal zwei Meter großen Zelle festgehalten. Nach eigenen Angaben wurde sie geschlagen und mit der Hinrichtung bedroht. Die Journalistin hat ein Herzleiden, das in der Haft möglicherweise nicht angemessen medizinisch behandelt wird.

Bitte schreiben Sie höflich formulierte Briefe an die Oberste Justizautorität und fordern Sie ihn auf, Hengameh Shahidi sofort und bedingungslos freizulassen. Solange sie sich noch in Haft befindet, muss die Journalistin angemessen medizinisch versorgt werden. Fordern Sie außerdem, dass eine unabhängige Untersuchung der Berichte eingeleitet wird, denen zufolge Hengameh Shahidi in der Haft gefoltert wurde.

Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch oder auf Deutsch an:
Ayatollah Sadegh Larijani
Howzeh Riyasat-e Qoveh Qazaiyeh
Pasteur St., Vali Asr Ave.
south of Serah-e Jomhouri
Tehran 1316814737
IRAN
E-Mail: info@dadiran.ir (Betreff: FAQ Ayatollah Larijani)
(Standardbrief Luftpost bis 20 g: 1,70 Euro)

Senden Sie bitte eine Kopie Ihres Schreibens an:
Botschaft der Islamischen Republik Iran
S.E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-84 35 35 35
E-Mail: iran.botschaft@t-online.de


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Quelle:
amnesty journal, Oktober/November 2010, S. 62-63
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
Postfach 58 01 61, 10411 Berlin, E-Mail: ai-journal@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2010