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AKTION/533: Urgent Action - Trinidad und Tobago - Abstimmung über Todesstrafe


ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-030/2011, AI-INDEX: AMR 49/002/2011, DATUM: 16. Februar 2011 - jf

TRINIDAD UND TOBAGO
Abstimmung über Todesstrafe


Am 18. Februar wird das Parlament von Trinidad und Tobago eine mögliche Verfassungsänderung diskutieren. Sie würde den Weg für die Hinrichtung zahlreicher Todeskandidaten freimachen. Die letzte Hinrichtung in Trinidad und Tobago fand 1999 statt, die neue Gesetzgebung zielt auf eine Wiederaufnahme ab.

Am 14. Januar 2011 hat die Regierung unter Premierminister Kamla Persad-Bissessar dem Parlament einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der eine Reformierung der Verfassung mit Hinblick auf die Wiederaufnahme der Todesstrafe vorsieht. Der Gesetzesentwurf soll am 18. Februar im Parlament diskutiert werden und könnte im Falle seiner Verabschiedung in den kommenden Wochen zur Anwendung kommen. Amnesty International ist sehr besorgt über die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs in seiner jetzigen Form, da dieser in Dutzenden von Fällen zu Hinrichtungen von Gefangenen führen könnte, die sich derzeit in der Todeszelle befinden. Dies wäre ein klarer Verstoß gegen geltende Menschenrechtsgesetzgebungen und -standards.

Das Gesetz würde es gestatten, die Vollstreckung von Hinrichtungen bereits zu einem Zeitpunkt durchzuführen, an dem die dazugehörigen Rechtsmittel vor internationalen Institutionen noch anhängig sind. Den Präsidenten würde es befugen, Rechtsmittel, Beratungen, Informationsaustausch und den Abschluss von Rechtsmittelverfahren von zum Tode Verurteilten mit Individuen oder Institutionen außerhalb von Trinidad und Tobago zeitlich zu befristen. Auf diese Weise könnten nach Ablauf dieser Zeitspannen Hinrichtungen vollstreckt werden, ohne dass über sämtliche Rechtsmittel entschieden wäre. Ein Todesurteil zu vollstrecken, während Rechtsmittel noch anhängig sind, verstößt gegen internationale Menschenrechtsnormen für rechtsstaatliche Verfahren. Des Weiteren könnte mit dem Gesetz ein Beschluss der höchsten Berufungsinstanz von Trinidad und Tobago, des Rechtskomitees des Kronrats in London (Judicial Committee of the Privy Council), aus dem Jahr 1993 umgangen werden. Mit diesem Beschluss war eine Wartezeit von mehr als fünf Jahren zur Vollstreckung eines Todesurteils als grausam und unmenschlich definiert worden. Im Falle einer Verabschiedung des Gesetzes könnten Todeskandidaten zukünftig auch nach einer Wartezeit von mehr als fünf Jahren hingerichtet werden. Amnesty International befürchtet, dass die Wiederaufnahme von Hinrichtungen als ein Instrument zur Bekämpfung der hohen Kriminalitätsrate dargestellt wird. Es ist nach wie vor nicht erwiesen, dass sich die angeblich abschreckende Wirkung der Todesstrafe positiv auf die Kriminalitätsrate auswirkt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Trinidad und Tobago hält zusammen mit sämtlichen weiteren englischsprachigen Ländern der Karibik an der Todesstrafe fest. Die letzten Hinrichtungen wurden dort im Juni und Juli 1999 vollstreckt, als 10 Männer erhängt wurden. In dem Land wurden auch vormals schon Gefangene hingerichtet, die noch nicht alle verfügbaren Rechtsmittel ausgeschöpft hatten. 1994 wurde beispielsweise Glen Ashby hingerichtet, als noch zwei Gerichte mit der Prüfung der von ihm eingelegten Rechtsmittel beschäftigt waren. Eines der beiden Gerichte verfügte einen Hinrichtungsaufschub, als die Hinrichtung bereits vollstreckt war. Anthony Briggs wurde am 22. Juni 1999 hingerichtet trotz einer am 25. Mai 1999 von der Interamerikanischen Kommission für Menschrechte verfügten Anordnung, dass "er so lange am Leben bleiben soll, bis das Gericht in der Sache zu einem Urteil gekommen ist".

Trotz der Tatsache, dass die letzten Hinrichtungen in Trinidad und Tobago im Jahr 1999 vollstreckt wurden, kommt es nach wie vor zur Verhängung von Todesurteilen.

Die im Dezember 2008 auf der Inselgruppe St. Kitts und Nevis vollzogene Hinrichtung von Charles Elroy Laplace war die erste in der englischsprachigen Karibik seit dem Jahr 2000. Seine Hinrichtung löste die Besorgnis aus, dass andere karibische Länder es St. Kitts und Nevis gleichtun könnten, da die Regierungen der Region durch die steigende Kriminalität einem zunehmenden Druck ausgesetzt sind. Die Anzahl der Gewaltverbrechen ist in Trinidad und Tobago sehr hoch. So wurden im Jahr 2010 insgesamt 472 Tötungsdelikte registriert, im Januar diesen Jahres kam es bereits zu 46 Verbrechen dieser Art. Wissenschaftliche Studien belegen immer wieder, dass die Todesstrafe keine abschreckendere Wirkung erzielt als andere Strafen. Bei den letzten Untersuchungen über eine Verbindung zwischen der Todesstrafe und der Anzahl von Tötungsdelikten, die im Auftrag der Vereinten Nationen 1988, 1996 und zuletzt 2002 durchgeführt wurden, kam man zu dem Ergebnis, dass es "keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass die Todesstrafe in höherem Maße abschreckt als eine lebenslange Freiheitsstrafe".


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

- Ich fordere Sie dazu auf, die Parlamentsabgeordneten anzuweisen, die Verfassungsänderung "Constitution Amendment Act Capital Offences 2011" zu verhindern, da sie die Vollstreckung von Hinrichtungen unter Verletzung internationaler Menschenrechtsabkommen und -standards gestatten würde.

- Ich möchte Sie zudem daran erinnern, dass es keinerlei Beweise für die abschreckende Wirkung der Todesstrafe als Mittel zur Kriminalitätsbekämpfung gibt.

- Ich appelliere darüber hinaus an Sie, keines der früher ergangenen Todesurteile zu vollstrecken.

- Weiterhin appelliere ich an Sie, unverzüglich sämtliche gesetzlichen Vorgaben zu ändern, die eine Verletzung internationaler Menschenrechtsstandards darstellen, insbesondere Bestimmungen, die als Strafmaß zwingend die Todesstrafe vorsehen.


APPELLE AN

PREMIERMINISTER UND PARTEIVORSITZENDER
The Honorable Prime Minister
Kamla Persad-Bissessar,
Office of the Prime Minister
13 - 15 St. Clair Avenue, St. Clair
Port of Spain, TRINIDAD UND TOBAGO
(korrekte Anrede: Dear Prime Minister)
Fax: (001 868) 622 00 55

OPPOSITIONSFÜHRER
The Honorable Dr. Keith Rowley
Parliament
Red House P.O. Box 878
25-27 St Vincent Street
Port-of-Spain, TRINIDAD UND TOBAGO
(korrekte Anrede: Dear Sir)
Fax: (001 868) 625 46 72
E-Mail: webmaster@ttparliament.org; administration@ttparliament.org


KOPIEN AN

PRESIDENT OF THE SENATE
Senator the Hon. Timothy Hamel-Smith
Parliament, Red House P.O. Box 878
Port of Spain, TRINIDAD UND TOBAGO
Fax: (+1 868) 6254672
E-Mail: timothyhamel@timothyhamel.com, administration@ttparliament.org

HOHE KOMMISSION VON TRINIDAD UND TOBAGO
(da keine Botschaft in Deutschland)
High Commission of Trinidad and Tobago
42 Belgrave Square
London SW1X 8NT
GROSSBRITANNIEN
Fax: (00 44) 207-823 1065
E-Mail: tthc@btconnect.com


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort.
Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 30. März 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY IN ENGLISH OR YOUR OWN LANGUAGE:

- Asking the Head of the ruling party and the Leader of the opposition to instruct the Members of the Parliament of Trinidad and Tobago to reject the proposed amendment to the Constitution, contained in the Constitution (Amendment) (Capital Offences) Act, 2011, as it would enable executions in violation of international human rights laws and standards;

- Reminding them that there is no convincing evidence that the death penalty deters crime;

- Calling on them to ensure that all people on death row are not executed;

- Calling, pending abolition, to immediately remove all provision in national law which are in breach of international human rights law and standards, in particular by abolishing all provisions which provide for mandatory death sentences.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-030/2011, AI-INDEX: AMR 49/002/2011, DATUM: 16. Februar 2011 - jf
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2011