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AKTION/549: Urgent Action - Jemen - Gefangener schwer krank


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-247/2010-1, AI-Index: MDE 31/005/2011, Datum: 22. Februar 2011 - gs

JEMEN
Gefangener schwer krank

Weitere Informationen zu UA-247/2010 (MDE 31/014/2010, 222. Dezember 2010)


Herr HASSAN BA'OOM, zwischen 70 und 80 Jahre alt

Hassan Ba'oom, führendes Mitglied einer Oppositionsgruppe im Südjemen, wird seit dem 20. Februar ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Amnesty International fürchtet um die Gesundheit des über 70-Jährigen und vermutet, dass er sich allein aufgrund der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft befindet. Er wäre dann als gewaltloser politischer Gefangener zu betrachten.

Hassan Ba'oom wurde am 20. Februar 2011 von den Sicherheitskräften in einem Krankenhaus in Aden festgenommen. Dort hatte er sich wegen einer Beinfraktur in Behandlung befunden. Hassan Ba'oom ist führendes Mitglied der Oppositionsbewegung "Southern Movement" und Vorsitzender einer Gruppierung namens "Supreme National Council for the Liberation of the South". Laut Pressemeldungen hatte er kürzlich dazu aufgerufen, aus Protest gegen die jemenitische Regierung in den südlichen Provinzen einen "Tag des Zorns" zu veranstalten. Nach der Festnahme wurde Hassan Ba'oom vermutlich in ein Militärkrankenhaus nach Aden gebracht und später ins Zentralgefängnis in die Hauptstadt Sanaa überstellt. Er soll sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft befinden. Hassan Ba'oom leidet nach vorliegenden Meldungen an Bluthochdruck, einer Herzkrankheit und Diabetes. Ob er medizinisch versorgt wird, entzieht sich der Kenntnis von Amnesty International.

Hassan Ba'oom war Anfang Januar nach rund zwei Monaten Haft freigelassen worden. Die Sicherheitskräfte hatten ihn am 9. November 2010 festgenommen, als er sich im Südjemen mit dem Auto auf dem Weg von Aden nach al-Dali' befand. Nach der Festnahme war Hassan Ba'oom einige Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten worden. Im Zusammenhang mit Protesten pensionierter SoldatInnen aus dem Süden gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz sowie vergleichsweise niedrige Löhne und Rentenbezüge war Hassan Ba'oom bereits im Jahr 2007 für zwei Monate und im Jahr 2008 für sechs Monate in Haft gehalten worden.

Seit 2007 haben in Aden und an anderen Orten im Südjemen immer wieder Proteste gegen die mutmaßliche Diskriminierung der BewohnerInnen des Südjemen durch die Regierung stattgefunden. In die Proteste fließen zunehmend Forderungen nach einer Abspaltung des Südens ein. Nach Demonstrationen der letzten Wochen in der Metropole Sana'a und anderen Städten, auf denen der Rücktritt des Präsidenten gefordert worden war, haben Demonstrierende in Aden inzwischen einen kompletten Regierungswechsel auf ihre Fahnen geschrieben.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Im südlichen Jemen kommt es seit ungefähr drei Jahren immer wieder zu Protesten. Es begann mit Demonstrationen von pensionierten SoldatInnen aus dem Süden, die sich darüber beschwerten, dass sie hinsichtlich Anstellung, Vergütung und Rentenzahlungen gegenüber den SoldatInnen aus dem Norden benachteiligt werden. Die meisten der pensionierten SoldatInnen gehörten der Armee der ehemaligen Demokratischen Volksrepublik Jemen (Südjemen) an. Nach der Vereinigung des Landes im Jahr 1990 waren die beiden Armeen der Demokratischen Volksrepublik Jemen (Südjemen) und der Arabischen Republik Jemen (Nordjemen) zu den Streitkräften der neuen Republik Jemen zusammengeschlossen worden.

Nach dem Bürgerkrieg von 1994 wurden viele SoldatInnen des früheren Südjemen aus der Armee entlassen. Diese ehemaligen Angehörigen der Streitkräfte, aber auch diejenigen, die noch einen Teil der jetzigen Armee bilden, beklagen eine Benachteiligung gegenüber SoldatInnen des ehemaligen Nordjemen. Aus diesen Protesten scheint die Bewegung "Southern Movement" hervorgegangen zu sein. Es handelt sich dabei um eine Dachorganisation politischer Gruppen, von denen einige eine Abspaltung des Südens anstreben. Die Regierung ist der Überzeugung, dass die gesamte Bewegung für die Unabhängigkeit der südlichen Landesteile eintritt.

Die Bewegung "Southern Movement" hat eine Reihe von Protestveranstaltungen gegen das von ihr wahrgenommene Versagen der Regierung organisiert, der Diskriminierung von Menschen aus dem Südjemen ein Ende zu bereiten. Die Regierung ist gegen die Proteste rigoros eingeschritten. Zahlreiche TeilnehmerInnen wurden von den Sicherheitskräften am Ort oder in der Nähe der Demonstrationen getötet. Vielfach scheint es sich um ungesetzliche Tötungen gehandelt zu haben, da von den Opfern keine Gefahr für das Leben der Einsatzkräfte oder anderer Menschen ausgegangen war. Seit Beginn der Proteste im Jahr 2007 haben die Sicherheitskräfte neben führenden Mitgliedern und AktivistInnen der Bewegung "Southern Movement" auch mehrere tausend Demonstrierende und unbeteiligte PassantInnen festgenommen und inhaftiert, viele von ihnen in willkürlicher Weise. Seit Februar 2011 fordern Protestierende in Aden insbesondere ein Ablösung der Regierung und Rücktritt des Staatspräsidenten. Weitere Demonstrationen in Aden und anderen Teilen des Südjemen verfolgen das Ziel, eine Abspaltung des Südjemen vom übrigen Teil des Landes herbeizuführen.

Die jemenitische Verfassung garantiert das Recht auf freie Meinungsäußerung. Repressive Gesetze und Praktiken höhlen dieses Recht jedoch aus. Zu nennen ist insbesondere das Presse- und Publikationsgesetz aus dem Jahr 1990 sowie die Rechtsprechung des im Mai 2009 eingesetzten Sondergerichts für Presse- und Publikationserzeugnisse. Das Gericht scheint mit dem Ziel tätig zu sein, durch die zügige Aburteilung von Oppositionellen Widerspruch gegen die Politik der Regierung im Keim zu ersticken.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Bitte stellen Sie sicher, dass Hassan Ba'oom unverzüglich die erforderliche medizinische Versorgung erhält.

- Ich appelliere an Sie, ihn vor Folterungen und anderen Misshandlungen zu schützen und ihm den sofortigen und regelmäßigen Kontakt zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl und seiner Familie zu gewähren.

- Wenn er allein aufgrund der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit in Haft gehalten wird, betrachtet Amnesty International ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen und fordert seine sofortige und bedingungslose Freilassung.

- Bitte legen sie offen, welche Anklagen gegen Hassan Ba'oom erhoben werden und stellen Sie sicher, dass ein eventuelles Verfahren gegen ihn internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren entspricht.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
His Excellency 'Ali 'Abdullah Saleh
Office of the President of the Republic of Yemen
Sana'a, JEMEN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 967) 1 274 147

INNENMINISTER
His Excellency Mutaher Rashad al-Masri
Ministry of Interior
Sana'a, JEMEN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 967) 1 332 511,
(00 967) 1 331 899
E-Mail: moi@yemen.net.ye


KOPIEN AN

MENSCHENRECHTSMINISTERIN
Her Excellency Dr Huda Ali Abdullatef Alban
Ministry for Human Rights
Sana'a
JEMEN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 967) 1 444 838, (00 967) 1 419 555,
(00 967) 1 419 700
E-Mail: mshr@y.net.ye

BOTSCHAFT DER REPUBLIK JEMEN
S.E. Herrn Prof. Dr. Mohammed L. Al-Eryani
Budapester Str. 37, 10787 Berlin
Fax: 030-8973 0562
E-Mail: info@botschaft-jemen.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. April 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Calling on the authorities to provide Hassan Ba'oom with all necessary medical treatment without delay;

- Urging the authorities to ensure that Hassan Ba'oom is protected from torture and other ill-treatment, and is allowed prompt and regular access to a lawyer of his choosing and his family;

- Noting that if he is held solely for peacefully exercising his right to freedom of expression and freedom of assembly, Amnesty International would consider him to be a prisoner of conscience and call for his immediate and unconditional release;

- Asking for details of any charges they he faces to be made public, and calling on the authorities to ensure that any legal proceedings against him conforms to international fair trial standards.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-247/2010-1, AI-Index: MDE 31/005/2011, Datum: 22. Februar 2011 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. März 2011