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AKTION/715: Urgent Action - Kenia - Flüchtlingen droht Rückführung nach Eritrea


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-221/2011, AI-Index: AFR 32/004/2011, Datum: 20. Juli 2011 - bs


Kenia
Flüchtlingen droht Rückführung nach Eritrea


Herr TSIGAB ANGOSOM
Herr MUSSIE GHEBREMEDHIN
Frau BISRAT KELETA,
Herr SEMERE SAHLEZGHI
Herr EFREM KIFLU
Herr ZERIA GEBRE
Herr HABTU KIFLAY

Eine Gruppe von sieben eritreischen Flüchtlingen bzw. Asylsuchenden ist in unmittelbarer Gefahr, von Kenia nach Eritrea abgeschoben zu werden. Dort drohen den sechs Männern und einer Frau willkürliche Haft und Folter.

Tsigab Angosom, Mussie Ghebremedhin, Bisrat Keleta, Semere Sahlezghi, Efrem Kiflu, Zeria Gebre und Habtu Kiflay befinden sich in einer Hafteinrichtung auf dem Flughafen Jomo Kenyatta International in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Man verweigert ihnen das Recht, einen Asylantrag zu stellen und hat ihnen mitgeteilt, dass ihre Rückführung unmittelbar bevorsteht.

Die sieben Personen sind Anfang Juli aus unterschiedlichen Orten und an unterschiedlichen Tagen am Flughafen eingetroffen. Sie wollten nach ihrem Eintreffen umgehend Asyl beantragen, was ihnen die Einwanderungsbehörde jedoch mit der Begründung verweigerte, sie seien alle nicht direkt aus Eritrea eingetroffen, sondern über andere Länder eingereist. Zwei Angehörige der Gruppe waren zuvor in anderen Ländern als Flüchtlinge anerkannt worden.

VertreterInnen der Einwanderungsbehörde am Flughafen hatten am 16. Juli entschieden, die Gruppe abzuschieben. Die Männer und eine Frau wehrten sich jedoch gegen die Rückführung durch Schreie und körperlichen Widerstand. Am 18. Juli wurde die Gruppe dann in den Transitbereich des Flughafens gebracht, wo man ihnen mitteilte, ihre Abschiebung stünde unmittelbar bevor. Bisrat Keleta, die einzige Frau aus der Gruppe, wird getrennt von den Männern festgehalten. Die Menschenrechet von nach Eritrea abgeschobenen AsylbewerberInnen werden routinemäßig verletzt, unter anderem drohen ihnen Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, Folter und andere Formen der Misshandlung. Einer der nun von der Abschiebung bedrohten Personen, Tsigab Angosom, war zuvor aus dem Sudan nach Eritrea abgeschoben worden. Er war 2007 an die Behörden Eritreas überstellt worden, wurde sofort in Haft genommen, dort gefoltert, brach nach neun Monaten aus dem Gefängnis aus und floh erneut ins Ausland. Aufgrund seiner Erfahrungen wird deutlich, welche Gefahren den sieben Personen drohen, wenn sie nach Eritrea abgeschoben werden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In der Vergangenheit sind immer wieder nach Eritrea abgeschobene Flüchtlinge und Asylsuchende festgenommen, ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten und gefoltert worden. Besonders betroffen davon sind Personen, die vor dem obligatorischen Militärdienst fliehen wollen. Die Behörden Eritreas betrachten es als Verrat, wenn StaatsbürgerInnen ihres Landes einen Asylantrag stellen. Somit sind rückgeführte AsylbewerberInnen in großer Gefahr, unter dem Vorwurf des Landesverrats inhaftiert zu werden.

Die sechs Männer und eine Frau haben unterschiedliche Gründe, warum sie nicht schon zuvor Anträge auf Asyl gestellt bzw. nicht in den Ländern geblieben sind, in denen sie als Flüchtlinge anerkannt worden waren. Zwei Angehörige der Gruppe sind anerkannte Flüchtlinge. Zwei weitere haben Amnesty International gegenüber erklärt, sie seien als Flüchtlinge in Äthiopien anerkannt worden, hätten aber ihre Papiere verloren. Zwei Mitglieder der Gruppe, die sich zuvor im Sudan aufgehalten hatten, erklärten, sie hätten aufgrund der prekären Sicherheitslage im dortigen Flüchtlingslager Shegerab und der Nähe zur Grenze nach Eritrea Angst gehabt, dort einen Asylantrag zu stellen. Viele eritreische StaatsbürgerInnen sind mit der unsicheren Situation im Sudan konfrontiert.

Die Angehörigen der Gruppe haben gegenüber den kenianischen Behörden erklärt, dort einen Asylantrag zu stellen, was ihnen nach dem Völkerrecht gewährt werden muss. Auf der Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts ist die Tatsache, dass sie nicht zuvor Asylanträge in anderen Ländern gestellt hatten, kein Grund, ihnen dieses Recht in Kenia zu verweigern. Die Gruppe hat weder Zugang zum UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge noch zum kenianischen Ministerium für Flüchtlingsangelegenheiten, um ihre Asylanträge prüfen zu lassen. VertreterInnen von kenianischen Organisationen, die Rechtsberatung leisten, hatten am 17. Juli kurzen Kontakt zu der Gruppe.

Die Abschiebung oder Ausweisung eines Flüchtlings oder einer Person, die einen Asylantrag gestellt hat, über den noch nicht entschieden wurde, stellt einen Verstoß gegen Kenias Verpflichtungen im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 dar. Auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention müssen die kenianischen Behörden die Abschiebungsanordnung für die anerkannten Flüchtlinge aufheben und hinsichtlich der übrigen Personen alle Entscheidungen aussetzen, bis die Asylanträge aller Personen angemessen geprüft worden sind. In Eritrea befinden sich tausende Menschen ohne Kontakt zur Außenwelt in geheimer Haft, ohne zu wissen, wie lange sie festgehalten werden sollen. In den meisten Fällen wird weder Anklage erhoben noch ein Gerichtsverfahren eingeleitet. Sie werden festgenommen, weil die Behörden sie der Opposition zur Regierung verdächtigen, weil sie evangelikalen oder anderen verbotenen Glaubensgemeinschaften angehören, sich dem Militärdienst entzogen oder außer Landes zu fliehen versucht haben. Die in Eritrea herrschenden Haftbedingungen kommen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gleich. Personen, die nicht anerkannten religiösen Gemeinschaften angehören oder sich dem obligatorischen Militärdienst entziehen wollten, sind in besonderer Gefahr.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Bitte schieben Sie die sieben Asylsuchenden Tsigab Angosom, Mussie Ghebremedhin, Bisrat Keleta, Semere Sahlezghi, Efrem Kiflu, Zeria Gebre und Habtu Kiflay und auch keine anderen Flüchtlinge oder Asylsuchenden nach Eritrea ab, weil ihnen dort Folter und andere Menschenrechtsverletzungen drohen.

- Die Tatsache, dass die genannten Personen nicht zuvor Asylanträge in anderen Ländern gestellt hatten, kein Grund ist, ihnen dieses Recht in Kenia zu verweigern. Kenia ist Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und somit verpflichtet, Personen das Recht zu gewähren, Asylanträge zu stellen.

- Stellen Sie bitte sicher, dass die sieben genannten Personen sofort Zugang zum UN-Hochkommissar für Flüchtlinge oder dem Ministerium für Flüchtlingsangelegenheiten in Kenia erhalten, um ihre Asylanträge prüfen zu lassen.

- Kenia ist als Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention und des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verpflichtet, niemanden in ein Land abzuschieben, in dem dieser Person Folter oder andere Menschenrechtsverletzungen drohen.


APPELLE AN

LEITER DER EINWANDERUNGSBEHÖRDE
Ambassador Albert A. Musasia
Nyayo House
P. O. Box 30191 - 00100
NAIROBI, KENIA
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax (00 254) 20 220 731
E-Mail: dis@immigration.go.ke

BEAUFTRAGTER FÜR FLÜCHTLINGSANGELEGENHEITEN
Mr. Badu Katelo
Castle House, James Gichuru Road,
P.O. Box 42227-00100
NAIROBI, KENIA
(korrekte Anrede: Dear Commissioner / Sehr geehrter Herr Katelo)
Fax: (00 254) 20 804 79 23


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KENIA
S.E. Herrn Kennedy Nyauncho Osinde
Markgrafenstraße 63, 10969 Berlin
Fax: 030-2592 6650
E-Mail: office@embassy-of-kenya.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. August 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY:

- Urging the authorities not to forcibly return the seven asylum-seekers (naming them), or any other refugees or asylum-seekers, to Eritrea, where they would be at risk of torture and other serious human rights violations.

- Remind the authorities that failure to previously claim asylum in another country does not negate the right of the group members to do so in Kenya under the 1951 Refugee Convention, to which Kenya is party.

- Urging them to ensure that the seven Eritrean refugees and asylum-seekers are given immediate access to the Office of the UN High Commissioner for Refugees or the Department of Refugee Affairs to assess their asylum claims.

- Urging them to respect Kenya's obligations under the 1951 Refugee Convention and the UN Convention Against Torture not to forcibly return asylum-seekers to countries where they would be at risk of torture and other serious human rights abuses.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

In Eritrea befinden sich tausende Menschen ohne Kontakt zur Außenwelt in geheimer Haft, ohne zu wissen, wie lange sie festgehalten werden sollen. In den meisten Fällen wird weder Anklage erhoben noch ein Gerichtsverfahren eingeleitet. Sie werden festgenommen, weil die Behörden sie der Opposition zur Regierung verdächtigen, weil sie evangelikalen oder anderen verbotenen Glaubensgemeinschaften angehören, sich dem Militärdienst entzogen oder außer Landes zu fliehen versucht haben. Die in Eritrea herrschenden Haftbedingungen kommen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gleich. Personen, die nicht anerkannten religiösen Gemeinschaften angehören oder sich dem obligatorischen Militärdienst entziehen wollten, sind in besonderer Gefahr.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-221/2011, AI-Index: AFR 32/004/2011, Datum: 20. Juli 2011 - bs

Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2011