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AFRIKA/471: Äthiopien - Oppositionsführer droht Todesurteil! UN sollen sich für Freilassung einsetzen


Presseerklärung vom 7. Juli 2014

Äthiopischem Oppositionsführer droht Todesurteil

Europa und Vereinte Nationen sollen sich für die Freilassung politischer Gefangener in Äthiopien einsetzen



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die Europäische Union und die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay aufgefordert, das Schicksal des verschwundenen äthiopischen Oppositionsführers Andargarchew Tsige aufzuklären und seine Freilassung durchzusetzen. "Wir sind in ernster Sorge um das Leben dieses prominentesten Sprechers eines demokratischen Äthiopien", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Auch für die Freilassung der 17 muslimischen Äthiopier, die wegen ihrer Kritik an der Religionspolitik der Regierung inhaftiert sind und wegen angeblichem Terrorismus angeklagt werden sollen, müssen sich Europa und die UN einsetzen. Sie dürfen nicht unwidersprochen zusehen, wie Äthiopien systematisch seine Antiterror-Gesetze missbraucht, um unliebsame Kritiker zum Schweigen zu bringen."

Tsige wurde am 24. Juni 2014 beim Transit auf dem Flughafen Sana'a im Jemen verhaftet. Äthiopien forderte seine Auslieferung. Offiziell ist sein Aufenthaltsort ungeklärt, doch seine Ginbot-7-Bewegung erklärte am Wochenende, er sei nach Äthiopien gebracht worden. Dem Oppositionspolitiker droht ein Antiterror-Verfahren, mindestens eine langjährige Haftstrafe oder sogar das Todesurteil.

Tsige ist Generalsekretär der in Äthiopien verbotenen Ginbot-7-Bewegung. Die Gruppe setzt sich für eine Demokratisierung Äthiopiens, für die Beachtung bürgerlicher Grundrechte, für gute Regierungsführung und für ein Ende der Marginalisierung einzelner ethnischer oder religiöser Gruppen ein. Sie wird daher von der autoritär regierenden EPRDF besonders gefürchtet und als Terrorbewegung diskreditiert und kriminalisiert. Führende Regimekritiker, wie der prominente Journalist Eskinder Nega, wurden wegen angeblicher Verbindungen zu Ginbot 7 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Schon 2012 wurde gegen Tsige, der in Großbritannien lebt und britischer Staatsbürger ist, in Abwesenheit ein Ermittlungsverfahren wegen "terroristischer Straftaten" eingeleitet. "Die EU darf nicht hinnehmen, dass Äthiopien die Rechte europäischer Staatsbürger mit Füßen tritt und sie nach Belieben wegsperrt und mundtot macht", erklärte Delius. "Tsige kann in Äthiopien nicht mit einem fairen Verfahren rechnen. Wenn er verurteilt wird, wäre dies ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen um eine Demokratisierung Äthiopiens."

Hunderte Muslime haben am vergangenen Wochenende in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba erneut für die Freilassung ihrer verhafteten Religionsführer protestiert. Die 17 Männer waren im August 2013 in Gewahrsam genommen worden, nachdem es massive Proteste der Muslime gegen die Einmischung des äthiopischen Staates in innere Angelegenheiten der Glaubensgemeinschaft gegeben hatte. Muslime stellen rund 34 Prozent der Bevölkerung des Landes.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 7. Juli 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2014