Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

AFRIKA/476: Nigeria - Schülerinnen seit 150 Tagen in der Gewalt von Boko Haram


Presseerklärung vom 12. September 2014

219 Schülerinnen seit 150 Tagen in der Gewalt ihrer Entführer
650.000 Menschen auf der Flucht vor Boko-Haram-Terror:

Nigerias Politik und Militär versagen beim Kampf gegen Boko Haram
Extremisten sind weiter auf dem Vormarsch



In Nigeria sind die Boko-Haram-Terroristen weiter auf dem Vormarsch. 150 Tage nach der gewaltsamen Entführung von hunderten Schülerinnen durch die Extremisten hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) der nigerianischen Regierung und Sicherheitskräften am Freitag Versagen beim Schutz der Zivilbevölkerung vor dem Terror der radikal islamistischen Sekte vorgeworfen. "Von 219 verschleppten Schülerinnen aus Chibok fehlt bis heute jedes Lebenszeichen", berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Nigerias Polizei, Armee und Regierung hätten vollmundig immer wieder ihre baldige Befreiung angekündigt, doch nichts sei passiert. "Das tragische Schicksal der Chibok-Schülerinnen ist typisch für die Lage der gesamten Zivilbevölkerung. Nord-Nigeria droht ein Flächenbrand wie im Norden des Irak."

Denn Boko Haram ist immer besser bewaffnet und drängt Nigerias Armee ständig weiter zurück. Die Kämpfer der Sekte sind heute nicht mehr nur mit Geländewagen unterwegs, sondern setzen wie eine konventionelle Armee Schützen- und Kampfpanzer sowie schwere Waffen ein. So konnte die Terrorgruppe seit Juli 2014 allein im Bundesstaat Borno sieben Städte einnehmen. Bis auf 70 Kilometer hat sie sich der Millionenstadt Maiduguri genähert, in der hunderttausende Flüchtlinge aus Nord-Nigeria Zuflucht gesucht haben. Seit Januar 2014 sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen mindestens 650.000 Menschen vor dem Boko-Haram-Terror geflohen. Andere Schätzungen gehen von bis zu 3,3 Millionen neuen Flüchtlingen aus.

Nigerias Regierung und Armee bemühen sich, Zuversicht auszustrahlen und kündigen regelmäßig die Zerschlagung Boko Harams an. "Die Wirklichkeit sieht jedoch ganz anders aus. Die Terrorgruppe ist heute stärker denn je und führt Nigerias Regierung und Streitkräfte in ihrem ganzen Unvermögen vor. Statt gemeinsam nach Lösungen im Kampf gegen die Terrorgruppe und für einen wirksameren Schutz der Zivilbevölkerung zu suchen, instrumentalisieren Nigerias Politiker den Terror für ihre politischen Zwecke und für den Wahlkampf vor den Präsidentschaftswahlen im Februar 2015", kritisierte Delius und warnte: "Wenn Nigerias Politik auf die Herausforderung Boko Haram nicht endlich glaubwürdig antwortet, könnte die Terrorgruppe zu einer akuten Bedrohung für den Fortbestand von Westafrika bedeutendstem Staat werden."

*

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 12. September 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2014