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AFRIKA/547: Burundi - Verdacht auf willkürliche Hinrichtungen durch staatliche Sicherheitskräfte


Presseerklärung vom 13. Dezember 2015

Eskalierende Gewalt in Burundi:
Verdacht auf willkürliche Hinrichtungen durch staatliche Sicherheitskräfte

UN-Menschenrechtsrat soll unabhängige Untersuchungskommission einsetzen


Nach dem gewaltsamen Tod von mindestens 87 Menschen am Wochenende in Burundi hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte gefordert. Die Menschenrechtsorganisation appellierte an die Mitgliedstaaten des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, bei ihrer Sondersitzung zu Burundi am kommenden Donnerstag ein entsprechendes Mandat zu erteilen. "Augenzeugenberichte deuten auf willkürliche Hinrichtungen von jungen Menschen durch staatliche Sicherheitskräfte hin. Dringend müssen diese schweren Vorwürfe zeitnah untersucht und die eilig verscharrten Leichname der Getöteten exhumiert werden, um die Verantwortlichen für die Tötungen zur Rechenschaft zu ziehen und eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Die jüngste Gewalt wird den Massenexodus vieler um ihr Leben fürchtender junger Menschen schüren. Die Angst vor einem Bürgerkrieg und vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat in Burundi an diesem Wochenende massiv zugenommen."

"Der UN-Menschenrechtsrat darf sich angesichts des gezielten Schürens ethnisch motivierter Gewalt nicht mit einer einfachen Verurteilung der Übergriffe und mit einem Appell zur Zurückhaltung an die Konfliktparteien begnügen." Die USA hatten am Freitag letzter Woche förmlich mit Unterstützung von 42 weiteren Staaten die Einberufung einer Sondersitzung des UN-Menschenrechtsrates beantragt. Auch der Weltsicherheitsrat beschäftigte sich am Freitag letzter Woche mit der dramatischen Zuspitzung der Burundi-Krise und begrüßte ausdrücklich die Initiative des UN-Menschenrechtsrates.

Die Armee machte Angriffe von bewaffneten oppositionellen Gruppen auf drei Militärstützpunkte für die neue Gewalt verantwortlich, bei denen am letzten Freitag 79 Angreifer sowie vier Polizisten und vier Soldaten getötet worden seien. Augenzeugen in der Hauptstadt Bujumbura berichten hingegen, Sicherheitskräfte hätten nach den Angriffen wahllos Jagd auf junge Menschen in Stadtvierteln gemacht, deren Bewohner der Opposition nahestehen. Die jungen Leute seien auf die Straße getrieben und zum Teil noch mit gefesselten Händen erschossen worden. Viele der Getöteten hatten schwerste Kopfverletzungen, die darauf hindeuten, dass sie aus unmittelbarer Entfernung erschossen wurden. "Viele Indizien deuten darauf hin, dass die Erschossenen gezielt hingerichtet wurden", erklärte Delius. Mindestens 46 Leichname wurden von Augenzeugen in den Straßen Bujumburas gezählt. Die Identität der Getöteten konnte bislang nicht festgestellt werden, da Sicherheitskräfte mit Warnschüssen die Bergung der Opfer durch Bewohner der Stadtviertel verhinderten. Schließlich wurden die Leichname von städtischen Mitarbeitern in Massengräbern verscharrt. Selbst das Rote Kreuz, das schließlich Zugang zu den Vierteln bekam, in denen die Tötungen stattfanden, konnte keine Angaben zu den Opfern machen.

Nach UN-Angaben sind seit April 2015 mindestens 371 Menschen politisch motivierter Gewalt in Burundi zum Opfer gefallen. Burundische Menschenrechtsorganisationen gehen hingegen von bereits 601 Toten seit Januar 2015 aus.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. Dezember 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Dezember 2015

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