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AFRIKA/578: Mali - Rätselhafter Todesfall in UN-Gewahrsam, unabhängige Untersuchung gefordert


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Pressemitteilung vom 26. Mai 2016

Mali: Tuareg stirbt im Gewahrsam von UN-Friedenstruppen

Menschenrechtler fordern unabhängige Untersuchung eines rätselhaften Todesfalls


Nach dem gewaltsamen Tod eines Tuareg-Hirten im Gewahrsam von UN-Friedenstruppen im Norden Malis hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine unabhängige Untersuchung des rätselhaften Falles gefordert. "Nach den Vertuschungsversuchen von sexuellen Übergriffen von Blauhelm-Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik müssen die Vorfälle in Mali besonders ernst genommen werden. Denn die Glaubwürdigkeit der UN-Friedenstruppen steht auf dem Spiel. Dies kann auch ernste Folgen für die Sicherheit der deutschen Blauhelm-Soldaten in Mali haben", erklärte die GfbV in einem Schreiben an den UN-Hochkommissar für Menschenrechte Zeid Ra'ad Al Hussein. Die UN haben bisher nur eine interne Untersuchung angeordnet.

Berichte von Augenzeugen legen den Verdacht nahe, dass der Tuareg-Hirte Almostapha Ag Intisinyiken im Rahmen einer Vergeltungsaktion Opfer von Misshandlung und Folter wurde. Am 18. Mai waren im Norden Malis fünf Blauhelm-Soldaten aus dem Tschad von mutmaßlichen islamistischen Extremisten ermordet worden. UN-Soldaten aus dem Tschad hatten daraufhin die Verfolgung der mutmaßlichen Täter aufgenommen und am Tag darauf drei Tuareg-Zivilisten in Gewahrsam genommen.

Der ebenfalls festgenommene Sohn des getöteten Hirten berichtete, wie die UN-Soldaten mit ihm, seinem Vater und einem dritten Tuareg umgegangen seien. Sein Vater, der niemals Probleme mit der Justiz gehabt habe, sei von den UN-Soldaten geschlagen und gedrängt worden einzuräumen, dass er an der Ermordung der fünf Blauhelm-Soldaten beteiligt gewesen sei. Vergeblich hätten die Festgenommenen ihre Unschuld beteuert und den UN-Soldaten berichtet, dass sie gesehen hätten, wie die mutmaßlichen Täter auf Motorrädern davongerast seien. Die Soldaten hätten seinen Vater mitgenommen. Da habe er noch gelebt. Nach dem Tod des alten Mannes wurden die beiden jüngeren Hirten freigelassen.

Die Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass der getötete Hirte Opfer eines unangemessenen Einsatzes von Gewalt der UN-Soldaten aus dem Tschad wurde. "Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, dann müssen die Verantwortlichen für diese Gewalt juristisch zur Rechenschaft gezogen werden", forderte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Die Blauhelm-Soldaten aus dem Tschad sind sowohl für ihre große Kampferfahrung und Effektivität, als auch für ihre Grausamkeit bekannt. Regelmäßig berichten Tuareg von massiven Übergriffen von Soldaten aus dem Tschad gegen Zivilisten im Norden Malis.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. Mai 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Mai 2016

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