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ASIEN/218: Merkel in China erwartet - Menschenrechte nicht tabuisieren!


Presseerklärung vom 23. August 2007

Bundeskanzlerin Merkel in China erwartet (26.8.):

Glaubwürdig bleiben - Menschenrechte nicht tabuisieren!


Bundeskanzlerin Angela Merkel soll bei ihrer am Sonntag beginnenden China-Reise die massiven Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik nicht tabuisieren, sondern offen ansprechen. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einem dringenden Schreiben an die Bundeskanzlerin am Donnerstag gefordert. Da die Bundesregierung seit Jahren mit Nachdruck betone, dass sie sich zwar nicht für die Unabhängigkeit Tibets, jedoch für die Erhaltung der traditionellen tibetischen Kultur und Religion engagiere, dürfe Merkel nicht schweigen.

"Jetzt muss die Bundesregierung glaubwürdig zu ihrem Wort stehen und einen wirksameren Schutz dieser Jahrtausende alten Kultur fordern, denn diese ist durch Chinas Politik akut von der Vernichtung bedroht", heißt es in dem GfbV-Schreiben. Die Ansiedlung von hunderttausenden neuen chinesischen Siedlern in Tibet, die Zwangsumsiedlung von 700.000 tibetischen Nomaden, neue Restriktionen bei der Ausübung des tibetischen Buddhismus sowie eine Verstärkung der Repression gegen buddhistische Nonnen und Mönche und Einschränkungen des Unterrichts in der tibetischen Sprache erzeugten einen immer massiveren Druck auf die tibetische Bevölkerung. Tibet sei in 15 Jahren zerstört, wenn China die systematische Sinisierung Tibets weiter ungehindert vorantreiben könne, warnte jüngst der Dalai Lama. Immer häufiger komme es zu Zusammenstößen zwischen eingewanderten chinesischen Siedler und Tibetern, da die seit alters her ansässige tibetische Bevölkerung in Wirtschaft und Gesellschaft systematisch benachteiligt werde.

Chinas Nationalitäten-Politik stehe auch im benachbarten Xinjiang (Ostturkestan) vor einem Scherbenhaufen, da die dort lebenden muslimischen Uiguren systematisch kriminalisiert würden, wenn sie ihre verfassungsmäßig garantierten Rechte einforderten, kritisiert der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Mit willkürlichen Verhaftungen, Schließungen von Moscheen und Koran-Schulen, Bücherverbrennungen, staatlich verordneten Umerziehungskursen für muslimische Geistliche und der Ansiedlung von hunderttausenden Han-Chinesen schüre die chinesische Regierung ein Klima der Gewalt, Willkür und des Misstrauens. Auch die acht Millionen Uiguren fürchteten eine Zerstörung ihrer traditionellen Kultur, da China systematisch die Bevölkerungsstruktur der Autonomen Region Xinjiang verändere.

"Die Tibeter und Uiguren brauchen dringend Fürsprecher aus dem Ausland, da sie in China über ihre dramatische Lage weder in den Medien noch im Internet informieren dürfen", sagt der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. So sehe eine neue Medienverordnung jahrelange Haftstrafen für die Verbreitung von Nachrichten vor, die "nicht der Wahrheit entsprechen" oder "das friedliche Zusammenleben der Völker gefährden".

Der letzte hochrangige deutsche Staatsgast in Peking, Bundespräsident Horst Köhler, hatte bei seinem Besuch im Mai 2007 Menschenrechtsthemen gemieden, nachdem sich die chinesische Regierung über eine kritische Resolution des Bundestages beschwert hatte.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen/Berlin vom 23. August 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2007