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ASIEN/234: Osttimor - Attentatsversuch auf Präsident Ramos-Horta


Presseerklärung vom 12. Februar 2008

Attentatsversuch auf Präsident Ramos-Horta

Osttimor drohen neue Unruhen


Nach dem versuchten Attentat auf Osttimors Staatspräsident José Ramos-Horta am Montagvormittag warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eindringlich vor neuen Unruhen in der Inselrepublik. "Die Schüsse auf den Friedensnobelpreisträger markieren einen neuen Tiefpunkt in der Geschichte der jungen Demokratie Osttimor", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Der Attentatsversuch werde alle Bemühungen um einen politischen Ausgleich zwischen der Regierung Osttimors und ihren Kritikern erschweren. "Es ist besonders tragisch, dass gerade Ramos-Horta Zielscheibe der Attentäter um den Rebellenchef Alfredo Alves Reinado wurde, denn der Präsident hatte nie für ein hartes militärisches Vorgehen gegen die Aufständischen plädiert, sondern das Gespräch mit ihnen gesucht". Noch im Herbst 2007 habe Reinado gegenüber Ramos Horta die Aufgabe des bewaffneten Kampfes abgelehnt. "Das Attentat ist nicht nur ein schwerer Rückschlag für die Demokratie in Osttimor, sondern auch für alle Bemühungen die Spaltung der Gesellschaft in dem bitterarmen und von den Folgen des Jahrzehnte langen indonesischen Völkermords gezeichneten Landes zu überwinden", mahnte Delius.

Der ehemalige Premierminister und Außenminister Osttimors hat einen Bauchschuss erlitten und wurde inzwischen zur medizinischen Behandlung nach Australien ausgeflogen. Mehr als 20 Jahre lang hatte die GfbV Ramos-Hortas Bemühungen um den Aufbau eines unabhängigen Staates Osttimor unterstützt.

Rebellenführer Reinado wurde bei dem Attentatsversuch getötet. Der ehemalige Chef der Marine und Kommandant einer Einheit der Militärpolizei war am 4. Mai 2006 desertiert und in die Berge Osttimors gegangen. Dort hatte er sich zum Sprecher von 600 früheren Soldaten ernannt, die sich wegen schlechter Arbeitsbedingungen und mangelnder Beförderungschancen aus der Armee abgesetzt hatten. Ihr Protest gegen die damals amtierende Regierung unter dem umstrittenen Premierminister Mari Alkatiri führte im Frühjahr 2006 zu schweren Unruhen, bei denen mehr als 30 Menschen getötet wurden und 150.000 Einwohner der Hauptstadt flohen. Der charismatische Rebellenführer ist in der Zivilbevölkerung aufgrund seines Protests gegen Korruption und Vetternwirtschaft sehr beliebt, obwohl er wegen seiner Verwicklung in Schießereien steckbrieflich gesucht wird.

Reinado war am 25. Juli 2006 mit Gefolgsleuten verhaftet worden, am 30. August 2006 jedoch aus dem Gefängnis geflohen. Die vielen vergeblichen Versuche australischer Soldaten, den Rebellenführer zu verhaften, machten die Schutzmacht Osttimors zum Gespött der Bevölkerung.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 12. Februar 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2008