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ASIEN/511: China - 27 Menschen sterben bei neuer Gewalt im Nordwesten des Landes


Presseerklärung vom 26. Juni 2013

China: 27 Menschen sterben bei neuer Gewalt im Nordwesten des Landes:

- Chinas Regierung hat nichts gelernt aus den blutigen Unruhen im Jahr 2009
- Xinjiang gleicht einem Pulverfass



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) verurteilt die Gewalteskalation im Nordwesten Chinas. Dort sind bei einem Angriff aufgebrachter Uiguren auf eine Polizeiwache und ein Büro der Kommunistischen Partei in Lukqun am Mittwochmorgen 27 Menschen getötet worden. "Diese tragische Entwicklung kommt jedoch nicht überraschend, da Chinas Behörden nichts gelernt haben aus den blutigen Unruhen im Juli 2009, als in Urumtschi mehr als 200 Uiguren und Han-Chinesen starben", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Statt nach den Ursachen der Unzufriedenheit unter der muslimischen Minderheit zu fragen, setzt Peking nur auf noch mehr Unterdrückung und Verfolgung. Deshalb gleicht die Provinz Xinjiang einem Pulverfass." Razzien, willkürliche Verhaftungen, unfaire Gerichtsverfahren sowie die systematische Unterdrückung der Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit schürten ein Klima der Angst und Gewalt.

Scharf kritisierte die GfbV die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua, die die aufgebrachten Uiguren als "Messer schwingenden Mob" bezeichnete. Bei dem Angriff seien neun Polizisten, acht Zivilisten und zehn uigurische Angreifer getötet worden. "Mit so einer hetzerischen Berichterstattung schüren Chinas staatliche Medien den Hass von Han-Chinesen auf Uiguren", sagte Delius. "Statt sachlich über die tragische Gewalt und ihre Hintergründe zu berichten, werden erneut Emotionen und Ängste geschürt, so dass die Spirale der Gewalt angeheizt wird."

Die GfbV erinnerte daran, dass erst in der vergangenen Woche erneut 19 Uiguren aus religiösen Gründen zu Haftstrafen bis zu sechs Jahren verurteilt wurden. Den Beschuldigten wurde religiöser Extremismus vorgeworfen, weil sie von Webseiten ausländischer Menschenrechtsorganisationen Informationen über Menschenrechtsverletzungen an Uiguren heruntergeladen und verbreitet oder religiöse Texte im Internet aufgerufen und ausgedruckt hatten.

Im April 2013 waren 21 Menschen bei schweren Unruhen im Süden der autonomen Region Xinjiang, die von Uiguren Ostturkestan genannt wird, getötet worden. Die staatliche Parteiführung hatte danach zwar noch mehr Sicherheitskräfte in die Unruheregion entsandt, in der Öffentlichkeit aber die Sorge vor weiterer Gewalt heruntergespielt. So erklärte der stellvertretende Gouverneur Xinjiangs, Shi Dagang, noch Ende Mai 2013 in Interviews, die Minderheit in Xinjiang würde doch viel lieber tanzen und singen, als Unruhe zu verbreiten. "Der Realitätsverlust des Gouverneurs ist erschreckend angesichts der eskalierenden Gewaltspirale", erklärte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 26. Juni 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
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Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2013