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ASIEN/588: China - Scharfe Kritik an Todesurteilen gegen 27 Uiguren


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Presseerklärung vom 13. Oktober 2014

China: 27 Uiguren zum Tode verurteilt - Scharfe Kritik an Willkürurteilen - Unabhängige Untersuchung gefordert



Mit Entsetzen und scharfer Kritik hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) darauf reagiert, dass am heutigen Montag in China 27 Uiguren zum Tode verurteilt wurden. "Aufgrund von Augenzeugenberichten gibt es berechtigte Zweifel an der offiziellen Darstellung des Tatgeschehens, das offiziell als "Angriff" auf eine Polizeistation dargestellt wird", erklärte der GfbV-Asienexperte Ulrich Delius in Göttingen und kritisierte: "Chinas Ermittlungsbehörden haben nicht einmal eine unabhängige Untersuchung der Hintergründe der Gewalteskalation in Xinjiang/Ostturkestan Ende Juli gestattet. Mit solchen Willkürurteilen schafft die Justiz Chinas kaum mehr Vertrauen in die Gerichtsbarkeit."

Ein Gericht in Kashgar hat am heutigen Montag zwölf Uiguren zum Tode verurteilt. Die Vollstreckung von 15 Todesurteilen gegen Angehörige der muslimischen Minderheit setzte es für zwei Jahre aus. Neun Beschuldigte erhielten lebenslange Haftstrafen. 20 Personen wurden zu Gefängnisstrafen zwischen vier und 20 Jahren verurteilt. Nur zwei Angeklagte wurden auf Bewährung in die Freiheit entlassen. Alle Beschuldigten waren für den gewaltsamen Tod von 37 Personen in der Stadt Elishku im Bezirk Yarkand in Xinjiang/Ostturkestan am 28. Juli 2014 verantwortlich gemacht worden.

"Die Ermittlungsbehörden sind jede ernst zu nehmende Antwort auf die Berichte von Augenzeugen schuldig geblieben, die nicht von einem angeblichen "Terrorangriff" auf eine Polizeistation erzählten, sondern von der blutigen Niederschlagung einer zunächst friedlichen Demonstration", sagte Delius. Nach GfbV-Erkenntnissen wurde die Demonstration wieder einmal dadurch ausgelöst, dass Polizisten die Religionsfreiheit verletzten.

Bei einer Hausdurchsuchung soll ein Polizist den Schleier einer Muslimin gegen ihren Willen angehoben haben. Als ihre Familienangehörigen dagegen protestierten, kam es zu einem Handgemenge, bei dem fünf Mitglieder der Familie getötet wurden. Als die Dorfbewohner daraufhin vor der Polizeiwache öffentlich gegen die Gewalt protestierten, eröffneten verunsicherte Polizisten das Feuer auf sie und töteten eine bislang unbekannte Zahl von Menschen. Uigurische Exil-Kreise sprechen von mehr als 2.000 Toten. Auch in der Region lebende Han-Chinesen gehen davon aus, dass nicht wie offiziell verkündet 37 Personen, sondern weit mehr als hundert Menschen getötet wurden.

"Aus diesem Massaker an Uiguren nun einen Terrorangriff uigurischer Extremisten zu konstruieren, ist zynisch und auch nicht förderlich für ein besseres Verhältniszwischen Uiguren und Han-Chinesen", erklärte Delius.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. Oktober 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2014