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ASIEN/644: China startet Frontalangriff auf weltweite Internetfreiheit


Presseerklärung vom 25. September 2015

Chinas Staatspräsident bekräftigt vor weltgrößten Internet-Unternehmen Machtanspruch auf Kontrolle des Internets

- Cyber-Attacken sind nur der Anfang
- China startet Frontalangriff auf weltweite Internetfreiheit


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat China einen Frontalangriff auf das weltweit freie Internet vorgeworfen. "China wird sich nicht mit Cyber-Angriffen und der Verhaftung von kritischen Bloggern im eigenen Land begnügen, sondern strebt nach totaler Kontrolle des Internets durch Staaten. Dies ist ein Frontalangriff auf die weltweite Freiheit des Netzes, der endlich ernst genommen und gestoppt werden muss", erklärte der China-Experte der GfbV Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Denn mit seinem Streben nach absoluter Machtkontrolle über das Internet verstößt China gegen den Geist des Internets und seiner Entwickler, für die die Meinungsfreiheit zu den wichtigsten Prinzipien zählt."

Chinas Staatspräsident X Jinping hat im Rahmen seines zurzeit stattfindenden Besuches in den USA vor den weltgrößten Internet-Unternehmen in Seattle den Machtanspruch seines Landes auf eine Kontrolle des Internets bekräftigt. So betonte er, jedes Land müsse die Nutzung des Internets gemäß seiner "nationalen Bedingungen" gestalten. Dahinter steht Chinas Vision eines von nationalen Regierungen kontrollierten weltweiten Internets, in dem es für nichtstaatliche Akteure keine Freiräume mehr gibt. Dieser Vision zufolge soll der jeweilige Staat sowohl den Zugang zum Netz als auch dessen Nutzung detailliert regeln und überwachen können. "Dies wäre der Sargnagel für die Internetfreiheit der Welt, da China in anderen repressiven Staaten wie Russland willfährige Partner für diese repressive Politik findet. Auch der Machtanspruch des amerikanischen Nationalen Sicherheitsdienstes NSA geht in diese Richtung", erklärte Delius.

Xi JInping macht mit seinem Auftritt vor den bedeutendsten Internet-Managern der Welt auch international deutlich, dass Internetnutzung keine Privatsache ist, sondern der absoluten Kontrolle des Staates unterliegt. "Nun wird es darauf ankommen, inwieweit führende Internet-Unternehmen aus kurzfristigen Wirtschaftsinteressen ihre Grundprinzipien aufgeben, um mehr Zugang zum lukrativen chinesischen Markt zu bekommen", erklärte Delius.

Dutzende inhaftierte uigurische und tibetische Blogger und Web-Administratoren haben mit ihrer Verurteilung zu langjährigen Haftstrafen schon zu spüren bekommen, wie ernst es Chinas Kommunistischer Partei mit der totalen Kontrolle über das Internet ist. So wurde der uigurische Professor Ilham Tohti zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er im Internet um Verständigung zwischen der Mehrheitsbevölkerung der Han und unterdrückten Uiguren warb. Die GfbV hat in einem im März 2015 veröffentlichten 77 seitigen Menschenrechtsreport zur Verweigerung der Internetfreiheit in China dokumentiert, wie das Land mit einem aufgeblähten Zensurapparat und zunehmenden Einschränkungen des Zugangs und des Austauschs im Internet und den sozialen Medien eine digitale Mauer errichtet. Außerdem wurden in dem Report 77 Einzelschicksale inhaftierter Blogger, Online-Journalisten und Internet-Autoren dargestellt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 25. September 2015
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2015

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