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ASIEN/654: Pakistan - Warnung vor neuer Welle der Gewalt gegen Schiiten


Presseerklärung vom 5. Januar 2016

Nach der Hinrichtung von Schiiten in Saudi-Arabien:
Auch in Pakitstan droht schiitischer Minderheit Gewalt sunnitischer Extremisten


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor neuer Gewalt sunnitischer Extremisten gegen Schiiten in Pakistan und fordert einen besseren Schutz der dort seit Jahren massiv bedrängten religiösen Minderheit der Hazara. "Es gibt schon erste Anzeichen dafür, dass radikale Sunniten die eskalierenden Spannungen zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und dem überwiegend schiitischen Iran auf Pakistan übertragen und den Druck auf die Schiiten erhöhen, um sie aus dem Land zu treiben", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "So wurden am Montag im Hazara-Viertel der Stadt Quetta zwei Polizisten von Unbekannten auf offener Straße erschossen. Diese Bluttat kann der Auftakt für eine neue Welle der Gewalt sein. Denn die radikalen Sunniten in Pakistan ignorieren, dass es sich bei dem Streit zwischen Saudi-Arabien und dem Iran um einen politischen Machtkampf handelt und nicht um einen religiösen Streit."

Die Morde an den beiden Polizisten setzen nach GfbV-Angaben die Kette von Gewaltverbrechen an Schiiten in Pakistan fort. Im November 2015 waren dort sechs Hazara von sunnitischen Extremisten ermordet worden. Am 19. Oktober 2015 hatte es in Quetta einen Anschlag auf einen Bus gegeben, bei dem elf Hazara getötet und 22 Personen verletzt wurden. Allein in den ersten fünf Monaten 2015 wurden 42 Terroranschläge gegen die schiitische Minderheit gezählt, bei denen mehrere hundert Menschen getötet oder verletzt wurden. Am schlimmsten war die Gewalt zwischen November 2012 und Juli 2014. In diesem Zeitraum wurden 359 Übergriffe sunnitischer Extremisten auf Schiiten in Pakistan registriert. 833 Angehörige der religiösen Minderheit starben und 1.221 Menschen wurden verletzt.

Die Hazara empfinden die Gewalt nicht nur als lebensbedrohlich, sondern auch als massive Verletzung ihrer Religionsfreiheit. Den Behörden werfen sie vor, radikale sunnitische Organisationen nur halbherzig zu bekämpfen.

Quetta gilt mit 600.000 Hazara-Bewohnern als Siedlungszentrum der aus Afghanistan zugewanderten ethnischen und religiösen Minderheit. Auch in Afghanistan werden Hazara oft Opfer von Übergriffen der radikal-islamischen Taliban. Rund 95 Prozent der 190 Millionen Bewohner Pakistans sind Muslime, unter denen die Schiiten mit 25 Prozent eine Minderheit darstellen. Auch Christen, Ahmadiyyah-Muslime, Hindus, Sikhs, Bahai'i und Buddhisten leiden unter Übergriffen sunnitischer Extremisten sowie unter der Diskriminierung durch die Behörden.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 5. Januar 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Januar 2016

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