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ASIEN/680: Burma/Myanmar - Streit um Rohingya-Minderheit, Proteste gegen früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan


Presseerklärung vom 6. September 2016

Streit um Rohingya-Minderheit in Burma/Myanmar

Proteste gegen früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die Proteste buddhistischer Nationalisten in Burma gegen den Besuch des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan scharf kritisiert. "Die Proteste sind vollkommen überzogen und unangebracht, weil kaum zu erwarten ist, dass die von Kofi Annan geführte Kommission zur Lösung der Konflikte im Rakhine Staat eine schnelle Änderung des Status der Rohingya bringen wird", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Denn die Kommission soll erst in einem Jahr ihre Empfehlungen vorlegen, die im übrigen für die Regierung nicht bindend sind und sich an dem menschenverachtenden Staatsbürgerschaftsgesetz von 1982 orientieren müssen." Kofi Annan war heute von wütenden Demonstranten bei seinem ersten Besuch in der Provinz Rakhine empfangen worden. Die protestierenden buddhistischen Rakhines unterstellen Annan Parteilichkeit zugunsten der muslimischen Minderheit. Auch verweigerte die in dem Bundesstaat dominante Arakan National Party aus Protest jeden Dialog mit Annan.

"Auch der gute Ruf bekannter internationaler Persönlichkeiten kann keinen mangelnden politischen Willen zur Beendigung einer Apartheid-ähnlichen Diskriminierung ersetzen. Solange Burmas Regierung nicht ihre gezielte Politik der Ausgrenzung und Entrechtung der Rohingya aufgibt und sich aktiv um Versöhnung zwischen Buddhisten und Muslimen bemüht, wird es keine befriedigende Klärung des Status der Minderheit geben", erklärte Delius. Burmas Außenministerin Aung San Suu Kyi hatte in einer Pressekonferenz gestern erklärt, die Kommission unter Annan werde "helfen, die Wunden unserer Menschen zu heilen." "Doch um eine Aussöhnung zu fördern, ist mehr notwendig, als eine Kommission mit unklarer Zielrichtung einzusetzen", kritisierte Delius. Aung San Suu Kyis Sprecher Zaw Htay hatte am 26. August in einer Pressekonferenz betont, dass sich die Kommission bei ihren Empfehlungen an die bestehenden Gesetze halten müsse.

Burmas Regierung hätte es in der Hand, ein Zeichen der Versöhnung zu setzen. So könnte sie die Bewegungsfreiheit der Angehörigen der bedrängten Minderheit endlich gewährleisten, die bislang amtliche Passierscheine benötigen, um von einem Dorf in eine andere Siedlung zu reisen. Oder es könnte Hochzeiten zwischen Rohingya erleichtern, die bis heute ohne offizielle Genehmigung nicht heiraten dürfen. Doch konkrete vertrauensbildende Maßnahmen sind nicht ergriffen worden. Mit Desinteresse reagiert Burmas Regierung auch auf die katastrophale humanitäre Lage von 120.000 Rohingya, die seit gewaltsamen Konflikten mit Rakhines im Juni 2012 in Flüchtlingslagern leben.

Aung San Suu Kyis medienwirksame Ernennung Annans dürfte ihr bei ihrem Staatsbesuch in den USA Mitte September 2016 sicherlich helfen. Denn dort will sie sich für eine Aufhebung der letzten US-Sanktionen gegen ihr Land einsetzen.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 6. September 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2016

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