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ASIEN/703: Annäherung zwischen Peking und dem Vatikan bringt China keine Religionsfreiheit


Presseerklärung vom 10. Februar 2017

Jahrzehntelanger Streit kurz vor Beilegung:
Annäherung zwischen Peking und dem Vatikan bringt China keine Religionsfreiheit


Die Annäherung zwischen der chinesischen Regierung und dem Vatikan, die ihren jahrzehntelangen Streit über die Berechtigung zur Ernennung von Bischöfen beilegen wollen, ist nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kein Anlass zur Hoffnung auf mehr Religionsfreiheit in China. "Natürlich ist es sinnvoll, einen Streit beizulegen. Doch niemand sollte die Hoffnung haben oder erwecken, dass die chinesische Regierung ernsthaft Religionsfreiheit respektiert. Alle Glaubensgemeinschaften in China leiden unter massiven Einschränkungen, die unter der Regierung Xi Jinping deutlich zugenommen haben", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Wenn sich Chinas Christen zukünftig in Selbstzensur üben, um dem Diktat der Kommunistischen Partei gerecht zu werden, dann verliert die Kirche die moralische Autorität. Doch gerade das hat sie für Millionen Chinesinnen und Chinesen so attraktiv macht, dass sie in ihr Halt und Orientierung suchen."

Der Hongkonger Kardinal John Tong Hon hatte in einem am Donnerstag veröffentlichten Beitrag für die Hongkonger katholische Wochenzeitung "Sunday Examiner" erklärt, der Streit um die Bischofsernennung sei gelöst. Damit sei ein wichtiges Hindernis für die Normalisierung der beiderseitigen Beziehungen beseitigt. Chinas Behörden und der Vatikan streiten seit Jahrzehnten um das Recht zur Ernennung von Bischöfen. Seit dem Jahr 1951 sind die diplomatischen Beziehungen zwischen der Volksrepublik und dem Vatikan unterbrochen.

"Christen, Buddhisten und Muslime haben seit der Kulturrevolution in den 60er-Jahren nicht mehr so sehr unter Verfolgung gelitten wie seit Xi Jinpings Ernennung zum KP-Generalsekretär im Jahr 2012", sagte Delius. "Auch staatliche Anerkennung schützt nicht vor Verfolgung." So wurden seit 2014 in der Küstenprovinz Zhejiang von 1.500 offiziell registrierten und genehmigten Kirchen auf Anordnung der Behörden die Kreuze heruntergerissen und mindestens 37 Gotteshäuser zerstört. "Xi Jinping setzt kompromisslos auf eine Politik der Sinisierung des Glaubens. Dies hat nichts mit chinesischer Sprache und Kultur zu tun, sondern bedeutet den absoluten Machtanspruch der Atheismus propagierenden Kommunistischen Partei über alle religiösen Fragen. So werden protestantische Hauskirchen zerschlagen, Pastoren verhaftet und wegen vermeintlicher gemeiner Strafdelikte vor Gericht gestellt, Kirchgänger und Priester mit Kameras überwacht. Chinas Behörden setzen auf absolute Kontrolle. Wer Glaubensfreiheit sichern will, sollte sich auf keine Zusagen der chinesischen Regierung verlassen."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 10. Februar 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2017

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