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ASIEN/818: Kasachstan - Tod eines Regierungskritikers im Polizeigewahrsam muss aufgeklärt werden


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 28. Februar 2020

Kasachstan - Tod eines Regierungskritikers im Polizeigewahrsam muss aufgeklärt werden

Massiver Druck auf Zivilgesellschaft
Keine Mitgliedschaft im UN-Menschenrechtsrat ohne Menschenrechte


Göttingen, den 28. Februar 2020 - Nach dem Tod eines Regierungskritikers im Polizeigewahrsam in Kasachstan hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine unabhängige Untersuchung des mysteriösen Todesfalles gefordert. Drei Tage nach dem Versterben des Menschenrechtlers bekannt gewordene Video-Aufnahmen deuteten auf Gewalteinwirkung und Folter als Todesursache hin, erklärte die Menschenrechtsorganisation. "Die Lage der Zivilgesellschaft in Kasachstan hat sich in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert. Alle Hoffnungen auf eine demokratische Öffnung des Landes sind verblasst. Dringend muss die Europäische Union den Druck auf die Regierung Kasachstans erhöhen, damit die Rechte der Zivilgesellschaft respektiert werden", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Der Menschenrechtler Dulat Agadil war am 25. Februar 2020 nach nur wenigen Stunden Polizeigewahrsam verstorben. Die Behörden leugnen jede Gewalteinwirkung und ließen Protestierende festnehmen, die eine Untersuchung des Vorfalls forderten.

Der 43 Jahre alte Vater von sechs Kindern engagierte sich seit Jahren gegen Korruption und Machtmissbrauch in Kasachstan sowie für den Schutz ehemaliger Insassen von Umerziehungslagern in China. Er war festgenommen worden wegen angeblicher Verletzung von Bewährungsauflagen. Allein im Jahr 2019 war er wegen seiner Proteste mindestens 60 Tage inhaftiert. Sein plötzlicher Tod löste im ganzen Land spontan Proteste aus, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Zwar schlossen sein Bruder und Mitgefangene auf Druck der Behörden einen gewaltsamen Tod aus, doch ein kurz vor seiner Bestattung aufgenommenes Video zeigt zahlreiche Spuren mutmaßlicher Gewalteinwirkung an seinem Körper.

Hunderte Angehörige der Demokratiebewegung sind in den letzten Wochen willkürlich in Kasachstan verhaftet worden. Auch kündigten die Behörden eine weitere Verschärfung des Versammlungsrechts an. Zugleich verkündete diese Woche der kasachische Außenminister Mukhtar Tileuberdi in Genf, sein Land werde sich um einen Sitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen für den Zeitraum 2022 bis 2024 bewerben. "Kasachstan muss den Schutz der Zivilgesellschaft und die Förderung der Menschenrechte endlich ernst nehmen, wenn es ein glaubwürdiger Kandidat für den UN-Menschenrechtsrat sein will", erklärte Delius.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 28. Februar 2020
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Februar 2020

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