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EUROPA/437: Unterzeichnung eines EU-Serbien-Abkommen bedauert


Presseerklärung vom 28. April 2008

Gesellschaft für bedrohte Völker bedauert Unterzeichnung eines EU-Serbien-Abkommen

"EU hat Trumpf aus der Hand gegeben" - Serbische Kriegsverbrecher noch immer auf freiem Fuß


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bedauert die vorschnelle Einigung der EU-Außenminister auf die Unterzeichnung des EU-Annäherungsabkommens mit Serbien. "Damit hat die EU einen Trumpf aus der Hand gegeben, die Auslieferung der mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrecher Ratko Mladic und Radovan Karadzic zu erzwingen", kritisierte der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch am Dienstag in Göttingen. Jetzt müssten wenigstens die "Bedingungen", an die die Außenminister das Inkrafttreten des Abkommens knüpfen wollen, so eng gefasst werden, dass Serbien um eine enge Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag nicht herumkomme.

Es sei für viele Überlebende des Bosnienkrieges unerträglich, dass Serbien nun konkrete Hoffnungen auf eine EU-Annäherung gemacht werden, bevor ein entsprechendes Abkommen mit Bosnien-Herzegowina unter Dach und Fach gebracht worden sei, sagte Zülch und mahnte: "Europa muss deutlich machen, dass nicht zur Tagesordnung übergegangen werden kann, so lange die schlimme Vergangenheit nicht bewältigt wurde: Die Verantwortlichen für die schwersten Kriegsverbrechen in Bosnien-Herzegowina müssen zuvor zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist Europa den Menschen in Bosnien-Herzegowina und vor allem den Überlebenden von Srebrenica schuldig!" In der so genannten UN-Schutzzone waren 1995 unter den Augen der dort stationierten Blauhelme mindestens 8373 bosnische Jungen und Männer von serbischen Einheiten ermordet worden.

Die GfbV erinnerte daran, dass das Regime von Slobodan Milosevic gemeinsam mit den Streitkräften der bosnischen Serben aus der heutigen Republika Srpska unter dem Kommando von Mladic und Karadzic verantwortlich war für die Errichtung von über 100 Internierungs-, Konzentrations- und Vergewaltigungslagern. Mehr als 200.000 bosnische Zivilisten waren in den Lagern inhaftiert, über 20.000 von ihnen kamen darin ums Leben. Bis zu 30.000 bosnischen Frauen wurden Opfer von systematischen Massenvergewaltigungen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 28. April 2008
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2008