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EUROPA/588: Regionalwahlen auf der Krim - Krimtataren und religiöse Gemeinschaften unter Druck


Presseerklärung vom 11. September 2014

14. September 2014: Regionalwahlen auf der Krim

- Krimtataren und religiöse Gemeinschaften unter Druck
- Memorandum dokumentiert Schikanen gegen die Krimtataren und Beschneidung der Religionsfreiheit



Kurz vor den Regionalwahlen auf der Halbinsel Krim am kommenden Sonntag (14.09.) beklagt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in einem neuen 25-seitigen Memorandum über die Menschenrechtssituation auf der von Russland annektierten Halbinsel Schikanen gegen die Krimtataren und eine zunehmende Beschneidung der Religionsfreiheit. "Die pro-russischen Behörden auf der Krim und der dortige Geheimdienst haben den Druck auf alle erhöht, die als "pro-ukrainisch" oder "anti-russisch" gelten könnten", zieht Sarah Reinke, GfbV-Osteuropareferentin und Autorin des heute veröffentlichten Memorandums Bilanz. "Hausdurchsuchungen, kurzzeitige Festnahmen und Verhöre durch den Geheimdienst sollen die Menschen einschüchtern. Diesen Repressalien sind die Krimtataren, deren politische Führung zum Boykott dieser Wahlen aufgerufen hat, sowie Vertreter unterschiedlicher Glaubensrichtungen besonders ausgesetzt."

In dem Memorandum wird deutlich, dass sich die Lage der Menschenrechte und insbesondere die Situation der Minderheiten und Religionsgemeinschaften auf der Krim in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert haben. "Wir dürfen die Menschen auf der Krim nicht allein lassen und nicht akzeptieren, dass die Halbinsel Teil Russlands sein soll", mahnt die GfbV. Viele Krimtataren seien verunsichert: Einerseits versuchten sie, ihren Alltag aufrecht zu erhalten, anderseits wehrten sie sich gegen die russische Staatsbürgerschaft. Zu tief ist das Trauma der kollektiven Deportation unter Stalin vor 70 Jahren. Die pro-russischen Behörden reagieren mit Einschüchterung und dem Versuch, die Krimtataren zu spalten und ihre Wortführer zu kriminalisieren.

So sind der Vorsitzende des Medschlis, des Selbstvertretungsorgans der Krimtataren, Refat Tschubarow und Mustafa Dschemilew, ihr wichtigster Repräsentant, noch immer mit einem Einreiseverbot belegt. Dem Medschlis wird mit Schließung gedroht, während neue pro-russische krimtatarische Organisationen aus dem Boden gestampft werden sollen. "Das ist die typische koloniale Teile-und-herrsche-Politik, die den Minderheiten massiv schadet", kritisiert die GfbV, "Die deutsche Bundesregierung muss sich deshalb ostentativ immer wieder hinter die Krimtataren stellen und sich mit deren Vertretern treffen."

Die Bundesregierung solle sich auch verstärkt für Personen von der Krim einsetzen, die widerrechtlich in russischer Haft gehalten werden. So seien der ukrainische Regisseur, Oleg Sentsov, und Aleksandr Kolchenko, ein linker Bürgerrechtler seit ihren Festnahmen Mitte Mai 2014 in einem Gefängnis in Moskau, obwohl wie ukrainische Staatsbürger seien. Ihnen drohten bis zu 20 Jahre Haft, weil sie des Terrorismus angeklagt seien. Sie seien ukrainische Staatsbürger und müssten in die Ukraine überführt werden, fordert die GfbV.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 11. September 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2014