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MELDUNG/203: Erdogan-Besuch in Deutschland - Menschenrechte für Minderheiten einfordern


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 27. September 2018

Türkischer Staatspräsident ist kein verlässlicher Partner

Menschenrechte für Minderheiten einfordern


Berlin/Göttingen, den 27. September 2018 - Wenige Stunden vor Beginn des Besuchs des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gemeinsam mit Kurden, Yeziden, Aleviten und Christen einen Kranz in Berlin vor der Gedenkstätte für die Opfer von Gewaltherrschaft niedergelegt, um der Verfolgten des Erdogan-Regimes zu erinnern. "Präsident Erdogan steht nicht für die Grundwerte Europas der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, sondern für Willkür- und Gewaltherrschaft. Mit dieser symbolischen Kranzniederlegung vor der Neuen Wache wollen wir den tausenden Opfern seiner Gewaltherrschaft eine Stimme geben", erklärte der Türkei-Experte der GfbV Kamal Sido am Donnerstag in Berlin.

Als "skandalös" bezeichneten die Menschenrechtler, dass Präsident Erdogan am Freitag gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Neuen Wache einen Kranz niederlegen wird. Denn mindestens sieben Deutsche werden von Erdogans Regime noch immer als Geiseln in Haft gehalten, viele weitere dürfen das Land auf Anordnung der türkischen Behörden nicht verlassen. Andere Deutsche müssen im Ausland um ihre Bewegungsfreiheit und ihr Leben fürchten, weil türkische Behörden systematisch ihre Festnahme betreiben. "Angesichts dieser beispiellosen willkürlichen Repression gegenüber deutschen Staatsbürgern und seines Angriffskrieges gegen das kurdische Afrin in Syrien darf Präsident Erdogan nicht als vertrauenswürdiger Partner behandelt werden", sagte Sido.

Nachdrücklich forderte die GfbV, Menschen- und Minderheitenrechte müssten im Zentrum der Gespräche mit dem türkischen Staatsgast stehen. So müsse die Freilassung aller aus politischen Gründen inhaftierten gewählten Volksvertreter gefordert werden. Mindestens 144 Parlamentsabgeordnete, Stadträte und Bürgermeister werden wegen ihrer Unterstützung der Forderung nach Frieden und Menschenrechten für Kurden im Gefängnis festgehalten. Weitere rund 7.000 Unterstützer der pro-kurdischen HDP-Partei sind aus politischen Gründen inhaftiert. Auch das Schicksal Dutzender Journalisten, die mundtot gemacht wurden, müsse angesprochen werden. Dringend müsse die Türkei alle politischen Gefangenen freilassen und ihre völkerrechtswidrige Besetzung Afrins beenden.

Auch müsse die Türkei endlich christlichen Assyrern/Aramäern, Aleviten und Yeziden vollständige Glaubensfreiheit gewähren. Die religiösen Minderheiten haben Angst vor der von der türkischen Regierung betriebenen systematischen Islamisierung der Gesellschaft. Besonders in den ländlichen Regionen fürchten sich Angehörige religiöser Minderheiten vor Übergriffen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 27. September 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2018

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