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NAHOST/185: Gewalt gegen Christen in Pakistan - Religiöse Minderheiten besser schützen


Presseerklärung vom 10. März 2013

Gewalt gegen Christen in Pakistan

- Religiöse Minderheiten besser schützen
- Blasphemie-Paragraphen abschaffen



Nach gewalttätigen Übergriffen auf Christen in Pakistan hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) einen besseren Schutz religiöser Minderheiten und eine Abschaffung der Blasphemie-Paragraphen gefordert. "Christen, Schiiten und Ahmadiyyah dürfen in Pakistan nicht länger wie Freiwild behandelt werden", forderte der Asienreferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen. "Eine wirksame Schutzmaßnahme wäre die sofortige Abschaffung der umstrittenen Blasphemie-Paragraphen im pakistanischen Strafrecht. Denn diese Bestimmungen öffnen Willkür und Lynchjustiz Tür und Tor." Auch schüren sie die Spannungen zwischen den Religionsgemeinschaften.

Am gestrigen Samstag waren in der Stadt Lahore 160 zumeist von Christen bewohnte Häuser, 18 Geschäfte und zwei Kirchen von einem verärgerten Mob in Brand gesetzt worden. Mit dem Überfall sollte eine vermeintliche Beleidigung des Propheten Mohamed durch einen Christen gerächt werden. Inzwischen gehen die Behörden davon aus, dass der 28 Jahre alte Sawan Masih fälschlicherweise der Beleidigung beschuldigt wurde. Um ihn vor der aufgebrachten Demonstranten zu schützen, wurde der Christ von der Polizei verhaftet.

"Wenn Pakistan glaubwürdig im UN-Menschenrechtsrat auftreten will, dann darf das Land Gewalt gegen religiöse Minderheiten nicht schüren", erklärte Delius. Pakistan gehört seit dem 1. Januar 2013 dem UN-Menschenrechtsrat an. "Es ist ein Armutszeugnis für Pakistans Sicherheitsbehörden, dass sie unfähig oder nicht willens sind, religiöse Minderheiten wirksam vor Übergriffen der sunnitischen Mehrheitsbevölkerung zu schützen", erklärte Delius. Nach dem gewaltsamen Tod von mehr als 220 Schiiten, die seit Jahresbeginn von radikalen Sunniten bei Terroranschlägen getötet wurden, sind die brennenden Häuser von Christen ein weiteres Zeichen dafür, wie dramatisch die Lage religiöser Minderheiten in Pakistan ist.

Nicht zum ersten Mal wurde ein Christ von der Polizei in Schutzhaft genommen, weil sein Leben aufgrund von Blasphemie-Vorwürfen akut bedroht war. Trotz eines Freispruchs vor Gericht müssen Blasphemie-Verdächtige um ihr Leben bangen. Auch Richter, die Beschuldigte freisprachen, wurden bereits von religiösen Fanatikern ermordet.

Dabei sind die Vorwürfe meist unbegründet und beruhen auf Nachbarschaftsstreitigkeiten, Neid oder Missgunst. Trotzdem schrecken pakistanische Politiker vor einer Streichung der umstrittenen Paragraphen 295 und 298 des Pakistanischen Strafgesetzbuches zurück, da sie Proteste radikaler Sunniten fürchten. Seit mehr als einem Jahrzehnt versprechen Pakistans Regierungen schon die Überarbeitung der kritisierten Paragraphen. "Doch außer vollmundigen Worten zur Beruhigung des Auslands ist nichts geschehen", erklärte Delius. "Mit ihrer Untätigkeit verletzt Pakistans Regierung nicht nur das Recht des eigenen Landes, sondern verstößt auch gegen die Allgemeine Charta der Menschenrechte und internationale Menschenrechtskonventionen."

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 10. März 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. März 2013