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NAHOST/261: Ägypten - Christen haben Angst vor Terror am Weihnachtsfest


Presseerklärung vom 21. Dezember 2016

Ägyptens Christen haben Angst vor Terror am Weihnachtsfest:
Hohe Zahl von Übergriffen auf Kopten

Christen in Ägypten müssen besser geschützt werden


Ägyptens Kopten fürchten während des Weihnachts- und Neujahrsfestes neue Terroranschläge gegen Kirchen und andere christliche Einrichtungen, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Nie zuvor waren die Kopten so gefährdet", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Ägyptens Christen sind zur Zielscheibe des Terrors islamistischer Extremisten geworden. Allein in der Provinz Minya wurden seit dem Sturz von Diktator Hosni Mubarak im Jahr 2011 mindestens 87 Übergriffe und Anschläge auf Kirchen sowie Häuser und Geschäfte von Christen verübt." Dringend forderte die Menschenrechtsorganisation einen besseren Schutz für christliche Einrichtungen und die Gläubigen. Islamisten halten die Kopten für eine bedeutende Stütze der Regierung unter Präsident Abdel Fattah al Sissi, unter deren fortdauernder Diskriminierungspolitik Christen jedoch auch selbst leiden.

"Die Kopten dürfen nicht Opfer von Racheakten für das brutale Vorgehen ägyptischer Sicherheitskräfte gegen Menschenrechtler, Journalisten und Oppositionspolitiker und für die menschenverachtende Regierungspolitik werden", forderte Delius. In den Großstädten Kairo und Alexandria werden immer wieder Bombenanschläge auf koptische Kirchen verübt. Das jüngste Attentat ereignete sich am 11. Dezember 2016 in Kairo. Dort hatte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. 27 Menschen - zumeist Frauen und Kinder - wurden getötet und 49 Personen verletzt. Am Dienstag erlag ein zehnjähriges Mädchen seinen schweren Verletzungen, die dem Kind bei diesem Attentat zugefügt wurden. Drei Schwerverletzte schweben noch immer in Lebensgefahr.

Ein ganz anderer Terror bestimmt das Leben der meisten Kopten auf dem Land. In der Provinz Minya rund 250 Kilometer südlich der Hauptstadt, in der die Christen in vielen Dörfern die Mehrheit der Bevölkerung stellen, werden sie von muslimischen Extremisten ausgegrenzt und oft tätlich angegriffen. Meist sind es Nichtigkeiten, die gewaltsame Auseinandersetzungen sowie Plünderungen von Schulen, Geschäften und Wohnhäusern auslösen. Schlimm ist die Lage auch im weiter südlich gelegenen Ober-Ägypten, wo ebenfalls viele Kopten leben. So wurden in dem Dorf Al Nagamesh in der Provinz Sohag am 25. November 2016 von einer aufgebrachten Menschenmenge mehrere von Christen genutzte Gebäude niedergebrannt.

Aus Solidarität mit der von dem jüngsten Anschlag unmittelbar betroffenen koptisch-orthodoxen Kirche hat die koptisch-katholisch Kirche ihre aufwändigen Weihnachtsfeiern abgesagt. Sie wird einfache Messen zelebrieren. Die koptisch-katholische Kirche feiert gemäß dem Gregorianischen Kalender Weihnachten am 25. Dezember, während die koptisch-orthodoxe Kirche nach dem Julianischen Kalender das Fest am 7. Januar begeht. Die Kopten stellen rund zehn Prozent der 94 Millionen Einwohner Ägyptens.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 21. Dezember 2016
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2016

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