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NAHOST/295: Nordsyrien - Appell an die NATO, Yeziden in höchster Gefahr


Gesellschaft für bedrohte Völker - Pressemitteilung vom 20. Januar 2018

Appell an die NATO - Yeziden in Nordsyrien in höchster Gefahr - NATO muss Krieg der Türkei gegen die Zivilbevölkerung stoppen!


Göttingen, den 29. Januar 2018 - Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Montag an NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg appelliert, eine Sitzung des Nordatlantikrats einzuberufen und sofort geeignete Maßnahmen zu beschließen, den Krieg des Nato-Partners Türkei gegen die nordsyrische Enklave Afrin zu beenden. Dort seien zurzeit besonders Angehörige der kurdisch-yezidischen Religionsgemeinschaft in höchster Gefahr, denn ihre Dörfer werden vom IS angegriffen und von der türkischen Luftwaffe zusätzlich bombardiert. "Die NATO darf nicht tatenlos zusehen, wie einer ihrer Mitgliedsstaaten das Völkerrecht bricht und friedliche Regionen in einem Nachbarstaat mit modernsten Waffen angreift", heißt es in dem dringenden Schreiben der Menschenrechtsorganisation.

In den vergangenen Tagen wurden vor allem kurdisch-yezidische Dörfer am Rande der Region Afrin nahe der Grenze zur Türkei bombardiert. Diese Luftschläge sollen nach GfbV-Angaben radikalislamistische Gruppen unterstützen, die die yezidischen Ortschaften erobern wollen. Bisher werden die Dörfer noch von kurdischen "Volksverteidigungseinheiten" (YPG) verteidigt.

"Wenn die rund 20.000 bis 30.000 Yeziden von Afrin in die Hände der Radikalislamisten fallen, wird es fürchterliche Kriegsverbrechen an Zivilisten geben wie erst vor dreieinhalb Jahren im Nordirak. Die NATO darf das auf keinen Fall schweigend zulassen!", warnt der GfbV-Nahostexperte Kamal Sido. "Im irakischen Hauptsiedlungsgebiet der Yeziden, dem Sinjar, hatte der IS im August 2014 Völkermordverbrechen an den Yeziden verübt. Nur der YPG war es zu verdanken, dass zehntausende Yeziden vor dem sicheren Tod gerettet wurden."

Nach Angaben der GfbV wurden nahezu alle yezidischen Dörfer oder Dörfer mit yezidischer Bevölkerung am Rand der Region Afrin entlang des Berges Lelun (Mount Simon) - wie Basufan, Baadi, Barad, Kimar, Iska, Shadere, Ghazzawiya, Burj Abdalo und Ain Dara - bereits von der türkischen Luftwaffe angegriffen, das friedliche kurdisch-yezidische Dorf Qestel Cindu sogar mehrfach. Diese Ortschaft wurde 2013 vom IS und anderen islamistischen Gruppen attackiert. Die Türkei hatte die Kämpfer ausgerüstet und ins Nachbarland geschickt, um den Widerstand der Kurden zu brechen. Viele Olivenhaine und Fruchtbäume der Yeziden wurden zerstört und ihr Vieh getötet.

Mit den Angriffen ihrer Luftwaffe auf Afrin breche die Türkei das Völkerrecht, denn es gebe für die Attacken weder eine Zustimmung der syrischen Regierung noch eine Ermächtigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, sagte Sido. Die türkische Regierung könne sich auch nicht, wie von ihr behauptet, auf das Recht zur Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen berufen, da sie nicht angegriffen worden sei.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 29. Januar 2018
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Januar 2018

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