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RUSSLAND/127: Tschetschenien - Willkürjustiz! Menschenrechtler zu vier Jahren Haft verurteilt


Presseerklärung vom 8. Juli 2014

Tschetschenien:
Willkürjustiz: Unschuldiger tschetschenischer Menschenrechtler zu vier Jahren Haft verurteilt



Als "unmenschlich und rein politisch motiviert" hat die Gesellschaft für bedrohte Völker das Urteil des tschetschenischen Gerichts in Urus-Martan gegen den angesehenen tschetschenischen Politologen Ruslan Kutajew bezeichnet. Er wurde am Montag wegen angeblichen Drogenbesitzes zu vier Jahren Haft verurteilt. "Der Menschenrechtler soll vier Jahre mundtot gemacht werden", kritisierte die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke. "Schon in anderen Teilen der Russischen Föderation brechen Gerichtsverfahren und Urteile vielfach internationalen Standards, in Tschetschenien jedoch war das Verfahren gegen Kutajew eine absurde Farce. Er ist nicht nur absolut unschuldig, er wurde darüber hinaus in Polizeigewahrsam vor dem Prozess auch noch schwer gefoltert und verletzt", klagt die GfbV in einem Brief an das Auswärtige Amt und den Russland-Beauftragten der Bundesregierung.

Nach Angaben der russischen Menschenrechtsorganisation "Komitee gegen Folter" wurde Kutajew nach einer Konferenz über die kollektive Deportation der Tschetschenen und Inguschen durch Stalin am 23. Februar 1944 aus dem Haus seines Bruders verschleppt. In Polizeigewahrsam wurde er erst von dem stellvertretenden Innenminister Tschetscheniens, Apti Alaudinow, und dem tschetschenischen Regierungschef, Magomed Daudow, geschlagen. Dann wurde er in den Keller gebracht und mit Elektroschocks gefoltert und aufgefordert, mehrere Dokumente zu unterzeichnen. Er weigerte sich und wurde weiter gefoltert. Bevor er schließlich zustimmte, alles zu unterschreiben und über das ihm angetane Leid zu schweigen, wurden ihm zwei Rippen gebrochen.

Kutajews Anwalt und russische Menschenrechtsorganisationen kündigten an, in Revision zu gehen. "Ein neues Verfahren in einer höheren Instanz muss von internationalen Beobachtern begleitet werden, damit das Urteil zumindest abgeschwächt wird, fordert die GfbV von den deutschen Verantwortlichen.

Kutajew hat einen tadellosen Ruf: Er hat sich während des Krieges in Tschetschenien 1997 für die Freilassung von russischen Soldaten aus tschetschenischer Haft eingesetzt und in den vergangenen Jahren mit der russischen Vertretung von Human Rights Watch und der Helsinki Föderation zusammengearbeitet.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 8. Juli 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2014