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BERICHT/1022: Rostock - Berufungsprozeß gegen G8 Gegnerin (Gipfelsoli)


Gipfelsoli Infogruppe Presseverteiler - 10. September 2009

Gipfelproteste von Heiligendamm bis Strasbourg:
- Rostocker Staatsanwaltschaft geht mit Erpressung gegen Zeugen vor
- Montag, 14. September 2009 - Berufungsprozess gegen G8 Gegnerin
- Zwangsmaßnahmen gegen Rostocker Teilnehmer der Anti NATO Demonstration in Strasbourg

Von Prozessbeobachtungsgruppe Rostock


Am Montag findet ab 9:30 Uhr vor dem Landgericht Rostock der Berufungsprozess gegen eine Berlinerin statt, der vorgeworfen wird, während der Demonstration gegen den G8-Gipfel 2007 einen Stein auf Polizeibeamte geworfen zu haben. Vor gut einem Jahr wurde die Angeklagte von Amtsrichter Schröder zu 7 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, gegen die sich die jetzige Berufung richtet. Der Prozess sorgte damals für einiges Aufsehen, weil trotz umfangreicher Beweisaufnahme während immerhin 4 Verhandlungstagen, der Richter seine Entscheidung lediglich auf die Aussage des damals festnehmenden Beamten stützte, der eine weit entfernte, vermummte Person gesehen haben will, die aus einer Gruppe anderer vermummter Personen einen Stein geworfen haben soll. Bei seinen ersten Feststellungen hat der Beamte die Angeklagte sogar als männlich beschrieben. Überdies stellte sich bei der Vernehmung des Beamten, der einer Berliner Einsatzhundertschaft angehört, heraus, das er der gefesselten Person einen Faustschlag verpasste, und so eine Behandlung, sagte der Polizist aus, seie etwas ganz normales, um Gefangene zu "beruhigen".

Obwohl im Laufe des Verfahrens die 2 Entlastungszeugen der Angeklagten erklärten, sie hätten die ganze Zeit mit der Angeklagten verbracht und sie nicht aus den Augen gelassen und keinen Steinwurf gesehen, glaubte der Richter nur dem Polizeibeamten. Sein Kommentar, das die Zeugen allein deswegen befangen seien, weil sie für die Angeklagte aussagen würden, sorgte damals für einigen Unmut bei den ProzessbeobachterInnen. Da die Zeugen der Angeklagten aber darauf bestanden, die Wahrheit gesagt zu haben, hat die Staatsanwaltschaft inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen uneidlicher Falschaussage gegen sie eingeleitet, wohl in der Hoffnung, das eine mögliche Strafe für uneidliche Falschaussage von bis zu 5 Jahren Haft, sie davon abhält, weiterhin für die Angeklagte auszusagen. Die Zeugen sind Montag zum Prozess geladen, sie werden erneut befragt.

Die Prozessbeobachtungsgruppe Rostock protestiert massiv gegen den Versuch der Staatsanwaltschaft, Zeugen unter Druck zu setzen und sie mit Ermittlungsverfahren einzuschüchtern, damit sie eine politisch opportune Aussage machen. Gleichzeitig schaut die Staatsanwaltschaft geflissentlich darüber hinweg, wenn Polizeibeamte im Dienst Straftaten begehen und gefangene Demonstranten misshandeln. Die Prozessbeobachtungsgruppe sieht in der letzten Zeit eine für Rostocker Verhältnisse in dieser Schärfe bislang unbekannte Intervention der Rostocker Repressionsorgane gegen linke, sowohl lokale als auch überregionale Strukturen. Dies zeigte sich bei den im Juli verhängten Zwangsgeldern und der angedrohten Beugehaft gegen 2 TeilnehmerInnen einer Busfahrt von Rostock nach Strasbourg, die dort gegen den Natogipfel demonstrieren wollten. Die Staatsanwaltschaft nimmt dabei ein Ermittlungsverfahren gegen 2 Rostocker in Strasbourg als Anlaß, um eine kriminelle Vereinigung (die Busreisenden!) aus Rostock herbeizudefinieren. Die 2 Busreisenden sollen gezwungen werden, die Namen weiterer mitfahrender Personen zu nennen. Ziel der Repressionsorgane ist es, linke Strukturen in Rostock einzuschüchte rn und auszuspionieren. Mit der neuerlichen Kriminalisierung der globalisierungskritischen und antimilitaristischen Bewegung, soll dem öffentlichen Desaster, als herauskam, das ca. 1500 Ermittlungsverfahren gegen GegnerInnen des G8 Gipfels völlig willkürlich eingeleitet wurden, etwas Kriminelles entgegengesetzt werden.

Die Prozessbeobachtungsgruppe Rostock wird auch diese jüngsten Versuche der Staatsanwaltschaft, die Zeugenbeeinflussung beim G8- Prozess und die Zwangsmaßnahmen gegen sog. "Zeugen" im Nato Gipfel Verfahren öffentlich machen.

Gemeinsam mit anderen Gruppen, will die Prozessbeobachtungsgruppe im Herbst in Rostock eine bundesweite Demonstration machen. Während des Prozesses am Montag soll es vor dem LG ab 9:30 Uhr eine Mahnwache geben, an die sich nach Prozessende eine Kundgebung auf dem Universitätsplatz in Rostock anschließt.
Der Berufungsprozess vor dem Landgericht ist öffentlich.

WeiterführendeQuellen:
Webside der Soligruppen der Gefangenen von Strasbourg:
http://www.breakout.blogsport.de
Webside der Angeklagten:
http://www.antischokke.de


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Quelle:
Prozessbeobachtungsgruppe Rostock, 10. September 2009
Pressemitteilung über den Verteiler der Gipfelsoli Infogruppe
(Für den Inhalt von Erklärungen, die nicht von Gipfelsoli
verantwortet werden, garantiert Gipfesoli nicht.)
E-Mail: gipfelsoli-presse@lists.nadir.org
Internet: www.gipfelsoli.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2009