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MELDUNG/144: Deutsche Rüstungsexportpolitik ist ein friedenspolitischer Offenbarungseid (NaturFreunde)


NaturFreunde Deutschlands - 8. Dezember 2011

Deutsche Rüstungsexportpolitik ist ein friedenspolitischer Offenbarungseid

NaturFreunde Deutschlands fordern Festschreibung eines Verbots von Rüstungsexporten im Grundgesetz


Berlin, 8. Dezember 2011 - Anlässlich der Veröffentlichung des Rüstungsexportberichts 2010 (www.kurzlink.de/Ruestungsexporte2010) durch die Bundesregierung erklärt Uwe Hiksch, Mitglied im Bundesvorstand der NaturFreunde Deutschlands:

Der von der Bundesregierung gebilligte Rüstungsexportbericht ist ein Dokument des Scheiterns einer Außen- und Wirtschaftspolitik, die eigentlich auf Abrüstung und Entmilitarisierung ausgerichtet sein will. Tatsächlich setzt die Bundesregierung auf die massive Steigerung der Rüstungsexporte.

Mit den skandalösen U-Boot-Lieferungen an Griechenland (und Portugal) zeigt sie zudem, dass alle Forderungen nach einer finanzpolitischen Sicherung des griechischen Haushaltes spätestens dann aufgegeben werden, wenn die Interessen der deutschen Rüstungsfirmen betroffen sind.

Es ist ein Skandal, dass die deutschen Rüstungsexporte zwischen 2009 und 2010 um etwa 60 Prozent (von 1,3 Milliarden Euro auf 2,1 Milliarden Euro) geradezu explodiert sind. Die Bundesregierung leistet sich damit einen friedenspolitischen Offenbarungseid.

Auch hat die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Entwicklungsländer deutlich zugenommen. Die Bundesregierung betreibt ganz bewusst eine Exportförderungspolitik für Kriegswaffen und nimmt dabei immer weniger Rücksicht darauf, ob diese Kriegswaffen dann in Krisengebiete geliefert werden. So wurden im Jahr 2010 Rüstungsgüter in Entwicklungsländer im Wert von 108 Millionen Euro exportiert. Davon entfielen allein 65 Millionen Euro auf Pakistan und 27,6 Millionen Euro auf den Irak.


16.145 Ausfuhranträge für militärische Güter im Wert von 4,7 Milliarden Euro

Im Jahr 2010 wurden insgesamt 16.145 Einzelanträge für die endgültige Ausfuhr von Rüstungsgütern genehmigt. Diese Ausfuhrgenehmigungen betrafen militärische Güter im Wert von 4,7 Milliarden Euro. 2010 wurden auch Ausfuhren von Rüstungsgütern in Entwicklungsländer im Jahr 2010 im Wert von ca. 365,3 Millionen Euro genehmigt.

Bedeutendste Empfängerländer unter den Entwicklungsländern waren im Jahr 2010 Indien (96,8 Millionen Euro), Pakistan (96,6 Millionen Euro) sowie der Irak (54,2 Millionen Euro). Gerade die Belieferung von Indien und Pakistan, immerhin zwei Länder, die sich seit Jahrzehnten gegenseitig hochrüsten, zeigt die moralische Prinzipienlosigkeit der deutschen Rüstungsexportpolitik.


Die Liste der Lieferung von Rüstungsgütern in Krisenregionen ist lang

Nordkorea und Südkorea rüsten seit Generationen wechselseitig auf. Mit der Lieferung von Teilen für Kampfflugzeuge, Hubschraubern, Flugkörpern und Teilen für U-Boot-Simulatoren an die Republik Korea leistet die Bundesregierung ihren Beitrag zu dieser Hochrüstung.

Massiv sind die Machthaber der Vereinigten Arabischen Emirate gegen die Demokratiebewegung vorgegangen. Gleichzeitig wurde dieses undemokratische Land mit Teilen für Flugsimulatoren, Zieldarstellungsgeräten und Tiefladesattelaufliegern für Artillerie-Raketensysteme, gepanzerten Fahrzeugen und militärischen Landfahrzeugen beliefert.

Die Türkei führt seit Jahrzehnten einen blutigen Kampf gegen die PKK. Regelmäßig verletzt sie dabei die Grenze zu ihren Nachbarländern und dringt zur "Terrorbekämpfung" mit militärischen Großgeräten in ihre Nachbarstaaten ein. Mit der Rüstungsexportpolitik Deutschlands, die Panzer, Brückenlegepanzer, gepanzerte Fahrzeuge, Abfeuereinrichtungen und Teile für Flugkörper und Flugkörperabwehrsysteme in die Türkei liefert, wird diese Politik auch noch sanktioniert.

Saudi-Arabien ist eine Diktatur, die ihre Opposition massiv unterdrückt. Die Bundesregierung genehmigte jedoch die Lieferung von elektronischen Ausrüstungen für die militärische Kommunikation und Navigation, Flugkörper und Teile für Schnellboote und Patrouillenboote nach Saudi-Arabien.

Auch im "heißen Frieden" zwischen Pakistan und Indien war die Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung für beide Länder hilfreich. Während Indien mit Feuerleiteinrichtungen, Bordwaffen-Steuersystemen, Teilen für Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, Teilen für U-Boote, Zerstörer und Landungsschiffen beliefert wurde, setzten sich die Rüstungsexporte nach Pakistan aus Flugkörpern, Minenräumsystemen und Torpedos zusammen.

Die NaturFreunde Deutschlands fordern die Bundesregierung auf,

• die eingeschlagene Rüstungsexportpolitik sofort zu stoppen. Deutschland darf sich nicht weiter zur Waffenschmiede der Welt entwickeln;

• Rüstungsexporte in Krisenregionen sofort zu beenden;

• ein Programm zur Rüstungskonversion aufzulegen und die Rüstungsfirmen zu zivilen Produktionsstätten umzubauen;

• dafür einen Runden Tisch zum Umbau der Rüstungsfirmen einzuberufen, an dem Unternehmen, Gewerkschaften, Umwelt- und Friedensorganisationen beteiligt werden;

• sich für die Festschreibung eines Verbots von Rüstungsexporten im Grundgesetz einzusetzen.


NaturFreunde Deutschlands: Teil der Friedensbewegung
Die NaturFreunde Deutschlands sind seit mehr als 50 Jahren Teil der bundesdeutschen Friedensbewegung und waren Gründungsmitglied der Anti-Atomtod-Bewegung, aus der schließlich die Ostermärsche hervorgegangen sind.


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Quelle:
Presseinformation vom 08.12.2011
Herausgeber: NaturFreunde Deutschlands
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2011