Schattenblick → INFOPOOL → BÜRGER/GESELLSCHAFT → FAKTEN


MELDUNG/545: Protestaktionen gegen zweite Sammelabschiebung in den Kosovo (Refugees Welcome Heidelberg)


Refugees Welcome Heidelberg - Pressemitteilung vom 2. Juni 2015

Zweite Sammelabschiebung aus Baden-Württemberg in den Kosovo innerhalb einer Woche

Landesweite Protestaktionen, auch in Heidelberg


Heidelberg. In der Nacht von Montag auf Dienstag, den 02. Juni 2015 versammelten sich in Heidelberg-Kirchheim an der Geflüchtetenunterkunft in der Hardtstraße rund 25 Demonstrierende, um gegen die Abschiebung von Geflüchteten in den Kosovo zu demonstrieren.

Bei der heutigen Sammelabschiebung vom Baden-Airpark sollten nach Informationen verschiedener Zeitungen 150 Menschen zur Ausreise gezwungen werden. Genauere Angaben über die Orte und die tatsächliche Anzahl abgeschobener Menschen sind aufgrund der intransparenten Informationspolitik des Regierungspräsidiums Karlsruhe bisher nicht möglich.

Aus Heidelberg wurde heute jedoch niemand abgeschoben. Die Versammlung löste sich gegen 8:30 Uhr auf.

Auch vor der Landeserstaufnahmestelle (Lea) in Karlsruhe kam es, wie bereits eine Woche zuvor, wieder zu Protesten. Rund 60 Menschen fanden sich zu einer Sitzblockade zusammen. Diese wurde schließlich von Polizeibeamten aufgelöst. "Es darf doch nicht sein, dass Menschen - unter ihnen Familien mit Kindern - nachts aus den Betten geholt werden und ohne Ankündigung wieder in die Verhältnisse abgeschoben werden, derer sie sich nur mit aller Kraft entziehen konnten." So begründete J. Baumann, ein Teilnehmer der Demonstration, sein Engagement. "Die Geflüchteten menschenwürdig zu behandeln sollte das Mindeste sein, was wir ihnen entgegenbringen! Das darf nicht länger unbemerkt passieren und dafür stehen wir hier."

Es handelte sich um die sechste Aktion in Heidelberg innerhalb der letzten vier Monate. Nur eine Woche zuvor, am 26. Mai, wurden 69 Menschen aus Baden-Württemberg in den Kosovo abgeschoben. Die Protestaktionen richteten sich gegen die "menschenunwürdige Abschiebepraxis der BRD", erklärte L. Modriani, eine weitere Teilnehmerin. "In den Herkunftsländern erwarten die Geflüchteten Armut, Diskriminierung und Perspektivlosigkeit. In Deutschland leben sie in permanenter Ungewissheit über die Dauer ihres Aufenthaltes. Der Aufbau einer Existenz wird ihnen hier strukturell verweigert!"

Wir fordern ein Bleiberecht für alle. Geflüchtete sind willkommen in Heidelberg! Abschiebungen stoppen! Flucht ist kein Verbrechen!


Hintergrundinformationen: Im letzten Jahr wurden Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien zu sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten" erklärt, um Abschiebungen im Schnellverfahren zu ermöglichen. Dies droht nun auch im Falle von Montenegro, Albanien und dem Kosovo. Das Konzept der "sicheren Herkunftsstaaten" dient dazu, die Anträge von Schutzsuchenden in Schnellverfahren zu bearbeiten und die Betroffenen früher abschieben zu können.

Pro Asyl hierzu: "Eine solche Einstufung hebelt für die Betroffenen das Herzstück des Asylverfahrens aus: die individuelle Prüfung des Falls. Angesichts der bekannten Verstrickungen von Staat und organisierter Kriminalität sowie der massiven Diskriminierung von Minderheiten setzt die realitätswidrige Einstufung des Kosovo als 'sicherer Herkunftsstaat' Flüchtlinge dem Risiko aus, trotz asylrechtlich relevanter Fluchtgründe ohne Prüfung ihres Falles zurückgeschoben zu werden."

Weitere Informationen:
www.freiburger-forum.net

*

Quelle:
Refugees Welcome Heidelberg
E-Mail: refugees-welcome@gmx.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang