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MUMIA/895: Die King-Donald-Show (Mumia Abu-Jamal)


Kolumne 912
Die King-Donald-Show

US-Präsident Donald Trump maßt sich an, über dem Gesetz zu stehen. Er würde sogar so weit gehen, sich selbst zu begnadigen, obwohl dies vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich untersagt ist.

von Mumia Abu-Jamal, Juni 2018


In einem offiziellen Schreiben an die Dienststelle des früheren FBI-Chefs Robert Mueller, der im Mai 2017 vom US-Justizministerium zum Sonderermittler wegen angeblicher Einmischungen russischer Stellen in den US-Präsidentschaftswahlkampf und Donald Trumps Verwicklungen darin berufen wurde, vertraten die Rechtsbeistände des US-Präsidenten unlängst den Standpunkt, ihr Mandant habe das seinem Amt eigene Recht, sich im Falle des Falles selbst begnadigen zu können. Diese äußerst erstaunliche Argumentation war seit dem Wahltag zu erwarten.

Trump und seine Anwälte haben damit im wesentlichen den Standpunkt eingenommen, den der frühere US-Präsident Richard Nixon (1913-1994) offensiv vertreten hatte. In einem Interview zur Watergate-Affäre, mit dem der britische Fernsehjournalist David Frost (1939-2013) Geschichte schrieb, hatte Nixon drei Jahre nach seinem 1974 wegen der Affäre erfolgten Rücktritt die sonderbare These vertreten, wenn ein US-Präsident sich selbst begnadige, sei das völlig legal.

Nixon sagte das wider besseres Wissen, denn nicht er hatte sich begnadigt, sondern es war sein Nachfolger Gerald R. Ford, der ihm Straffreiheit für alle ungesetzlichen Handlungen im Zusammenhang mit der Watergate-Affäre gewährt hatte. Während des US-Präsidentschaftswahlkampfs 1972 waren Beauftragte der Republikanischen Partei in das Hauptquartier der Demokratischen Partei im Watergate Building in Washington eingebrochen und hatten dort Abhörgeräte installiert. Nachdem das bekanntgeworden und durch einen Ausschuss des US-Senats untersucht worden war, stand fest, dass der kriminelle Akt mit Nixons Wissen begangen worden war. Der Rechtsausschuss des Repräsentantenhauses beschloss daraufhin die Einleitung eines Verfahrens zur Amtsenthebung gegen Nixon wegen Amtsmissbrauchs, Behinderung der Justiz und Missachtung des Kongresses. Seiner Entlassung entging Nixon nur, indem er eine Teilschuld eingestand und zurücktrat.

Die Idee, US-Präsidenten könnten sich selbst begnadigen, war vor dem Hintergrund des Watergate-Skandals höchstrichterlich widerlegt und auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen worden, als der Oberste Gerichtshof der USA im Verfahren »Vereinigte Staaten gegen Nixon« 1974 entschied, dass niemand, noch nicht einmal der Präsident, über dem Gesetz stehe.

In völliger Missachtung dieser bis heute gültigen Grundsatzentscheidung wird nun wieder behauptet, US-Präsidenten stünden wie Könige über dem Gesetz. Seine Herrlichkeit König Donald I. stützt sich dabei eben nicht auf geltendes Recht, sondern auf das Gesetz der Macht, das Recht des Stärkeren, das sich aus seinen Privilegien und seinem Reichtum ergibt. Glaubt denn wirklich irgend jemand, dass Trumps Anwälte sich auch nur einen Deut um die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs scheren? Diese feinen Juristen dienen nicht dem Recht, sondern allein King Donald. Und der dient - wie könnte es anders sein - nur sich selbst. Deshalb ist es durchaus vorstellbar, dass wir eines Tages offiziell zu hören bekommen: »Ich, Donald Trump, begnadige hiermit Donald Trump. Gezeichnet: Donald Trump.« Denn wir leben in einem Irrenhaus, und zwar in einem, das die herrschende Elite der Vereinigten Staaten selbst geschaffen hat. Wir erleben nichts Geringeres als die »King-Donald-Trump-Show« - live und in Farbe!


Copyright: Mumia Abu-Jamal
mit freundlicher Genehmigung des Autors

Übersetzung: Jürgen Heiser
Erstveröffentlicht in "junge Welt" Nr. 131 vom 11. Juni 2018

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Quelle:
Der Beitrag entstammt der Website www.freedom-now.de
mit freundlicher Genehmigung von Jürgen Heiser
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2018

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