Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FIAN

AFRIKA/030: Zunehmende Militarisierung der Bergbaugebiete in Ghana (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2008
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Zunehmende Militarisierung der Bergbaugebiete in Ghana
Bericht an die Vereinten Nationen und Postkartenaktion

Von Ute Hausmann


Seit der Kolonialzeit ist Bergbau in Ghana mit Menschenrechtsverletzungen verbunden. Die Ausweitung von existierenden Goldminen und die Eröffnung neuer Minen haben jedoch in den letzten Jahren zu einer neuen Welle von Übergriffen durch Polizei und Militär geführt, obwohl das Militär offiziell nicht im Inland eingesetzt werden darf. Bauernfamilien, die auf den Konzessionen großer Unternehmen leben, Menschen, die demonstrieren und Kleinschürfer, die der Armut entkommen wollen, sind besonders gefährdet.


Die Besitzverhältnisse der Goldminen in Ghana haben sich über die Jahre gewandelt und damit das Verhältnis von Unternehmen zu staatlicher Gewalt. In der Kolonialzeit handelte es sich vor allem um britische Privatunternehmen. Nach der Unabhängigkeit vor fünfzig Jahren wurden die Unternehmen zunächst verstaatlicht, bevor sie infolge der durch die internationalen Finanzinstitutionen forderte Strukturanpassungspolitik in den 1980er Jahren wieder privatisiert und von kanadischen, südafrikanischen und australischen Bergbaukonzernen aufgekauft wurden. Zeitgleich fand ein technologischer Wandel statt, der den großflächigen Tagebau deutlich effizienter machte als den Untertagebau. Heute wird nur noch in der traditionsreichen Bergbaustadt Obuasi Untertage abgebaut. Dieser Wandel bedeutete für viele Bergbaugemeinden nicht nur den Verlust von Arbeitsplätzen, sondern auch die Zerstörung von natürlichen Ressourcen und ein Ende der Landwirtschaft.


Keine Untersuchung der Übergriffe

Im Juni 2005 gingen in Prestea 5.000 Menschen auf die Strasse. Das kanadische Unternehmen Bogoso Gold Limited hatte die neue Grube bis in die Stadt hineingetrieben, nur wenige Meter vom Krankenhaus entfernt. Die Demonstration endete blutig, als das Militär in die Menge schoss und sieben Personen verwundete. Nur wenige Monate später protestierten in einem anderen Landesteil Bauern gegen die niedrigen Entschädigungssummen, die ihnen vom Betreiber der Akyem Goldmine, dem US-Konzern Newmont, angeboten wurden. Zwei Menschen starben, als staatliche Kräfte auf die Demonstranten schossen. Im Februar 2006 wurde ein Bauer angeschossen, als Militär und private Sicherheitskräfte der Iduapriem-Mine den Bauern den Zugang zu ihrem Ackerland verwehrten. Im November 2006 startete das Militär die "Operation Flush Out", die zum Ziel hat, Kleinschürfer von den Konzessionen großer Bergbauunternehmen zu vertreiben. Eine unbekannte Zahl von Kleinschürfern wurde dabei angeschossen oder anderweitig verletzt, ihr Eigentum zerstört. Offizielle Untersuchungen der Ereignisse und Entschädigungsleistungen gibt es bisher keine.


Überprüfung durch den Menschenrechtsrat

Mit der Einrichtung des Menschenrechtsrats bei den Vereinten Nationen, der 2006 die Menschenrechtskommission ablöste, wurde von den Staaten ein neues Verfahren eingeführt, mit dem die Menschenrechtslage in einzelnen Ländern untersucht werden soll. Ghana ist Mitglied im Menschenrechtsrat und eines der ersten Länder, die 2008 im Rahmen dieses Universal Periodic Review menschenrechtlich überprüft werden. FIAN hat gemeinsam mit der ghanaischen Selbsthilfeorganisation WACAM Informationen über Menschenrechtsverletzungen im Großtagebau in Ghana vorgelegt (siehe www.fian.de/bergbau). Ob die Situation in den Bergbauregionen vom Menschenrechtsrat bei seinen Sitzungen im Mai und Juni thematisiert wird, ist noch offen. Um den Druck auf die ghanaische Regierung zu erhöhen, die Menschenrechtsverletzungen zu stoppen, hat FIAN deshalb zudem eine Postkartenaktion gestartet, die diesem Heft beiliegt.

Die Autorin ist Bergbau-Referentin bei FIAN-Deutschland.


*


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

"Mein Mann war Köhler. Das ist eine gute Arbeit. Die Händler zahlen viel Vorschuss. Das Unglück geschah, als sie 1997 die Mine erweiterten. Früh am Morgen hörten wir Sprengangen. Ein Felsblock fielvor einer Hütte nieder, so groß wie ein erwachsener Mann. Um neun Uhr kam das Wachpersonal Sie zerstörten alles, gossen Benzin auf die Meiler und zerbrachen unsere Werkzeuge. Außerdem vernichteten sie 4.000 Säcke, die voll fertig gebrannter Kohle waren."

(Olivia Mbir, Holzfällerin, über die Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Existenz Dorf Nkwantakrom bei Tarkwa)


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2008, S. 6
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11, 50679 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2008