Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FIAN

AKTION/104: Kolumbien - Bauern werden verhaftet und bedroht (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 3/2007
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Fian Eilaktion Oktober 2007 - 0718
Ende der Aktion: 31. Dezember 2007

Kolumbien: Bauern werden wegen Kampf um Land verhaftet und bedroht


Aufgrund der gewaltsamen Vertreibung der Bauern und der Konzentration von Land in Kolumbien haben die betroffenen Bauern innovative Formen von Organisationen gebildet. Die Asociación Campesina Valle del Río Cimitarra (ACVC) widmet sich politischen, sozialen und koordinierenden Aufgaben im ländlichen Sektor von sechs Gemeinden in Magdalena Medio. Die Organisation setzt ihre Zielsetzungen über kommunale Ausschüsse, Kooperativen sowie Komitees von Fischern und Landarbeiter im Rahmen der umfassenden Verteidigung der Menschenrechte sowie dem Kampf um Land um.

Eines der wichtigsten Instrumente, welches das kolumbianische Gesetz vorsieht um den Zugang zu Land zu garantieren und die Produktionsformen der Bauern zu schützen, ist die Schaffung von Zonas de Reserva Campesina (ZRC). Für die Bauern sind diese ZRCs außerordentlich wichtig für den rechtlichen Schutz ihres Territoriums, für die Selbstbestimmung der Gemeinschaft über dasselbe, für den Schutz der bäuerlichen Wirtschaft, für die effektive Realisierung der Agrarreform sowie für den Wiederaufbau der nationalen Agrarwirtschaft.

Nach der Einhaltung aller rechtlichen Arbeitsschritte, darunter auch eine öffentliche Anhörung mit großer Beteiligung, erklärte das ehemalige kolumbianische Institut für Agrarreform (INCORA) am 10. Dezember 2002 per Erlass die ZRC im Cimitarra Tal. In der ZRC leben 25.000 Bauern der Gemeinden von Yondó, Remedios, San Pablo und Cantagallo. Im April 2003 wurde die ZRC aufgelöst ohne dass dies vom leitenden Ausschuss des INCORA bewilligt worden war. Seitdem ist die ACVC Übergriffen von verschiedenen staatlichen Sektoren und lokalen Interessengruppen, die der Einführung der ZRC negativ gegenüberstehen, ausgesetzt. Die Verfolgung durch die Polizei und die Zahl der Anklagen von ACVC Anführern hat stark zugenommen. Zum Beispiel wurde im April 2005 der ACVC Anführer Álvaro Manzano wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer Guerilla Gruppe inhaftiert. Herr Manzano kam frei, wurde erneut inhaftiert und letztlich wegen mangelnder Beweise freigelassen. Nun wurden am 29. September 2007 Andrés Gil, Óscar Duque und Evaristo Mena, alle ACVC Anführer, in Gemeinde Cantagallo (Provinz Bolivar) während eines Treffens mit der Gemeinde festgenommen. Weil die Polizisten auf Widerstand seitens der Bauern stießen, schossen sie in die Luft. Der Grund für die Verhaftung war unserer Information nach die angebliche Unterstützung und Mitgliedschaft in der Guerilla. In der Stadt Barrancabermeja wurde ein weiterer Anführer von ACVC in seinem Haus festgenommen. Später führten etwa 50 Soldaten eine Razzia in dem regionalen Büro der Organisation durch und verhafteten fünf Personen, die sich in dem Büro befanden. Diese wurden später wieder freigelassen. Weitere Befehle zur Festnahme von Personen könnten noch auf den endgültigen Beschluss warten. Die Verhaftung dieser ACVC Mitglieder wurde durchgeführt ohne das neue kolumbianische Gesetz (Gesetz 906 vom Jahr 2004) zu beachten, welches Freiheitsberaubung als letzten Ausweg sieht.

Im Juli 2007 unterschrieb die ACVC mit der Regierung ein Abkommen, mit dem Prozess um die Einrichtung der ZRC noch einmal von vorne beginnen soll. Dieser Neustart verletzt jedoch zum einen die Menschenrechte der Bauern, weil er die Sicherheit von Besitzverhältnissen von Land bedroht, welches schon unter Schutz gestellt worden war und welches die Lebensgrundlage der Bauern darstellt. Zudem verletzt er auch die Grundsätze der administrativen Effizienz, die in der kolumbianischen Verfassung und dem Verwaltungsrecht verankert sind.


Zusammenfassung

In der Region Magdalena Medio sieht sich die Bauernorganisation "Asociación Campesina Valle del Río Cimitarra" (ACVC) mit starker Unterdrückung konfrontiert. Ende September 2007 wurden die Führer der Organisation, Andrés Gil, Óscar Duque, Evaristo Mena und Mario Martín verhaftet. Diese Festnahme hindert die ACVC nun daran ihren Kampf gegen die Rücknahme der Zona de Reserva Campesina (ZRC) im Cimitarra Tal, fortzuführen. Diese ZRC wurde im Dezember 2002 eingerichtet und 2003 wieder zurückgezogen. Auf diesem Gebiet leben 25.000 Bauern. Die Region ist zur Zeit von einer Nahrungsmittelblockade betroffen.

Es ist nun sehr dringend, dass die kolumbianische Regierung dazu aufgefordert wird, die gerichtliche Ermittlung gegen die Anführer der ACVC durchzuführen ohne ihnen die Freiheit zu rauben, wie es in der neuen kolumbianischen Gesetzgebung vorgeschrieben ist. Gleichzeitig müssen die Rechte der Bauernfamilien respektiert und geschützt werden, indem die ZRC effektiv eingerichtet wird.


Menschenrechtliche Verpflichtungen von Kolumbien

Kolumbien ist Unterzeichnerstaat des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Der kolumbianische Staat hat die Verpflichtung, die Rechte der Bäuerinnen und Bauern sowie ihre Organisationen zu achten und zu schützen, und den Zugang zu Land abzusichern und zu garantieren. Die gerichtliche Ermittlung gegen die inhaftierten Mitglieder muss gemäß des Prinzips der Rechtstaatlichkeit durchgeführt werden. Dabei muss die Unschuldsannahme berücksichtigt werden. Die Bauern dürfen nicht ihrer Freiheit beraubt werden, wie es die kolumbianische Gesetzgebung vorsieht. Die Annulierung der ZRCs muss zurückgezogen werden damit die Bauerngemeinschaften so schnell wie möglich den Schutz durch eine ZRC genießen können.


*


Übersetzung des Musterbriefs


Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit möchte ich meine tiefste Beunruhigung bezüglich der Vorgänge in der Provinz Magdalena Medio gegen die Bauernorganisation "Asociación Campesina Valle del Río Cimitarra" (ACVC) ausdrücken, deren Aktivitäten immer von Legitimität und Unterstützung der Bauern geprägt waren. Ende September 2007 wurden die ACVC Anführer Andrés Gil, Óscar Duque, Evaristo Mena und Mario Martín wegen angeblicher Unterstützung und Mitgliedschaft der Guerilla verhaftet. Die Verhaftung der ACVC Führung in dem Moment, in dem die Verhandlungen mit der Regierung über die Neugründung der schon anerkannten ZRC wieder aufgenommen wurden, bedroht ernstlich diesen Prozess. Die ZRC im Cimitarra Tal war im Dezember 2002 gegründet worden und wurde im Jahr 2003 zurückgenommen. Dies geschah im Zuge einer Resolution, die nicht von dem leitenden Ausschuss des ehemaligen kolumbianischen Instituts für Agrarreform (INCORA) bewilligt worden war. In der ZRC leben 25.000 Bauern, die sich in einem Prozess von regionaler Entwicklung und umfassenden Menschenrechtschutz befinden. Kolumbien ist Unterzeichnerstaat des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und hat daher die Verpflichtung diese Rechte für die ganze Bevölkerung zu gewährleisten. Der Staat muss Maßnahmen ergreifen, um das Recht der Bäuerinnen und Bauern, sich in Würde zu ernähren, sicherzustellen. Der kolumbianische Staat hat die Verpflichtung, die Bäuerinnen und Bauern sowie ihre Organisationen zu achten und zu schützen, sowie den Zugang zu Land und Pachtsicherheit durch ZRCs zu garantieren.

Als Menschenrechtsverteidiger, der sich international für das Menschenrecht auf Nahrung einsetzt, würde ich Sie freundlich bitten, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit:

1) die gerichtliche Ermittlung gegen die inhaftierten Mitglieder der "Asociación Campesina Valle del Río Cimitarra" (ACVC) durchgeführt wird, ohne sie ihrer Freiheit zu berauben, so wie es die kolumbianische Gesetzeslage verlangt.

2) die Wegnahme der ZRC im Cimitarra Tal annulliert wird und den in der "Asociación Campesina Valle del Río Cimitarra" (ACVC) organisierten Bauern garantiert wird, dass sie die vorgeschlagene ZRC entwickeln können, basierend auf umfangreicher Entwicklung und den Menschenrechten.

3) die Rechte der Bauern in der ZRC und der ACVC Mitglieder geachtet und geschützt werden.

Bitte informieren Sie mich über jegliche Maßnahme, die Sie ergreifen werden.

Hochachtungsvoll,


Bitte informieren Sie FIAN über Reaktionen auf Ihre Briefe!


*


Dr. Álvaro Uribe Vélez
Presidente de la República de Colombia
Carrera 8 n. 7-26
Palacio de Nariño
Santafé de Bogotá
Colombia

Excelentisimo Señor Presidente,

con la presente quiero expresarle mi profunda preocupación por los hechos graves que han ocurrido en la región del Magdalena Medio en contra de la Asociación Campesina del Valle del Río Cimitarra (ACVC), cuyas actividades siempre se han caracterizado por su legitimidad en defensa de los derechos campesinos.

A finales de septiembre de 2007 fueron detenidos los dirigentes de la ACVC Andrés Gil, Óscar Duque, Evaristo Mena y Mario Martín por su supuesto apoyo y pertenencia a la guerrilla. Detener a la dirigencia de la ACVC justo en el momento en que se reiniciaban negociaciones con el gobierno sobre la constitución de la Zona de Reserva Campesina (ZRC), pone en serio peligro todo el proceso. La ZRC del Valle del Cimitarra había sido creada en diciembre de 2002, pero fue suspendida en el 2003 mediante una resolución que no fue aprobada por la junta directiva del antiguo Instituto Colombiano de la Reforma Agraria (INCORA). La ZRC incluye a más de 25 mil campesinos/as en un proceso de desarrollo integral y defensa de los derechos humanos. Colombia es un estado miembro del Pacto Internacional de Derechos Económicos, Sociales y Culturales y, por tanto, tiene la obligación de garantizar estos derechos a toda su población. El Estado debe adoptar medidas que aseguren el disfrute del derecho a alimentarse dignamente de los campesinos y las campesinas del país. El respeto y la protección de los campesinos y campesinas y sus organizaciones y la garantía de su acceso a la tierra por medio de la ZRC son obligaciones del Estado colombiano.

Como persona que trabaja a nivel international por el derecho humano a alimentarse, quisiera solicitor que tome todas las medidas necesarias para:

1) que el curso de la investigación judicial contra los miembros detenidos de ACVC se realice sin que éstos sean privados de su libertad, tal y como lo establece la nueva legislación colombiana (Ley 904 de 2004),

2) anular la suspensión de la Zona de Reserva Campesina (ZRC) del Valle del Río Cimitarra y garantizar que los/as campesinos/as organizados/as en la Asociación Campesina del Río Cimitarra (ACVC) puedan desarrollar la ZRC basada en el desarrollo integral y en los derechos humanos,

3) respetar y proteger los derechos de los campesinos de la ZRC y de los integrantes de la ACVC.

Por favor, manténgame informado de las medidas que tome a este respecto.

Atentamente,


Adressen

Dr. Álvaro Uribe Vélez
Presidente de la República de Colombia
Carrera 8 n. 7-26
Palacio de Nariño
Santafé de Bogotá
Colombia
Fax: 00 57 1-337 5890

Kopien an

Defensoría del Pueblo
Calle 55 No 10-32
Bogotá - Colombia
FAX: +57 1 640 04 91
Email: defensoria@defensoria.org.co

Humanidad Vigente
Carrera 10 No 15-39 oficina 510
Bogotá - Colombia
Email: humanidadvigent@etb.net.co

Ein Brief nach Übersee kostet
aus Deutschland 1,70 Euro,
aus Österreich 1,40 Euro,
aus Belgien 0,80 Euro.


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 3/2007,
Fian Eilaktion Oktober 2007 - 0718
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11,
50679 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2007