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AKTION/114: Erfolge - Eilaktionsrundbrief Juli 2008 (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2008
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Eilaktionsrundbrief Juli 2008


Honduras: FIAN trauert um Aktivistinnen

Am 23. April 2008 wurde Virginia García de Sanchez, Gründungsmitglied von FIAN Honduras und engagierte Aktivistin der Bäuerinnenorganisation UMCAH zusammen mit der Gewerkschaftsführerin Altagracia Foentes Gómez bei einem Überfall ermordet. Die ersten Ermittlungen in diesem Verbrechen deuten auf ein geplantes Attentat hin. Die honduranische Sonderstaatsanwältin für Menschenrechte griff die Forderung von FIAN Honduras zur Aufklärung des Falles sofort auf und leitete Ermittlungen ein unter dem speziellen Verfahren, das für MenschenrechtsverteidigerInnen gilt.

Vor zehn Jahren wurde anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte die Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern von den Vereinten Nationen verabschiedet. Doch erst langsam werden auch Verteidigerinnen von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten als MenschenrechtsverteidigerInnen wahrgenommen, vor allem wenn sie Frauen sind. Ein Grund mehr, das 60-jährige Jubiläum der Allgemeinen Erklärung den Frauen zu widmen, die sich weltweit für das Recht auf Nahrung, Gesundheit und andere Rechte einsetzen.

Ihr Eilaktiv-Team

Ute Hausmann, PLAN-Deutschland
Gertrude Klaffenböck, PLAN-Österreich


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Erfolg im Fall 0720

Philippinen: Bauern aus Sumilao gewinnen den Kampf um Land

Die 165 Kleinbauern aus Sumilao haben im März 2008 einen großen Schritt gemacht: den ersten Schritt auf 50 Hektar des Landes, für das sie seit 13 Jahren kämpfen. Die restlichen 94 Hektar, die ihnen zustehen, sind ihnen ebenfalls vom Ministerium zugesagt worden. Die Bauern und FIAN bedanken sich bei allen, die sich Ende vergangenen Jahres an der Eilaktion beteiligt haben.

Im Rahmen der Agrarreformen wurde im Jahr 1990 Land an besitzlose Kleinbauern verteilt. In Sumilao kamen 144 Hektar des Gutsbesitzers Quisumbing 165 Bauern zugute, die 1995 die offiziellen Besitzurkunden erhielten. Daraufhin stellte Quisumbing im Ministerium für Agrarreform einen Antrag auf Umwandlung des Agrarlandes in Industrieland. Trotz Einschaltung mehrerer Gerichte und einem 28-tägigen Hungerstreik der Dauern wurde dem Antrag stattgegeben. 2002 erwarb die San Miguel Foods Inc. (SMFI) das Land um Schweinezucht zu betreiben. 2004 beantragten die Betroffenen eine Annullierung der Umwandlungserlaubnis und legten den Antrag 2006 auch dem Büro der Präsidentin vor. Es kam keine Reaktion - bis 50 der Kleinbauern 2007 einen 1.500 km langen Protestmarsch unternahmen. Von Sumilao bis Manila gingen sie knapp 2 Monate zu Fuß, um am Tag der Menschenrechte (10. Dezember) ihren Fall vor dem Ministerium für Agrarreform und dem Büro der Präsidentin darzustellen. FIAN unterstützte ihr Anliegen mit einer Eilaktion im November 2007. Im Januar konnten wir berichten, dass die Umwandlung zurückgenommen wurde und die Bauern nun - wie schon 1995 - rechtmäßige Besitzer des Landes wurden.

Im März überließ das Unternehmen SMFI den Bauern 50 Hektar des Landes. "Das ist das Land, für das wir gekämpft haben. Endlich gehört es uns", erklärte Rene Penas, Leiter der Kleinbauern aus Sumilao, als er den Besitz betrat. Die noch ausstehenden 94 Hektar erhalten die Bauern wohl über das "Voluntary Offer-to-Sale"-Verfahren, was heißt, dass sie das Land kaufen müssen. Dazu wird die Firma SMFI von einem benachbarten Grundstück Land erwerben und dies der Regierung anbieten. Das Ministerium für Agrarreform errechnet einen Preis unter dem Marktpreis, zu dem es an die Bauern verkauft wird, zahlt dem Besitzer aber eine fünf Prozent höhere Summe. Obwohl die Bauern noch nicht die ganzen 144 Hektar erhalten haben, sind sie sehr glücklich über die Entscheidung des Ministeriums. Nun können sie endlich ihr Land bebauen und ihr Recht, sich selbst zu ernähren, wahrnehmen. Durch ihren gewaltlosen aber erfolgreichen Einsatz haben sie sprichwörtlich schon ein Pflänzchen gesetzt, das Früchte trägt: Ihr Erfolg ermutigt Unterdrückte, sich für ihre Rechte stark zu machen.


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Neues im Fall 0525

Mexiko: Klage gegen Bau des La Parota Staudamms eingereicht

Der Rat der Anti-"La-Parota"-Gemeinden und Gemeinschaften (CECOP) und das Mexikanische Zentrum für Umweltrecht hat Klage gegen den Bau des La Parota Staudamms eingereicht. Etwa 25.000 Menschen müssten für den Staudamm im Bundesstaat Guerrero umgesiedelt werden. FIAN Mexiko unterstützt die Bauern seit vielen Jahren in ihrem Widerstand gegen den Staudamm und hatte 2004 und 2005 zu Eilaktionen aufgerufen.

Laut Alicia Carriquiriborde von ElAN Mexiko gibt es in der mexikanischen Gesetzgebung Lücken, weshalb die sozialen Menschenrechte und Beteiligungsrechte nicht ausreichend geschützt sind. FIAN International hat deshalb gemeinsam mit anderen Organisationen einen sogenannten Amicus Curiae beim mexikanischen Gericht eingereicht, der den Richtern dabei helfen soll, ihre Entscheidung im Einklang mit den im internationalen Recht geschützten Menschenrechten zu treffen. Besondere internationale Aufmerksamkeit erhielt der Fall im März, als der UN-Sonderberichterstatter für die Rechte indigener Völker, Rodolfo Stavenhagen, und sein Kollege für das Recht auf Wohnen, Miloon Kothari, vor dem UN-Menschenrechtsrat die mexikanische Regierung aufforderten, das Projekt zu stoppen, solange es menschenrechtliche Probleme gibt.


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Neues im Fall 9606
12. Jahrestag des Massakers von Eldorado de Carajás

Brasilien: Landpastorale kritisiert Konrad-Adenauer-Stiftung

Die Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete am 24. und 25. April 2008 in Berlin das IX. Deutsch-Brasilianischen Symposium zum Thema "Innere Sicherheit und Demokratische Gesellschaft in Brasilien und Deutschland". Einer der zur Tagung als Gastredner Geladenen war Sette Câmara, der in seinem Vortrag über "Kriminalität und Gewalt als Herausforderungen für die Demokratie in Brasilien" sprach.

Die brasilianische Landpastorale Comissão Pastoral da Terra (CPT) zeigte sich angesichts dieser Einladung an Sette Câmara erschüttert. Als Landesminister für Sicherheit in Pará im Jahre 1996 gab er die Anweisungen für den Angriff auf die Landarbeiter, die eine Bundesstraße bei Eldorado de Carajás im Bundesstaat Pará besetzt hielten, friedlich demonstrierten und Landenteignungen für die Agrarreform forderten. Das Ergebnis dieses Angriffs war das Massaker an 19 Landarbeitern. Die Einladung an Sette Câmara, exakt eine Woche nach dem 12. Jahrestag des Massakers auf diesem Symposium zu reden, stellt einen Angriff auf die Gefühle der Familien und auf das Gedenken der 19 Opfer dar, die von den Kugeln der Militärpolizei, die die Anweisungen des Landesministers für Sicherheit ausführte, niedergestreckt wurden.

Gemeinsam mit der CPT forderten FIAN, FDCL, KoBra und die Amigos do MST die Konrad-Adenauer-Stiftung auf, die Einladung rückgängig zu machen. Nachdem dies nicht erfolgte, verteilten Mitglieder der FIAN-Gruppe Berlin am Eingang zur Konferenz Flugblätter, um unseren Protest zum Ausdruck zu bringen.


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Teilerfolg im Fall 0804

Ghana: AngloGold Ashanti macht Zugeständnisse

In Reaktion auf die im März gestartete Eilaktion und Presseberichte in Ghana über die ungeklärte Ableitung von fäkalienhaltigen Abwässern hat das südafrikanische Goldunternehmen sich bei den betroffenen Gemeinden entschuldigt. Laut Angaben des Unternehmens wurden insgesamt 24 Abwasserleitungen versiegelt und an eine Kläranlage angeschlossen. Gemeindemitglieder aus Teberebie haben zudem darüber berichtet, dass das Unternehmen neue Brunnen bohren lässt. Trotz dieser Erfolgsmeldung gibt es Grund, skeptisch zu bleiben: seit 2003 existiert ein Aktionsplan, der ebensolche Maßnahmen enthält. Offen sind zudem die Lösung des Landproblems, die Finanzierung des Schulbusses und der Einsatz von Militär und Polizei zur Einschüchterung der Bauernfamilien. Inzwischen ist auch bekannt geworden, dass AngloGold Ashanti bereits im Herbst die seit 1990 an dem Projekt beteiligte Weltbank ausbezahlt hat. Bereits 2004 hatte das Unternehmen die Deutsche Entwirklungs-Gesellschaft (DEG) ausbezahlt, die auf Druck von FIAN die Entwicklung des Aktionsplans vorangetrieben hatte. FIAN fordert nun die Weltbank auf, eine schonungslose Auswertung der menschenrechtlichen Folgen des Projekts vorzunehmen.

Ausführliche Informationen zum Fall finden Sie auf der Website der FIAN-Kampagne Face-It-Act-Now:
http://www.face-it-act-now.org/wer-und-was/falle/ghana-2013-iduapriem


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Teilerfolg Postkartenaktion

Ghana: In Zukunft kein Militärschutz für Bergbauunternehmen

Der Justizminister von Ghana, Joe Ghartey, hat Anfang Mai vor dem UM Menschenrechtsrat angekündigt, dass Bergbauunternehmen in Zukunft keinen militärischen Schutz mehr erhalten werden. Damit reagierte er auf einen Bericht von FIAN und der ghanaischen Basisorganisation WACAM über Menschenrechtsverletzungen im industriellen Goldabbau in Ghana. In seiner Eröffnungsrede sagte Minister Ghartey: "Es ist wahr, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt gemeinsame Teams von Militär und Polizei Bergbauunternehmen geschützt und illegale Kleinschürfer vertrieben haben, aber dies war eine kurzfristige Maßnahme und wir haben es überprüft und werden es nicht fortführen." FIAN hat diese Ankündigung begrüßt und wird die Entsendung von Militär und Polizei in die Bergbaugebiete weiter beobachten.

FIAN-Deutschland hat den mehrmonatigen Prozess der Überprüfung der Menschenrechtslage in Ghana durch den UN-Menschenrechtsrat mit einer Postkartenaktion begleitet, an der sich knapp 1.000 Menschen beteiligt haben. Mit der Beendigung des Militärschutzes ist eine wichtige Forderung bereits erfüllt. Im Mittelpunkt der Diskussion mit dem ghanaischen Botschafter bei der Übergabe der Postkarten am 14. Juli wird deshalb vor allem die Straflosigkeit bei bereits begangenen Übergriffen durch Polizei und Militär sowie die Ansprüche der Bauernfamilien auf Entschädigung für verlorene Lebensgrundlagen im Vordergrund stehen.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 2/2008, S. 17-18
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2008