Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FIAN

BERICHT/124: Weltsozialforum - Eine andere Welt ist möglich (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2007
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Eine andere Welt ist möglich
FIAN auf dem 7. Weltsozialforum in Nairobi

Von Gertrud Falk


"Eine andere Welt ist möglich" - so lautete erneut das Motto des siebten Weltsozialforums, das vom 20. bis 25. Januar 2007 in Nairobi stattfand - zum ersten Mal in Afrika. Die Probleme der Armen dieses Kontinents spiegelten sich deutlich im Programm wieder. Landrechte, Ernährungssicherheit, HIV/AIDS und das Recht auf Wasser waren zentrale Themen. Erstmals stand auch die neoliberale Handelspolitik der Europäischen Union (EU) im Zentrum der Kritik der TeilnehmerInnen. Besonders kritisiert wurden die so genannten partnerschaftlichen Wirtschaftsabkommen (Economic Partnership Agreements, EPA), die bis Ende 2007 mit Entwicklungsländern in Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum abgeschlossen werden sollen. Durch sie versucht die EU bilateral Liberalisierung in den Sektoren Investitionen, Dienstleistungen und öffentliches Beschaffungswesen durchzusetzen. Sie erzwingt die Abkommen, indem sie sie zur Bedingung für weitere Finanzhilfen aus dem 10. Europäischen Entwicklungsfonds macht.


*


Aufwertung für Menschenrechte

Erstmals hat auf einem Weltsozialforum ein Bündnis von Menschenrechtsorganisationen, zu dem auch FIAN gehört, einen eigenen Veranstaltungsort zugewiesen bekommen. Damit wurde die Diskussion menschenrechtlicher Themen auf dem Forum aufgewertet. Im Vordergrund standen die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Menschenrechte. Landvertreibung, das Recht auf Wohnung, Nahrung und Wasser wurden intensiv diskutiert.


FIAN initiiert Afrikanetz zum Recht auf Nahrung

Dieser Rahmen war bestens geeignet für die Auftaktveranstaltung zum afrikaweiten Netzwerk zum Recht auf Nahrung, das FIAN-International gemeinsam mit Brot für die Welt initiierte. Das Vorhaben stieß auf großes Interesse bei Organisationen fast aller afrikanischen Länder. Rund 80 Organisationen aus 30 Ländern trugen sich auf die Adresslisten ein. FIAN-International plant als nächste Schritte einen Informationsbrief und ein zweites Treffen im Juli dieses Jahres in Burkina Faso.


Agrarreformkampagne mit Schwerpunkt Afrika

Gemeinsam mit La Via Campesina nutzte FIAN-International das Weltsozialforum auch als Plattform für die Ausrichtung der Agrarreformkampagne auf Afrika. Das Forum bot vielfältige Möglichkeiten zu Kontaktaufnahme und Erfahrungsaustausch mit potenzieren Partnerorganisationen. Im Vordergrund sollen zunächst die Fallarbeit und damit verknüpfte Recherchereisen stehen.


Erste Begegnung kolumbianischer und kenianischer BlumenarbeiterInnen

In den Tagen vor dem Weltsozialforum gelang FIAN-Deutschland gemeinsam mit dem DGB-Bildungswerk ein bisher einzigartiges Projekt: Begegnung und Erfahrungsaustausch kolumbianischer und kenianischer BlumenarbeiterInnen und GewerkschafterInnen. Auf Einladung des DGB-Bildungswerks waren Orlando Romero und Jose Antonio Mora als Vertreter der kolumbianischen Gewerkschaft Untraflores nach Nairobi gekommen. Auf dem Programm standen der Besuch einer Blumenfarm des Flower Label Program (FLP), ein Workshop mit Betriebsräten zweier Blumenfarmen, die Teilnahme an einer Verhandlung beim Arbeitsgericht, ein Gespräch mit dem Verband der kenianischen Blumenproduzenten sowie der Besuch zweier Arbeiterinnen in ihren Wohnungen. Das Resümee der Kolumbianer fiel gemischt aus. Beeindruckt zeigten sie sich von Betriebswohnungen, -kindergarten und -schule der FLP-Farm. Ihre Kritik erntete die kenianische Gewerkschaft der PlantagenarbeiterInnen (KPAWU). "Die gewerkschaftlichen Strukturen sind undemokratisch, da die Mitglieder nur ihre Vertreter auf regionaler Ebene wählen, diese Wahl aber nicht immer vom Präsidenten akzeptiert wird", erläutert Orlando Romero. Außerdem setze sie sich nicht genug für die Interessen ihrer Mitglieder ein. "Die ArbeiterInnen sollten eine unabhängige Gewerkschaft gründen, wie wir das in Kolumbien getan haben." Ihre kenianischen KollegInnen rieten ihnen im Gegenzug dazu, die Internationale Arbeitsorganisation stärker in ihre Arbeit einzubinden.


Blumenkampagne auf dem Weltsozialforum

Auf zwei Veranstaltungen des DGB-Bildungswerks und FIANs während des Forums wurden Arbeiterrechte und der Nutzen von Gütesiegeln für BlumenarbeiterInnen von TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt lebhaft diskutiert. Die Zertifizierung dieser Industrie wurde dabei aufgrund der langfristigen Umweltschädigungen auch komplett in Frage gestellt. Bei der Siegeldiskussion überzeugte FLP das Publikum vor allem durch seine Nähe zu den ArbeiterInnen und seinen klaren Fokus auf die Stärkung ihrer Verhandlungsmacht.

Die Autorin ist Referentin der Blumenkampagne bei FIAN-Deutschland


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2007, März 2007, S. 3
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11, 50679 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. April 2007